Illustration auf blauem Hintergrund. Zu sehen sind eine Hand, eine gezeichnete Glühbirne, ein Hirn, ein Haken, eine Sprechblase.
Wie sieht es in Österreich mit Geldern für Forschung und Entwicklung aus? Wo gehört angesetzt?
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Ende Mai dieses Jahres reiste eine österreichische Wirtschaftsdelegation nach Schweden. Dass sie von Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer angeführt wurde, signalisierte die Bedeutung innereuropäischer Wirtschaftskooperation.

Die wirtschaftliche Zusammenarbeit innerhalb der EU ist ein wesentlicher Faktor für das Wohlstandswachstum der einzelnen Mitgliedsländer. Für Österreich ist Schweden aber nicht nur als wirtschaftlicher Kooperationspartner wichtig. Wie Österreich ist Schweden eine kleine, offene Volkswirtschaft; wie Österreich versteht sich Schweden als Innovationsland. Das bietet willkommenen Anlass zum Ländervergleich.

Gesellschaftlicher Konsens

Dass Schweden seinen Wohlstand und seine Sicherheit nur erhalten kann, indem es Forschung und Innovation vorantreibt, ist nicht nur politischer, sondern gesellschaftlicher Konsens. Dabei ist auch das Bestreben bemerkenswert, in größeren Zusammenhängen zu denken. Wenn ein Expertenrat in Schweden etwa eine Strategie zu Künstlicher Intelligenz entwickelt, so wird das zusammengebracht mit der drängenden Frage, wie der erforderliche Energiebedarf der dafür notwendigen Computersysteme kostengünstig, nachhaltig und möglichst autark gedeckt werden kann.

Natürlich ist das schwedische Forschungs- und Innovationssystem anders gestaltet als das österreichische. Auffällig ist die für beide Seiten vorteilhafte Verschränkung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft bei gleichzeitig hohem Reflexionsvermögen und Wahrung der wissenschaftlichen Freiheit und Exzellenz. Dies ermöglicht rasches gemeinsames Vorgehen und schafft wichtige Synergien. Schwedische Universitäten haben Professuren für Forschungs- und Innovationspolitik eingerichtet; es gibt Forschungsprogramme, um Evaluierungs- und Beratungskompetenzen zu vertiefen. Resultate sind ein geschärftes Rollenverständnis der Akteurinnen und Akteure und die Fähigkeit, Verbesserungspotenziale im System zu identifizieren und auch zu realisieren.

Keine Dynastien

Ein weiterer Unterschied zwischen Österreich und Schweden betrifft die Unternehmensstruktur. Österreich hat zwar ebenfalls Industrielle, aber keine Dynastie wie etwa die Wallenberg-Familie. Dass die Wallenbergs strategisch eine Schlüsselposition in der schwedischen Industrie einnehmen, ist auch hierzulande gut bekannt. Getragen wird das von einer Unternehmenspolitik, die langfristig und auf die Ermöglichung von Innovation ausgerichtet ist. Dieses Selbstverständnis macht nicht nur schwedische Konzerne international erfolgreich. Es trägt auch dazu bei, dass – unter anderem von den Wallenberg-Stiftungen – große Geldmittel in die Grundlagen- und angewandte Forschung investiert werden.

Kaum Weitblick

Um gemeinsam ein zukunftsfähiges Europa gestalten zu können, müssen die Mitgliedsländer auch voneinander lernen, denn die Herausforderungen, vor denen wir stehen, sind dieselben: die geopolitische Situation, die gesellschaftlichen Veränderungen sowie die digitale und nachhaltige Transformation unserer Lebensweise und Wirtschaft, zum Beispiel durch die zunehmende Elektrifizierung. Um das zu bewältigen, braucht es die Kooperation zwischen den Ländern Europas. Zugleich müssen die Länder selbst ihre Hausaufgaben machen – worauf zuletzt auch ÖAW-Präsident Heinz Faßmann hingewiesen hat ("Viele Forschende sehen sich in einem Hamsterrad gefangen").

Stiftungen wie jene der Wallenbergs, die den Zweck haben, den Ertrag in Bildung und Wissenschaft zu investieren, gibt es in Österreich zu wenige. Das mag mit dem geringen strategischen Weitblick der Stifter zu tun haben. Aber es ist auch dem Umstand geschuldet, dass das hiesige Stiftungsrecht zu lange verabsäumt hat, genügend steuerliche und gesellschaftspolitische Anreize dafür zu setzen, den Zweck einer Stiftung gemeinnützig und der Forschungsförderung zu widmen.

Budgetlöcher gestopft

Angesichts dieses Mankos wurde in Österreich vor 20 Jahren die Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung (FTE) eingerichtet, die dem Gedanken Rechnung trägt, "längerfristig wirksame Impulse und neue Akzente für die Forschung, Technologie und Innovationspolitik in Österreich zu setzen" (so die aktuelle Beschreibung der Leitprinzipien). Dotiert aus den Mitteln des Bundes, der Oesterreichischen Nationalbank und des ERP-Fonds (Europäisches Wiederaufbau-Programm), vergibt die Nationalstiftung jährlich Geldmittel in beträchtlicher Höhe an Forschungsfördereinrichtungen des Bundes, mit denen diese wiederum Projekte fördern können, die auf aktuelle Herausforderungen reagieren. Die Ausschüttung an die Begünstigten erfolgt unter der Bezeichnung Fonds Zukunft Österreich.

Diese Geldmittel wurden zuletzt leider auch zum Stopfen von Budgetlöchern genutzt, was die Verfügbarkeit von Mitteln für strategische Zielsetzungen eingeschränkt hat. Außerdem laufen die verfügbaren Mittel 2025 aus. Um die ungewisse Zukunft erfolgreich meistern zu können, benötigt der Forschungs- und Wirtschaftsstandort Österreich strategisch rasch und flexibel einsetzbare Mittel. Wenn er richtig genutzt und dotiert wird, dann ist der Fonds Zukunft Österreich der Nationalstiftung ein ideales Instrument dafür – zumindest so lange, bis es die entsprechenden privaten Stiftungen gibt, die diese Funktion eigentlich einnehmen sollten. (Thomas A. Henzinger, Georg Kopetz, 1.7.2024)