Kleid wird auf Kleiderpuppe drapiert
Die 2022 verstorbene Modedesignerin Vivienne Westwood prägte das Bild der britischen Exzentrik. Bei Christies's kommt ein Teil ihrer Sammlung, wie das im Foto zu sehende, goldfarbene Kleide aus der Kollektion "World Wide Woman", zur Versteigerung.
AFP/BENJAMIN CREMEL

London – Eineinhalb Jahre nach dem Tod der britischen Modedesignerin Vivienne Westwood versteigert das Auktionshaus Christie's mehr als 200 ihrer Kleidungsstücke für den guten Zweck. Westwood galt wegen ihres exzentrischen Stils als Königin des Punk und war für ihren politischen Aktivismus bekannt. "Man hat ein interessanteres Leben", hat Westwood mal gesagt, "wenn man beeindruckende Kleidung trägt."

Die Engländerin war im Dezember 2022 im Alter von 81 Jahren gestorben. Sie hatte mit ihren anarchistischen Entwürfen die Modebranche revolutioniert und engagierte sich beispielsweise gegen den Klimawandel.

Technisch herausragend

Für welche Kleidungsstücke von "Vivienne Westwood: The Personal Collection" besonders viele Gebote zusammenkommen, lasse sich schwer vorhersagen, sagte Adrian Hume-Sayer von Christie's der Deutschen Presse-Agentur in London. "Was ich sagen kann, ist, dass es Überraschungen geben wird, die wir nicht vorhersehen können."

Zwei Objekte seien aber technisch so herausragend, dass sie herausstechen würden: ein helles Korsagenkleid mit einem Schätzpreis von 5000 bis 8000 Pfund (umgerechnet etwa 5900 bis 6500 Euro) sowie ein goldfarbenes Kleid aus der "World Wide Woman"-Kollektion mit einem Schätzpreis von 7000 bis 10.000 Pfund (etwa 8300 bis 11.800 Euro).

Frau vor Handschuhen
Die Auktion in London gewährt nun Einblick in Westwoods persönliche Garderobe.
IMAGO/Thomas Krych

Ein Teil der Sammlung wird nächsten Dienstag, 25. Juni, in London versteigert, ein anderer bis zum 28. Juni online. Die Erlöse sollen an die Organisationen Amnesty International, Ärzte ohne Grenzen und die Vivienne Foundation gehen. Zugunsten der Umweltschutzorganisation Greenpeace werden mehrere Kunstwerke im Stil eines Kartenspiels versteigert, die Westwood als Manifest zur Rettung des Planeten entworfen hatte.

Westwood prägte das Bild der britischen Exzentrik. Wenn sie entworfen habe, sei es ihr wichtigstes Ziel gewesen, zu beeindrucken, sagte ihr Ehemann, der österreichische Designer Andreas Kronthaler, in einem Video zur Auktion. Der Anzug, den sie am meisten getragen habe, sei ein brauner mit schiefem Schnitt gewesen. "Wir nannten ihn den Alkoholiker-Anzug." Der Schnitt sei inspiriert von der Idee, dass der Schneider betrunken sei.

"Buy less, dress up"

Westwood sei jeden Tag Rad gefahren, erzählte Kronthaler. Bei Opernbesuchen habe sie ihre Absatzschuhe im Fahrradkorb transportiert und dann direkt vor dem Royal Opera House in Covent Garden geparkt. "Damit jeder es auch sehen konnte. Und dann nahm sie die High Heels und zog sie an, mitten auf dem Platz." Sie habe manchmal Tage lesend im Bett verbracht und sich in den letzten Jahren vor allem mit dem Zustand der Welt beschäftigt. Westwood habe schon früh Unisex-Kleidung entworfen, und die Schneiderkunst sei stets die Grundlage jeder Kollektion gewesen. "Sie war ein Genie."

Alte Gemälde, Kleider, Kleiderpuppe, Frau
Westwood hat auch immer wieder auf historische Bezüge gesetzt und sich dabei von Kunstsammlungen inspirieren lassen.
EPA/TOLGA AKMEN

Hinter ihren Entwürfen habe es immer eine Botschaft gegeben, die wichtiger gewesen sei als die Kleidung, erzählt auch Westwoods Enkelin Cora Corré in einem Video. "Und ich glaube, ihr Aktivismus stand immer im Vordergrund." 2015 zum Beispiel ließ sich Westwood in einem Panzer zum Privathaus des damaligen britischen Premiers David Cameron fahren, um gegen Gasgewinnung durch Fracking zu protestieren.

Die Auktion in London gewährt nun Einblick in Westwoods persönliche Garderobe. Westwood habe immer wieder auf historische Bezüge gesetzt, sagte Hume-Sayer. Etwa das Korsett neu interpretiert und sich von der Wallace-Collection inspirieren lassen, einer Kunstsammlung in London.

Westwoods Motto sei gewesen, dass man weniger kaufen und sich gut anziehen solle ("buy less, dress up"). Deswegen habe sie Sachen immer wieder getragen oder geflickt. Aber sie habe nie gewöhnlich ausgesehen. "Was auch immer sie getan hat, sie hat sich reingestürzt", sagte Hume-Sayer. Wenn er während der Arbeit an der Auktion eines gelernt habe, dann, dass Westwood eine echte Freidenkerin gewesen sei. (APA, dpa, 18.6.2024)