Kings of Leon– gesetzte Musik von Familienvätern in Mittelklassewägen. Live am Donnerstag beim Lido-Sounds-Festival in Linz.
Universal Music

Die Aufregung ist der Routine gewichen. Als Kings of Leon vor gut 20 Jahren aufgeschlagen sind, spielten sie eine zappelige Version von traditionellem Rock. Da fielen Namen wie Creedence Clearwater Revival oder die sich schon 20 Jahre zuvor auf CCR beziehenden Minutemen, kalifornische Punks mit Traditionsbewusstsein.

Kings of Leon wurden als Teil eines Rockrevivals wahrgenommen, das sich in New York mit Bands wie den Strokes abzeichnete, mit The White Stripes aus Detroit kam oder mit den Black Keys aus Akron in Ohio. Die Kings stammen aus dem Umland von Nashville, und ihr Roots-/Southern-Rock besaß den Charme des Unfertigen, des mit gutem Gefühl Hingeworfenen. Lange Haare und Bärte rundeten das wurzelseppige Bild freundlicher Hinterland-Amis ab.

Kings Of Leon - Mustang (Official Music Video)
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Die Zeichen standen günstig, das Quartett machte Weltkarriere. Acht Alben nach ihrem Debüt Youth and Young Manhood ist nun Can We Please Have Fun erschienen. Am Donnerstag präsentieren sie das Album als Hauptact des zweiten Linzer Lido-Sounds-Festivals.

Irgendwas ist immer

Der Titel des Albums wirft die Frage auf, ob die 20 Jahre bisher keinen Spaß gemacht haben, und besitzt einen nostalgischen Beigeschmack. So, als ob es früher besser gewesen wäre, so, als wäre das Leben nicht immer gut und weniger gut zugleich. Denn irgendwas ist ja immer.

Außerdem stellt man fest, dass die seit jeher in den Rückspiegel schielende Musik der Kings reichlich gesetzt klingt. Klar, die vier sind nicht mehr süße 20, sondern leicht verwitterte 40-Jährige. Fotos zeigen sie herkunftsloyal im Karohemd mit Kreuzketterln um den Hals. Die Frisuren sind auf Eltern von Kindern auf Privatschulen getrimmt, da steht tatsächlich ein weißer Hemdkragen aus einem Pullunder.

So klingt die Musik auf Can We Please Have Fun. Eher unlustig, eine Spur resigniert, antriebslos. Es ist nicht so, dass man deshalb sofort auf Bon Jovi und dessen klischeebeladenen Gute-Laune-Rock umlernen möchte. Aber Nabelschauen wie Split Screen sind eher von sedierender Qualität. Selbst kleine Ausbrüche wie Hesitation Gen klingen schaumgebremst, hinterlassen kaum Eindruck – außer den, dass man so etwas schon eine Million Mal gehört hat – und sind gleich wieder vergessen.

Benjamin Clementine - Atonement (Official Video)
Benjamin Clementine

Neben den Kings of Leon bietet das Lido vier Tage lang vielfältiges Live-Programm. Da tritt der ewige Geheimtipp Benjamine Clementine wieder auf. Der Mercury-Music-Prize-Gewinner von 2015 vereint als Diva große Gesten mit Street-Credibility, verschränkt beides mit seiner Exzentrik zu kunst- und seelenvollen Liedern, wie man sie aus den Außenbezirken der Werke eines Rufus Wainwright oder einer Anohni kennt.

Niederschwelliger wird ein Auftritt von Bibiza sein, spannend wird, was die Libertines am letzten Abend live zusammenbringen, nachdem ihr neues Album die Erwartungen einigermaßen nach oben geschraubt hat. Weitere Auftritte kommen von Deichkind, Sam Smith, Editors, den heimischen Newcomern Hidden Gemz, Idles, Gossip oder Veteran Mike Skinner alias The Streets. (Karl Fluch, 25.6.2024)