Um Kunden von einer frühzeitigeren Kündigung zu hindern, drängt das Software-Unternehmen sie in schwer kündbare Jahresverträge
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Die Federal Trade Commission, die US-amerikanische Handelsaufsicht, geht gegen den Software-Hersteller Adobe sowie zwei seiner Geschäftsführer, Maninder Sawhney und David Wadhwani, vor. Das Justizministerium reichte auf Empfehlung der FTC eine Beschwerde vor Gericht ein. Das Unternehmen soll Kundinnen und Kunden durch undurchsichtige Abomodelle über Kündigungsgebühren getäuscht und wichtige Informationen verschwiegen haben. Auch sollen Kündigungen erschwert und Beschwerden ignoriert worden sein.

Monatlich bezahlt, ein Jahr gebunden 

Im Fokus des Prozesses stehen die Abomodelle der Creative Cloud, zu der Programme wie Photoshop oder Illustrator gehören. Seit 2012 ist das Unternehmen maßgeblich auf Abonnementsysteme umgestiegen: Es werden also nicht mehr die Programme an sich erworben, sondern der Zugang zu diesen durch regelmäßige Zahlungen freigeschaltet. Diese machen heute den größten Teil der Einnahmen des Unternehmens aus, und so scheint es sinnig, Kundinnen und Kunden direkt über einen längeren Zeitraum binden zu wollen. Dies geschieht jedoch gemäß der FTC durch unlautere Methoden.

Gemäß der Anklage werden Kundinnen und Kunden beim Abschluss eines solchen Vertrags über die Adobe-Website zu einem "annual paid monthly", einem monatlich bezahlten Jahresabonnement gedrängt. Dieses ist auch per Voreinstellung standardisiert. Während des Anmeldeprozesses werden allerdings die monatlichen Kosten prominent angezeigt, während die Vorfälligkeitsentschädigung unterschlagen wird. Diese beträgt 50 Prozent der verbleibenden Monatszahlungen, wenn innerhalb des ersten Jahres gekündigt wird. Die Informationen hierüber befinden sich im Kleingedruckten. Auf Smartphones und Tablets sind die Details aufgrund derartiger Darstellungen kaum lesbar. Verbraucherinnen und Verbraucher vermerkten gegenüber der FTC, weder von der Existenz der Kündigungsgebühren gewusst zu haben noch davon, dass der Vertrag zwangsläufig ein volles Jahr laufen müsse.

Fehlendes Entgegenkommen

In der Beschwerde wird insbesondere auch darauf hingewiesen, dass Adobe durchaus von der Verwirrung der Verbraucher über die genannten Praktiken in Kenntnis ist. Anscheinend beschwerten sich Nutzerinnen und Nutzer schon seit langem und in großer Zahl bei der NGO Better Business Bureau, auf Social Media oder über die hauseigenen Support-Kanäle von Adobe. Obwohl die Probleme also bekannt sind, wird die bisherige Praxis bewusst fortgesetzt, um die Kundinnen und Kunden von einer früheren Beendigung ihres Vertrags abzuhalten, bemängelt die FTC.

Ein weiterer Vorwurf: Etwaige Kündigungsverfahren, die mitunter diesen Vorgängen entstammen, werden von Adobe erschwert. Abonnentinnen und Abonnenten müssten sich online unnötigerweise durch zahlreiche Seiten klicken, um zum Ziel zu kommen, Chatverläufe werden stellenweise abgebrochen. Bei Kündigungsersuchen auf dem telefonischen Weg stoße man auf "Widerstand und Verzögerungen seitens der Adobe-Mitarbeitenden". Außerdem wird von Kundinnen und Kunden berichtet, die davon ausgingen, ihr Abo erfolgreich gekündigt zu haben, bis sie weitere Kreditkartenbelastungen bemerkten.

Der von der FTC angestoßene Prozess wird nun vom US-Bundesgericht für den nördlichen Bezirk Kaliforniens in San José bearbeitet. Sollte die Klage erfolgreich sein, drohen dem Unternehmen Bußgelder, Schadenersatzzahlungen und Unterlassungsverfügungen. Der Fall könnte zu einem Präzedenzfall für Unternehmen mit ähnlichen Abomodellen werden. (hlk, 18.6.24.)