Philipp Hochmair und Deleila Piasko werden bei den Salzburger Festspielen zu Jedermann und Buhlschaft.
Salzburger Festspiele/Neumayr/Leo

Philipp Hochmair ist eigentlich nicht neu als Jedermann auf dem Domplatz. 2018 ist der Schauspieler bereits für fünf Vorstellungen für den erkrankten Tobias Moretti eingesprungen. Text musste er dafür keinen lernen, denn mehr als 100-mal hat er das Stück bereits gemeinsam mit seiner Rockband Die Elektrohand Gottes als Ein-Mann-Show Jedermann Reloaded aufgeführt. Mit der Titelrolle bei den Salzburger Festspielen geht für den Schauspieler ein Traum in Erfüllung. "Jeder deutschsprachiger Theaterschauspieler sieht das als Höhepunkt", sagt Hochmair im Interview mit dem STANDARD. "Das ist eine ganz große Ehre. Ich bin Nummer 21."

Dass Hochmair bereits als Einspringer auf dem Domplatz stand, sei eine "völlig unerwartete Win-win-Situation" gewesen. "Ich hab mich da in ein gemachtes Bett geworfen und durfte die Welt retten. Jetzt muss ich die Welt ganz neu mit dem Regisseur erfinden. Das ist ein völlig anderer Auftrag." Es werde bei den Salzburger Festspielen eine ganz andere Konfrontation mit dem Text und dem Inhalt verlangt: "Ich muss mich auch von meiner eigenen Fassung total distanzieren", spricht der 50-Jährige seinen Jedermann-Monolog an.

Zusammenarbeit als Herausforderung

Bereits 2018 ist Hochmair öffentlich als künftiger Jedermann gehandelt worden. "Aber die Verantwortlichen haben das damals nicht in Betracht gezogen", sagt der Schauspieler. "Auch wenn ich es mir schon lange gewünscht hätte. Aber so ist es eigentlich perfekt." Heuer erscheinen auch zwei Dokumentarfilme über Hochmairs ganz persönliche Auseinandersetzung mit dem Hofmannsthal-Stück. "Jetzt ist die Zeit reif, dieses Werk an dem Ort mit der Ernsthaftigkeit und dem Anspruch zu machen", betont der Neo-Jedermann.

Jedermann Philipp Hochmair auf der Festspielterasse neben dem Salzburger Dom.
Philipp Hochmair legt den rockigen Jedermann ab und gibt sich der ernsthaften Inszenierung auf dem Domplatz hin.
Salzburger Festspiele/Neumayr/Leo

Die Inszenierung des kanadischen Regisseurs Robert Carsen werde weder "extra wild" noch "extra nichttraditionell", sagt Hochmair. "Jedermann wird als Zeitgenosse erkennbar und einen sehr heutigen Touch bekommen." Aber die Inszenierung sei nicht auf Skandal oder Extravaganz ausgelegt, sondern auf eine ernsthafte psychologische Auseinandersetzung mit dem Stück. Carsen gebe ein sehr strenges Konzept vor und habe eine sehr klare Vorstellung. "Ich muss natürlich darin meine Freiheiten finden. Für mich ist diese Art zu arbeiten auch eine große Herausforderung." Er müsse sich den anderen anpassen und dem Team auch unterordnen.

Frühzeitiger Rausschmiss

Im Oktober des Vorjahres wurde nach nur einer Saison die dritte Jedermann-Inszenierung von Michael Sturminger frühzeitig abgesetzt. Burgschauspieler Michael Maertens gab nur ein Jahr lang den Jedermann mit Valerie Pachner als Buhlschaft an seiner Seite. Begründet wurde die Entscheidung seitens der Salzburger Festspielleitung lapidar mit: Dieser Schritt sei notwendig gewesen, "um einen künstlerischen Neustart zu ermöglichen". Zu weiteren Hintergründen des kurzfristigen Jedermann-Rausschmisses schwieg die Festspielleitung, was die Gerüchte und Spekulationen, die Inszenierung sei zu gewagt für das konservative Salzburg, nur noch weiter befeuerte.

Im aktuellen Ensemble sei die vorzeitige Absetzung der Vorgänger in keiner Weise ein Thema, sagt Hochmair. "Mir tut das leid für die Kollegen, die nicht verlängert wurden. Aber das ist leider part of the game." Ein Intendantenwechsel sei auch ein Wesensmerkmal von Theater und zwingend notwendig, damit es immer wieder einen Neuanfang gebe.

Buhlschaft entwickelt sich noch

Die Buhlschaft an der Seite von Philipp Hochmair spielt heuer Deleila Piasko. Die gebürtige Schweizerin gehörte von 2019 bis 2022 dem Burgtheater-Ensemble an und war zuletzt etwa in der Netflix-Serie Transatlantic zu sehen. Sie sei überrascht gewesen, als sie das Rollenangebot bekam, und habe sich riesig gefreut. "Es lag gar nicht in meiner Vorstellungskraft, dass ich diese Rolle einmal spielen werde", sagt Piasko zum STANDARD. Wie sie die Buhlschaft anlegen werde, darauf will sich die Schauspielerin noch nicht festlegen. Sie werde die Probenzeit nutzen, um die Rolle zu entwickeln. Das Zusammenspiel mit Hochmair als Bühnenpaar sei sehr energetisch. "Wir sind beide ein bisschen Kinder. Er ist sehr verspielt. Das ist schön. Man kann den Spielplatz für sich nutzen."

Deleila Piasko will die Buhlschaft weder auf ihr Äußeres noch auf ihre feministische Seite reduziert sehen.
Salzburger Festspiele /Neumayr/Leo

Dass die Buhlschaft in der Berichterstattung zuletzt immer wieder auf ihr Äußeres reduziert wurde, dem will Deleila Piasko nicht zu viel Beachtung schenken. "Mein Fokus liegt beim Inhalt, nicht so sehr bei der Verpackung." Es sage viel mehr über jene Menschen aus, denen das Thema wichtig sei, als über die Schauspielerin. "Ich weiß nicht, ob ich lachen oder mich ärgern soll." Gleichzeitig gebe es in den letzten Jahren ein Bewusstsein dafür, dass diese übermäßige Fokussierung auf das Äußere der Buhlschaft existiere – dass dies nun auch kritisch betrachtet werde, sei eine schöne Entwicklung, sagt die 33-Jährige. Auf der anderen Seite findet es die Schauspielerin schade, dass als einzige Frage überbleibe, wie feministisch die Buhlschaft ist. Denn: "In erster Linie ist man auch Mensch und nicht das biologische Geschlecht", es gebe noch viele andere Facetten der Buhlschaft.

Die Buhlschaft und den Jedermann gemeinsam erleben kann das Publikum in drei Wochen. Am 20. Juli ist Premiere der Neuinszenierung des Jedermann auf dem Domplatz. Am Tag davor steht die Generalprobe an, für die am 10. Juli noch vergünstigte Karten freigeschaltet werden. Die 14 weiteren Vorstellungen des heurigen Jedermann sind längst ausverkauft. (Stefanie Ruep, 24.6.2024)