Ein Mädchen überreicht eine Karte mit einer Zeichnungen
Im Kindergarten und in der Volksschule bekommen viele Pädagoginnen und Pädagogen Zeichnungen und Basteleien von den Kindern. Ob sie sich darüber freuen?
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In der 2A einer Wiener Volksschule wurde vor zwei Wochen Geld eingesammelt. Die Mutter einer Schülerin hat dazu über den Elternchat aufgerufen. Ein Geschenk für die Klassenlehrerin soll damit besorgt werden. Am liebsten Gutscheine für eine kleine Boutique in der Innenstadt. "Ich folge der Lehrerin auf Instagram und weiß daher recht gut, was ihr gefällt", sagt die Mutter. Jeder soll geben, was er will und kann. "Auf keinen Fall möchte ich, dass jemand bloßgestellt wird, schließlich haben manche weniger Geld als andere."

In der Klasse wurde wie schon letztes Jahr eine Box aufgestellt, damit es anonym bleibt. Am Ende sind 240 Euro zusammengekommen. Mehr als erwartet, deswegen wurde der Betrag auf drei Personen aufgeteilt. Die Klassenlehrerin, die Assistentin und die Freizeitpädagogin bekamen jeweils einen Gutschein über 80 Euro. "Sie haben sich riesig darüber gefreut", erzählt die Mutter.

Teure Geschenke verboten

Gutscheine für ein Wochenende in der Therme, teure Konzertkarten oder ein Fallschirmsprung sind längst keine Seltenheit mehr. DER STANDARD hat sich bei Lehrerinnen und Lehrern aller Bildungsstufen in Wien und in den Bundesländern umgehört. Dabei kam heraus: Geschenke zum Schulschluss sind überall üblich, obwohl sie grundsätzlich verboten sind. Auf Nachfrage in der Bildungsdirektion Wien erfahren wir, dass etwa Lehrkräfte einer höheren Schule dem Beamtendienstrechtsgesetz unterliegen und gar keine Geschenke annehmen dürfen.

In Pflichtschulen gilt das Landeslehrerdienstrecht, das Lehrkräften die Annahme von "orts- und landesüblichen Aufmerksamkeiten geringen Wertes" erlaubt. Was das genau bedeutet, weiß keiner so genau. "Grundsätzlich gibt es keine starre Wertgrenze, bis zu der ein Geschenk sicher als unproblematisch gilt", heißt es vonseiten der Bildungsdirektion in Wien. Unproblematisch sei in jedem Fall eine Tasse, Blumen oder Schokolade.

Will eine Klasse gemeinsam einer Lehrkraft etwas schenken, muss zuerst die Direktion um Erlaubnis gefragt werden. "Nicht angenommen werden dürfen Bargeld oder Geschenkgutscheine", so die Bildungsdirektion. Bringen Eltern den Lehrerinnen und Lehrern unangemessen große Geschenke, bringen sie diese in die unangenehme Situation, die Geschenke zurückweisen zu müssen. Denn nehmen Lehrpersonen Geschenke an, die über orts- und landesübliche Aufmerksamkeiten hinausgehen, können dienstrechtliche Konsequenzen folgen.

Welche Geschenke sind sinnvoll?

In einer Volksschule im Burgenland werden zum Schulschluss auch immer wieder Gutscheine verschenkt. Eine Lehrerin erzählt: "Ich freue mich immer über Gutscheine fürs Restaurant und Einkaufszentrum, weil ich sie gut gebrauchen kann." Dass diese eigentlich verboten sind, weiß sie. Doch abgelehnt habe sie die Geschenke noch nie.

Ihre Kollegin sieht das anders: "Mir ist es sehr unangenehm, wenn die Eltern teure Gutscheine schenken." Sie freut sich über Topfblumen, Marmelade, Pralinen, aber auch persönliche geschriebene Karten der Eltern und Kinder. Auch Obstkörbe sind eine gute Idee oder gute Stifte, die sie in der Schule brauchen kann.

