Zu sehen sind die zwei Schauspieler Johnny Mhanna und Zeynep Alan, die unter Blondhaarperücken und in Krankenhauskleidung mit dem Finger auf uns zeigen.
Hilfe hat viele Gesichter. Diese hier gehören nicht dazu: Johnny Mhanna undZeynep Alan als Barbi Marković in "Das Kitzelmonster".
Peter Griesser / Theater am Werk

Mit Minihorror hat Barbi Marković beim Leipziger Buchpreis heuer Furore gemacht. Den trockenen Humor ihrer offenherzigen, abgründigen und immer wieder steil um die Ecke biegenden Geschichten wusste das Theater am Werk bereits im vergangenen Herbst zu schätzen und flocht aus den Erzählungen eine Hit-verdächtige Inszenierung. Die Spielzeit ist noch nicht zu Ende, und da bringt die Innenstadt-Zweigstelle der Bühne am Petersplatz auch schon die Uraufführung eines Spin-off-Stücks: Das Kitzelmonster, eine Produktion der Gruppe Peira.

In Kitzelmonster geht es um Hilfe. Um hilfreiche Hilfe, um unterlassene, störende, egoistische, nicht notwendige, verlogene, kontraproduktive oder höchst unangenehme Hilfe. Schauplatz ist ein Krankenhaus, genau genommen die Ebene 8 des AKH Wien, Refugium der Allgemeinen Ambulanz, deren beruhigende Grüntöne das Bühnenbild von Geraldine Massing dominieren. Dieses ist ein Konglomerat an lose voneinander abgegrenzten (Erinnerungs-)Räumen.

Theater am Werk

Es beginnt im Zimmer der Autorin Barbi Marković, die sich als zentrale Figur dieser autofiktionalen Erzählungen behauptet: Barbi als Kind, als Teenager, als Patientin im Sterbezimmer, als Moderatorin, ganz privat und eben als die von Gespenstern umgebene Autorin, die schlechte Erinnerungen an die Aufführungen ihrer Stücke plagen. Sie wendet sich, hier gespielt von Johnny Mhanna, mitfühlend ans Auditorium: "Auch heute sehe ich Sie im Publikum, Ihnen hat das Theater schon so viel angetan. Sie haben Stunden und Stunden Ihrer Lebenszeit für hochstilisierte Moralpredigten hergegeben."

Der stilisierte Wechsel zwischen Schauplätzen, Zeiten und Figuren (Perücken) gibt dem Abend Schwung, ebenso die Akkuratesse von Zeynep Alan, Yuria Knoll und Johnny Mhanna, die den abgründigen Humor performativ zuzuspitzen wissen. Regisseur Alexander Bauer arrangiert die insgesamt sechs Episoden dieser Being-Barbi-Marković-Fantasie, gekürzt, zu einer kurzweiligen Aufführung. Das titelgebende Kitzelmonster schließlich ist eine unheimliche schwarze, gesichtslose Figur, die jenen Menschen, die ohnehin schon in Not sind, dann auch noch kitzelnd auf die Pelle rückt. Es ist unter uns, es sitzt sogar mitten im Publikum. (Margarete Affenzeller, 20.6.2024)