Bierpartei-Gründer und Punkmusiker Dominik Wlazny alias Marco Pogo.
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Politik verkauft sich besser, wenn sie mit Witz daherkommt. Das haben mittlerweile auch die etablierten (Groß-)Parteien verstanden. Sie tappen nur allzu oft in die Falle, Humor mit Anbiederung und Selbstentwürdigung zu verwechseln, wovon ihre gezwungen auf naiv machenden Tiktok-Auftritte zeugen, über die jeder Teenager nur den Kopf schütteln kann. Die Profis in dem Metier – Satiriker, Comedians, Schöpfer von Internet-Memes – wissen umgekehrt meistens, dass man zum Parteienapparat besser Distanz wahrt.

Seit einigen Jahren aber erliegen engagierte Humorbegabte immer öfter der Verlockung, sich nicht mehr aufs Zurufen zu beschränken, sondern selbst mitzumischen. Die Gründe, warum das erfolgreich sein kann: eine tiefgreifende Krise der Repräsentation gepaart mit immer größeren individuellen Partikularinteressen; das weitverbreitete Gefühl, sich von etablierten Parteien nicht mehr vertreten zu fühlen; Verlust des Vertrauens in Politik und Medien sowie einfach nur die Lust daran, jemanden zu wählen, der "anders" ist, der vor allen Dingen "anders" spricht und eben gerade keinen großen Parteiapparat hinter sich hat.

Individualisten und Exzentriker

Schon fast vergessen hat man, dass sich Wolodymyr Selenskyj das ukrainische Präsidentenamt als Comedian erarbeitete. Die italienische Fünf-Sterne-Bewegung, vom Kabarettisten Beppe Grillo gegründet, ist mittlerweile eine etablierte Kraft. Sie hat allerdings den populistischen Stil Berlusconis übernommen und rechten Politikern von Matteo Salvini bis Giorgia Meloni eher den Weg gewiesen als das Wasser abgegraben.

Notwendigerweise sind Satiriker Individualisten, Exzentriker, Einpersonenshows. Gründen sie Parteien, zentriert sich alles auf sie selbst, oder es endet in der Illusion der direktdemokratischen Mitmachpartei, die schnell zum Einfallstor für politische Irrläufer wird. In Österreich mutierte 2016 Roland Düringer vom Wutbürger zum Übermutbürger. Er kanalisierte sein neuentdecktes ökosoziales Gewissen nicht etwa bei den Grünen – man hätte sich ja unterordnen müssen –, sondern in einer eigenen Bürgerbewegung. Am Ende hat die sich vor lauter Offenheit als nicht ganz dicht erwiesen.

Opposition aus Prinzip

Der Bierpartei, bei der Dichtsein immerhin als erstrebenswert gilt, werden für die kommende Nationalratswahl bis zu sieben Prozent eingeräumt. Ihr Gründer, der Spaßpunkmusiker Dominik Wlazny, vertritt im Grunde sozialdemokratische Anliegen, könnte bei der Wahl aber gerade die SPÖ Platz eins kosten – und damit einer schwarz-blauen Neuauflage zuarbeiten. Außerdem gilt die Partei, die bisher einzig von ihm und seinem Vater geführt wird, als so machtzentriert wie keine andere.

Wie also soll Satire politisch mitwirken? Vielleicht so, wie es die deutsche Die Partei mit zwei Sitzen im EU-Parlament vormacht: Sie beschränkt sich weitgehend aufs Aufzeigen von Missständen. "Politische Satire steht immer in Opposition", schrieb Kurt Tucholsky 1919. Dort wird sie gebraucht, dort wirkt sie. Die Macht selbst aber sollte sie scheuen – was viele etablierte Politiker übrigens auch sollten. (Stefan Weiss, 14.6.2024)