Glasscherben auf Asphalt
Im Vorfeld des Spiels Serbien gegen England kam es im deutschen Gelsenkirchen zu Ausschreitungen.
IMAGO/Sebastian Frej/MB Media

Er wird von seinen beiden Bodyguards festgehalten, damit er sich nicht ins Handgemenge stürzt. Es ist nicht das erste Mal, dass der Sohn des serbischen Präsidenten Alexandar Vučić mit Fußballhooligans unterwegs ist. Danilo Vučić konnte laut einem Video, das in Gelsenkirchen vor dem Spiel England gegen Serbien aufgenommen wurde, gerade noch daran gehindert werden, sich an den Prügeleien zwischen Fans zu beteiligen.

Video von Vučić in Gelsenkirchen.

Schon in der Vergangenheit war Vučić Junior mit den Ultras unterwegs, die auch mit der organisierten Kriminalität in Serbien in Verbindung stehen. Bereits 2018 waren Fotos aufgetaucht, die ihn in der südwestrussischen Stadt Samara bei der Weltmeisterschaft zeigen, wie er auf der Tribüne mit drei Männern steht, die als berüchtigte Hooligans auch schon Vorstrafen wegen Gewalttaten ausgefassst haben. Danilo Vučić und seine Begleiter trugen T-Shirts mit einer Karte Kosovos und den Worten "Keine Kapitulation" – ein Schlachtruf der serbischen Nationalisten gegen die Unabhängigkeit des Kosovo.

Verbindung zu Schwerkriminellen

Insgesamt wurde Vučić laut der investigativen Plattform Krik viermal in Begleitung von Aleksandar Vidojević fotografiert, der zu einer berüchtigten kriminellen Gruppe gehört. Einmal wurde das Telefon einer Journalistin von Krik in Anwesenheit der Polizei weggenommen, weil sie das Zusammentreffen von Danilo Vučić und Vidojević dokumentiert hatte.

Vidojević stand auch in Verbindung zu dem Bandenchef Veljko Belivuk, dessen Truppe wegen siebenfachen Mordes, Entführung, unerlaubten Waffen- und Sprengstoffbesitzes, Vergewaltigung und Drogenhandels gerade vor Gericht steht. Belivuk, der Anführer der Fans des Fußballklubs Partizan, sagte nach seiner Verhaftung 2021 vor Gericht aus, dass er "staatlichen Bedürfnissen" gedient habe. Es sei seine Rolle gewesen, Demonstrationen für Staatschef Vučić zu unterstützen und Oppositionsproteste zu stören. Der Präsident selbst wies alle Vorwürfe zurück.

Die "Principi"

Verbindungen der Belivuk-Bande zu Staatsbeamten sind jedoch jedenfalls dokumentiert. Hardcore-Fußballfangruppen werden in Serbien nicht nur von der Politik dazu genutzt, rechtsextreme Propaganda zu verbreiten, sie verdienen auch viel Geld im Drogenhandel und der Geldwäsche. Der Fußballklub dient als Deckmantel für kriminelle Aktivitäten. Die Fans sind für die Politik abrufbereit, deshalb lässt man sie oft gewähren. Als Kosovo 2008 etwa seine Unabhängigkeit erklärte, plünderten Fußballfangruppen das Zentrum von Belgrad und steckten die US-Botschaft in Brand.

Die Gruppe rund um Belivuk wurde nach der Machtübernahme von Vučić 2012 gegründet. Als Belivuk 2016 – nach dem Mord am Ex-Boss der Gang – die Führung übernahm, benannte er den Trupp nach dem Mörder des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand, Gavrilo Princip, die "Principi". Die Principi dienen auch als Sicherheitstrupps für Politiker des Regimes.

"Stolz auf meinen Sohn"

Der sonst sehr durchsetzungsstarke und autoritär agierende Staatspräsident Vučić meinte im Jahr 2016, dass die Regierung "nicht die Kraft" habe, den Hooliganismus zu bekämpfen. Und tatsächlich: Die EU-Kommission schrieb in ihrem Bericht über Serbien im Jahr 2020: "Es wurden keine Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung von gewalttätigem Extremismus im Sport ergriffen. Es wurde nichts unternommen, um mögliche Verbindungen zwischen Rechtsextremismus und Fußballrowdytum zu untersuchen."

Vater Vučić, der Staatspräsident, hält indes große Stücke auf seinen Sohn: "Ich bin stolz auf meinen Sohn, ich glaube, er ist ein guter, ehrlicher und verantwortungsbewusster junger Mann, der in einer Weinhandlung in Belgrad arbeitet", sagt er über Danilo. Dieser habe nie etwas falsch gemacht. Ab und zu taucht Danilo Vučić nicht nur in sportlichen, sondern auch in politischen Zusammenhängen auf. So stand er etwa 2023 im Nachbarstaat Bosnien und Herzegowina auf der Tribüne, als serbische Nationalisten dort eine verfassungswidrige Parade abhielten. (Adelheid Wölfl aus Sarajevo, 18.6.2024)