Es hört sich ein wenig so an, als würde ein Ufo auf der Straße landen. Aber in Wahrheit ist es nur der 61B, der mit einem surrenden Geräusch in seine Station einfährt. Seit Mai dreht er zwischen Liesing Bahnhof und der Haltestelle Vösendorf-Siebenhirten seine Runden – ein batteriebetriebener Bus.

Nachdem sie in der Innenstadt bereits seit Jahren im KIeinformat unterwegs sind, sollen E-Busse künftig in immer mehr Bezirken zum Einsatz kommen. Im Februar haben die Wiener Linien die ersten beiden Linien (71A und 71B) auf große batteriebetriebene Fahrzeuge umgestellt. Seit Mai sind nun vier weitere, darunter auch der 61B, im Süden der Stadt unterwegs. Im Herbst folgen die Linien 17A und 70A, sie fahren zwischen Oberlaa und Inzersdorf beziehungsweise Kledering Bahnhof.

Insgesamt 60 Elektrobusse

Bis Ende 2025 will der Öffi-Betrieb insgesamt 60 Elektrobusse im Einsatz haben. Zusätzlich soll es weitere zehn geben, die mit Wasserstoff betrieben werden. Damit folgt man den Vorgaben, die die Europäische Union in der sogenannten Clean Vehicles Directive festgelegt hat. Sie regelt Mindestziele für die Beschaffung sauberer Fahrzeuge. Zur Orientierung: Insgesamt betreiben die Wiener Linien 450 Busse. Zehn Linien werden auf emissionslose Fahrzeuge umgestellt.

Markus Krakowitzer kümmert sich als Werkstättenleiter um die Wartung und Reparatur der E-Busse. Mohamed Abou El Enein ist Projektmanager der Fahrzeugtechnik bei den Wiener Linien.
Lisa Breit

Ein E-Bus funktioniert nach demselben Prinzip wie ein E-Auto. Im Fahrzeug ist ein Akku verbaut, der in regelmäßigen Abständen geladen werden muss. Das geschieht im neuen Kompetenzzentrum für E-Mobilität in Wien Siebenhirten, einem ehemaligen Busabstellplatz. Die E-Busse der Wiener Linien werden dort auch gewartet und repariert.

Mohamed Abou El Enein, Projektmanager der Fahrzeugtechnik bei den Wiener Linien, führt durch das E-Kompetenzzentrum. Dort werden gerade zwei Busse geladen. Das funktioniert über Stromabnehmer auf dem Dach der Fahrzeuge. "Mit einem Knopfdruck können die Lenkerin oder der Lenker den auf dem Dach montierten Stromabnehmer ausfahren, und den Ladevorgang somit unverzüglich starten", erklärt Abou El Enein. Die Ladevorrichtung ist auf dem Hallendach montiert. Darauf befindet sich eine Art Ampel, auf der ein blaues Licht leuchtet – ein Zeichen dafür, dass der Prozess gerade in vollem Gange ist.

Typischerweise laden die neuen E-Busse am Abend ihre Akkus auf. Hier am Bild ist ein Ersatzfahrzeug zu sehen. Ein blaues Lämpchen zeigt an, dass der Bus geladen wird.
Lisa Breit

130 bis 240 Kilometer

Linien, die am Tag weniger als 130 Kilometer zurücklegen, können als sogenannte Depotlade-Linien betrieben werden. Sie werden am Abend, nach ihrem Einsatz, geladen. Bei Bussen, die weitere Strecken und dichtere Intervalle fahren, braucht es zusätzlich Schnellladestationen an den Endhaltestellen. Dabei spricht man von Gelegenheitsladern. Sowohl Gelegenheitslader als auch Depotlader sind mit einem Stromabnehmer ausgerüstet, um in der Busgarage mit zwischen 100 und 150 Kilowatt aufgeladen zu werden. Je nach Jahreszeit beträgt die Reichweite 130 bis 240 Kilometer.

Zum Aufladen der Busse werde Ökostrom aus dem Netz genutzt. Den Strom für die Busgarage wiederum produziert eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Gebäudes.

Für den Kauf der 60 E-Busse und zehn Wasserstoffbusse und die Errichtung von Schnellladestationen investiert die Stadt Wien gemeinsam mit dem Klimaschutzministerium und der EU rund 48 Millionen Euro. Weitere 40 Millionen Euro haben die Wiener Linien für die Errichtung des E-Kompetenzzentrums samt Ladestationen, Photovoltaikanlage und Gebäudeausbau aufgewendet.

Eine Solaranlage auf dem Dach produziert den Strom für die Busgarage.
Wiener Linien/Simon Wöhrer

Laut Abou El Enein bieten die E-Busse so einige Vorteile: Sie sind energieeffizient, leiser als ihr Verbrennerpendant und stoßen keine giftigen Abgase aus.

Emissionen zurückschrauben

"Um die Klimaziele zu erreichen, macht es Sinn, den öffentlichen Verkehr zu elektrifizieren", sagt Günter Emberger zum STANDARD. Immerhin würden die CO2-Emissionen des Verkehrs 30 Prozent der Gesamtemissionen ausmachen. Emberger ist Professor am Institut für Verkehrswissenschaften der Technischen Universität Wien. Gerade in der Stadt würden sich E-Busse anbieten – unter anderem, weil die Strecken flach sind und weniger Kilometer zurückgelegt werden müssen.

Außerdem vorteilhaft sei, dass der Strom für die E-Busse in Österreich hergestellt werden kann. "Wir reduzieren also die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und damit von Regionen, die politisch nicht besonders stabil sind", sagt Emberger. Zudem bleibe die Wertschöpfung im Land.

Bis zu 60 Busse sollen in dem E-Mobilitätszentrum Platz haben.
Wiener Linien/Simon Wöhrer

Ein Nachteil ist natürlich, dass die E-Busse derzeit noch relativ teuer sind. Die Wiener Linien wollen den Preis zwar nicht verraten, doch bei der Recherche finden sich Angaben zwischen 500.000 und 600.000 Euro. Offenbar kostet ein E-Bus circa doppelt so viel wie ein Dieselbus. Doch das könnte sich in Zukunft ändern. "Ich denke, die Busse werden billiger, weil sie in größerer Stückzahl produziert werden können", so Emberger.

Auch andere Städte in Europa setzen immer stärker auf Elektrobusse. So zum Beispiel Berlin, das bis 2030 die gesamte Busflotte von aktuell 1600 Fahrzeugen auf E-Busse umstellen will. Die Batterien werden entweder außerhalb ihrer Einsatzzeiten im Depot, an Endhaltestellen oder während der Fahrt mit oberirdischen Fahrleitungen nachgeladen, berichtet der deutsche Focus. In Paris-Umgebung wiederum finden erste Tests mit Bussen statt, die über ein Ladesystem im Boden mit Strom versorgt werden. (Lisa Breit, 21.6.2024)