Hund spielt in Wasserbecken
Auch wer mit einem fremden Hund Gassi geht, kann unter Umständen haftbar gemacht werden.
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Im Gastbeitrag erklärt Rechtsanwalt Reinhard Vanek, worauf Halter eines Hundes rechtlich achten müssen.

"Joggerin totgebissen", "Mann in Tirol von zwei Hunden attackiert", "7-Jährige in der Steiermark durch Hundebiss schwer verletzt" – Medienberichte über Zwischenfälle mit Hunden häufen sich. Neben physischen und psychischen Folgen stellt sich dabei auch eine Vielzahl an rechtlichen Fragen. Wann haftet der Tierhalter? Wer bezahlt den Schaden? Ist eine Versicherung verpflichtend?

Wird einer Person ein Schaden von einer anderen Person zugefügt, muss diese den Schaden ersetzen, sofern die gesetzte Handlung rechtswidrig und schuldhaft den Schaden verursacht hat. Dies sind die allgemeinen Grundsätze des Schadenersatzrechtes. Bei der Haftung von Schäden durch Tiere erfahren diese Grundsätze jedoch einige Ausnahmen. Es gibt hierbei zwei generelle Haftungsmöglichkeiten.

Zwei Haftungsfälle

Einerseits haftet der Halter eines Tieres, wenn er nicht für die erforderliche Verwahrung oder Beaufsichtigung des Tieres gesorgt hat. Tierhalter ist dabei derjenige, der die tatsächliche Verfügungsmacht über das Tier hat und somit regelmäßig dessen Verhalten erzwingen kann. Gelingt dem Tierhalter der Beweis der erforderlichen Verwahrung oder Beaufsichtigung nicht, haftet er für dieses Verhalten. Was erforderlich ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, wie beispielsweise der Gattung des Tieres, dessen Eigenschaften und Eigenarten, dessen Verwendung, dem bisherigen Verhalten, der Umgebung und der Wahrscheinlichkeit einer Schadenszufügung.

Wenn das Tier in Kontakt mit vielen Menschen, insbesondere Kindern, kommt oder kommen kann, werden vernünftigerweise andere Vorkehrungen zu treffen sein. Auch bisher als gutmütig bekannte Hunde müssen beaufsichtigt werden; es gibt also keinen "Freibiss". Für die Haftung genügt ein objektiver Sorgfaltsverstoß; dieser muss nicht subjektiv vorwerfbar sein. So haftet nach der Rechtsprechung des Oberstes Gerichtshofes ein Trabrennfahrer, der bewusstlos wurde und keine Kontrolle über das Pferdegespann hatte, aufgrund der objektiv unterlassenen Verwahrung für einen in weiterer Folge entstandenen Unfall.

Andererseits haftet derjenige, der ein Tier angetrieben, gereizt oder zu verwahren vernachlässigt hat, für den dadurch verursachten Schaden. Im Unterschied zu der bereits skizzierten Haftung kommt es hierbei nicht auf die Eigenschaft als Halter an. Wer also mit dem Hund des Nachbarn "Gassi geht", ist nicht dessen Halter. Diese Person könnte daher nur haften, wenn sie schuldhaft die Verwahrung während des "Gassigehens" vernachlässigt hat.

Pflicht zu Versicherung?

Doch selbst wenn die grundsätzliche Haftungsfrage geklärt ist, bleibt die Frage, wer einer geschädigten Person den Schaden ersetzt. Im Fall eines Hundebisses in Oberösterreich sind dabei Schadenersatzbeträge von zumindest 40.000 Euro zugesprochen worden. Nicht jeder Schädiger und jede Schädigerin ist in der Lage, diese Beträge aufzubringen. Aus diesem Grund muss in Wien, Oberösterreich, Salzburg, der Steiermark und in Niederösterreich für einen Hund eine Haftpflichtversicherung mit einer Versicherungssumme von zumindest 725.000 Euro abgeschlossen werden.

In Niederösterreich ist dieser Nachweis für bestimmte Hunde, welche bereits vor dem 1. Juni 2023 gehalten wurden, noch bis spätestens 1. Juni 2025 der Gemeinde zu melden. In Tirol ist lediglich der Abschluss einer Haftpflichtversicherung, jedoch keine bestimmte Versicherungssumme, landesgesetzlich vorgeschrieben. Dadurch soll der geschädigten Person ein ausreichender Haftungsfonds zur Verfügung stehen. Aufgrund der häufigeren Berichterstattung über Vorfälle mit Hunden ist nicht auszuschließen, dass die übrigen Bundesländer diesbezüglich gleichartige Regelungen erlassen werden.

Verpflichtende Meldung

Nach dem Tierschutzgesetz müssen alle Hunde gechipt und bei der Heimtierdatenbank des Gesundheitsministeriums gemeldet werden. Mittels ID Austria kann eine Registrierung selbst kostenlos durchgeführt werden. Alternativ bietet das Stadtservice Wien gemeinsam mit dem Tierquartier Wien noch bis Oktober 2024 eine kostenlose Registrierung in der Heimtierdatenbank an. Da eine Registrierung von Hunden mittels eines Chips sowie in der Heimtierdatenbank gesetzlich verpflichtend ist, stellen Verstöße Verwaltungsübertretungen dar. In diesem Fall drohen Verwaltungsstrafen von bis zu 3750 Euro. (Reinhard Vanek, 23.6.2024)

Reinhard Vanek ist Rechtsanwalt in Wien und unter anderem auf Tierrecht spezialisiert.