Tim Nobels und Sue Websters "Fucking Beautiful (Hot Neon Pink)" ist beim Museumspublikum besonders beliebt.
Heidi Horten Collection, Bildrecht, Wien, 2024

Für das Geburtstagsfest am 3. Juni blieb der erweiterte Freundinnen- und Bekanntenkreis von Direktorin Agnes Husslein-Arco samt Politprominenz unter sich. Zu feiern gab es den zweiten Jahrestag der Eröffnung des Museums der Heidi Horten Collection und, wie die ORF-Seitenblicke-Reporterin erläuterte, auch den 70er der Hausherrin kurz zuvor. Bis zu dieser Sause zählte man seit Juni 2022 insgesamt knapp 190.000 Besuchende, sämtliche Veranstaltungen einkalkuliert, an denen es abseits des klassischen, aber mit nur zwei Ausstellungen jährlich wenig abwechslungsreichen Betriebs nicht mangelt.

Das Portfolio reicht von Anlassbezogenem (Frauentag, Muttertag) und Familienfesten wie dem am Samstag anberaumten ("Die Tiere sind los!") über Art-Afterwork (bei freiem Eintritt) mit Drinks, Snacks und DJ im Skulpturengarten im Hanuschhof bis zu Yoga ("Yoga Nidra meets Damien Hirst").

Ein Privatmuseum, das sich innert zwei Jahren nebenher also auch zu einer schicken Eventlocation gemausert hat. Was die Zukunft bringt, wird sich noch weisen. Geht es um Kunst aus der Sammlung, die ab Herbst und abseits künftiger Wechselpräsentationen einen festen Platz in den Räumlichkeiten bekommen soll, dann entscheidet das Publikum derzeit mit. "#ARTfluence" nennt sich der partizipative Ansatz, über den vor Ort oder über soziale Netzwerke für den individuellen Favoriten gestimmt werden kann.

Gemeinnütziger Museumsbetrieb

Zur Wahl stehen all jene Werke, die in der laufenden Ausstellung (We love, bis 25. 8.) zu sehen sind. Das Ergebnis wird zwar erst in elf Wochen präsentiert, ein erster Trend unter den rund 14.000 bisherigen Votes war auf Anfrage schon in Erfahrung zu bringen: Fucking Beautiful (Hot Neon Pink) von Tim Noble und Sue Webster sowie René Magrittes L'Empire des Lumières (1964/65), 1999 bei Sotheby's für umgerechnet 3,5 Millionen Euro ersteigert, und Paul Klees ebendort für mehr als vier Millionen Euro erworbene Geschwister (1930).

Die Tischklingel aus Schlangenholz mit Silberapplikationen wurde zwischen 1899 und 1904 bei Fabergé in St. Petersburg gefertigt (Schätzpreis 6000 bis 10.000 Euro)
Nagel auction
Luxus: In diese Kategorie fiel Heidi Hortens Sammlung an Handtaschen, zu der diese "Kelly mini" aus blauem Alligatorleder gehörte (Schätzpreis 15.000 bis 25.000 Euro)
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"Traccia" nennt sich das Modell des Beistelltisches nach einem Entwurf von Meret Oppenheim (1971) mit Abdrücken von Krähenfüßen in der vergoldeten Tischplatte (Schätzpreis für das Paar 1800 bis 2800 Euro)
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Den großen viktorianischen Flaschenkühler aus Silber (2733g), 1891 in London gefertigt, ersteigerte Heidi Horten im November 2000 bei Sotheby’s in Amsterdam (Schätzpreis 900 bis 1500 Euro)
Nagel auction
In welcher der Residenzen der Milliardärin die festlich gekleideten "Mohren"-Darstellungen italienischer Herkunft (19. Jhd.) einst ihren Dienst als Wandkonsolen versahen, ist nicht bekannt (Schätzpreis 900 bis 1500 Euro)
Nagel auction

Das Budget für das Personal, den Betrieb und allfällige Neuankäufe kommt bekanntlich aus dem Nachlass der Milliardärin Heidi Goess-Horten, deren Todestag sich am 12. Juni ebenfalls zum zweiten Mal jährte. Der Abverkauf ihrer Vermögenswerte begann einige Monate später. Öffentlich bekannt wurde vorerst nur jener, den das Auktionshaus Christie's übernahm. Es setzte in der Vermarktung auf die gemeinnützigen Projekte der Milliardärin, die vom Erlös profitieren würden. So auch das Privatmuseum.

Unter dem Titel The World of Heidi Horten waren allein für die in Bezug auf ihre Güte durchaus legendäre Juwelensammlung vergangenes Jahr zwei Versteigerungsserien in Genf geplant, von der allerdings nur jene im Mai stattfand, die 186 Millionen Euro einspielte.

Wie berichtet, war Christie's jedoch international anhaltender Kritik ausgesetzt, da man die Verbindung zum Vermögensaufbau des Kaufhauskönigs Helmut Horten in der NS-Zeit ursprünglich nicht offengelegt hatte. Jüdische Organisationen wie die US-amerikanische Holocaust Survivors' Foundation (HSF) hatten einen Verkaufsstopp gefordert. Die Kritik riss auch dann nicht ab, als Christie's nennenswerte Spenden für die Holocaust-Forschung ankündigte. Teils lehnten zu diesem Zweck kontaktierte prominente Organisationen entsprechende Angebote rundheraus ab, darunter Israels offizielle Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem oder auch die Jewish Claims Conference in New York.

Hohe Lagerkosten

Aus Furcht vor weiterem Reputationsverlust und damit verbundenem wirtschaftlichem Schaden zog Christie's die Notbremse und sagte die für November anberaumte zweite Auktionsserie ab. Seither setzt die Verlassenschaft rund um die 2020 von Horten gegründete HGH-Vermögen-Stiftung mit Sitz in Vaduz auf eine mehr oder weniger diskrete Verwertung – zügigst, auch um unnötige Lagerkosten zu vermeiden.

Unter dem Titel "Residenzauflösung" ließ man die Klagenfurter Firma Cavinnash im Jänner die am Wörthersee gelegene Villa in Sekirn über Onlineauktionen entrümpeln: Tischwäsche, Polsterbezüge oder Koffer mit den Initialen Heidi (Goess-)Hortens, Haushaltswaren oder Elektrogeräte und Unterhaltungselektronik.

Der gehobene Hausrat, also Antiquitäten, Kunsthandwerk, Porzellanservice, Silberbesteck und modernes Design werden ebenso wie eine Vielzahl von Handtaschen namhafter Markenproduzenten am 25. Juni und im Herbst beim Auktionshaus Nagel in Stuttgart versteigert: unter dem Titel "Kunst & Luxus aus Privatbesitz", völlig anonymisiert, wohl um keine weitere Kritik zu riskieren. So lässt es sich in Wien gewiss auch viel entspannter feiern. (Olga Kronsteiner, 18.6.2024)