Gerade Volksschulkinder überreichen zum Schulschluss gerne Zeichnungen oder Basteleien. Freuen sich die Pädagoginnen und Pädagogen darüber? "Ich bekomme von meiner Klasse immer eine Karte, auf der alle Kinder unterschreiben. Einige schenken auch einfach ein Foto von sich, das finde ich süß", sagt eine Volksschullehrerin aus der Steiermark.

In der Oberstufe, in der Lehrkräfte oft mehrere Klassen pro Jahr haben, stapeln sich Karten, Becher und Shirts allerdings schon: "Ich bin seit 25 Jahren im Gymnasium und bekomme zum Beispiel T-Shirts, auf denen alle Kinder unterschreiben. Das ist zwar total lieb, aber ich kann die nicht alle aufbewahren. Nach zwei Jahren weiß ich auch nicht mehr, wer die Kinder waren", sagt ein Wiener Lehrer.

Als Klassenvorstand sei das etwas anderes: "Einmal hat eine Klasse mir einen Liegestuhl geschenkt und einen lustigen Spruch darauf drucken lassen – darüber habe ich mich sehr gefreut, und der steht noch immer bei uns im Garten."

Worüber sich offenbar alle Lehrkräfte freuen: Essenskörbe gefüllt mit Marmelade, Olivenöl, Nudeln. Ein Lehrer aus einer Mittelschule in Graz erzählt: "Meine Klasse schenkt mir jedes Jahr einen Korb gefüllt mit regionalen Produkten und eine Karte dazu. Da legt jeder etwas rein, und ich freue mich sehr." Und er warnt: "Bitte einer Lehrkraft niemals Wein oder Schnaps schenken, das ist wirklich unangenehm."

Wenn Eltern es übertreiben

Immer wieder gibt es in Klassen auch Eltern, die es mit den Geschenken zum Zeugnistag völlig übertreiben. So berichtet etwa eine Volksschullehrerin aus Wien: "Ich habe vor zwei Jahren von einer Mutter eine wirklich teure Uhr geschenkt bekommen, im Wert von mehreren Hundert Euro. Kein Sammelgeschenk, sondern von ihr allein. Darüber konnte ich mich nicht freuen und habe das Geschenk auch abgelehnt, woraufhin die Mutter traurig reagierte. Das war eine total unangenehme Situation."

Eine Gymnasiallehrerin dazu: "Ich finde, größere Geschenke sind nur dann okay, wenn man vier oder fünf Jahre lang Klassenvorstand war und die Kinder nun verabschiedet. Dann ist auch das Bestechungsthema vom Tisch. Ich habe einmal einen Urlaub geschenkt bekommen und auch gerne angenommen." Die Reise finanziert hätten allerdings alle Eltern gemeinsam.

Statt Geschenken mehr Wertschätzung

Geschenke sollen im Grunde immer eines Ausdrücken: Wertschätzung. Ein Lehrer einer Waldorfschule erzählt, dass er seit Jahren jede Karte und jedes gebastelte Geschenk seiner Schüler aufbewahrt. In einer Kiste zu Hause sammelt er die Werke der Kinder. "Ich sehe mir die Sachen immer wieder gerne an", sagt er. Er erinnert sich etwa an eine Zeichnung mit einem Herz, darauf geschrieben steht "Danke, dass es dich gibt", geschrieben von einer ehemaligen Schülerin.

"Wenn Kinder sich Gedanken machen und selbst etwas schreiben, freut man sich immer", sagt eine Lehrerin einer polytechnischen Schule in Wien. Immer wieder bekommt sie zum Schulschluss Karten und Briefe der 14- bis 16-jährigen Teenager. Manche würden auch Blumen, eine kleine Schokolade oder eine Tasse bringen. "Von den Eltern brauche ich keine Geschenke, da würde ich mich über mehr Wertschätzung unterm Jahr freuen. Da reicht einfach mal ein Danke zwischen Tür und Angel. Leider wird das häufig vergessen." (Nadja Kupsa, 26.6.2024)