Bundeskanzler begrüßt Weltstar: Das Ehepaar Nehammer kam zur Eröffnung der Retrospektive in die Albertina – ein Besuch mit Seltenheitswert.
Andreas Tischler

Gottfried Helnwein will ein eigenes Museum in der Wiener City, die Wien-Holding prüft, das Bundeskanzleramt ist irgendwie mit von der Partie: So in etwa lässt sich der Status zu einem Projekt skizzieren, das seit vergangener Woche für Irritation sorgt und Fragen aufwirft.

Eines ist gesichert, fällt der Name des Künstlers, ist der Superlativ hierzulande nicht weit: ein Malerfürst, ja ein Weltstar, der als Publikumsmagnet neue Maßstäbe zu setzen verstehe, dessen Werke "die Menschen zum Teil zu Tränen" rühre und Herzen bewege, wie Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder die im Februar zu Ende gegangene Retrospektive resümierte.

"Fast 300.000 Menschen" hätten die Schau in knapp vier Monaten "gesehen", wie das Haus in einer Presseaussendung verlautbarte. Tatsächlich bezog sich die Zahl auf alle in diesem Zeitraum erfassten Museumseintritte, bestätigt der Albertina-Sprecher nun nachträglich.

Für den Künstler ein Beleg der Anerkennung, der die Fantasien beflügelt, wie viel Aufmerksamkeit oder ökonomischen Nutzen ein Projekt mit Helnwein bescheren könnte. Etwa bei der Wien-Holding, die derzeit "die Machbarkeit" eines Museums prüft. "Nicht mehr und nicht weniger", verlautet es angesichts des ungewollten Trubels etwas genervt aus dem Büro von Finanzstadtrat Peter Hanke.

Kurz' "Wunsch"

Wie es dazu überhaupt kam, ist eine Geschichte für sich. Helnwein selbst brachte die Idee über Medien immer wieder ins Spiel, demnach solle ursprünglich Ex-Kanzler Sebastian Kurz "diesen Wunsch" geäußert haben. Dazu machte die Unterstützung bekannter Helnwein-Sammler (und -Leihgeber) wie Christian Baha (Superfund) oder Alexander Schütz (C-Quadrat) die Runde.

Das Projekt schlief vorerst ein – und wurde rund um den Jahreswechsel reaktiviert. Anders als im Kurier zuletzt berichtet, sei aber Helnwein selbst bei der Wien-Holding vorstellig geworden, wie deren Geschäftsführer Kurt Gollowitzer im STANDARD-Gespräch erklärt.

Warum Anita Zemlyak als Leiterin der Kulturabteilung (MA 7) oder Kulturstadträtin Veronika Kaup-Hasler bislang nicht einmal auf informeller Ebene eingebunden wurden? Vor Fragen zur kulturpolitischen Sinnhaftigkeit sollte es Antworten zur Wirtschaftlichkeit geben, wie Gollowitzer durchblicken lässt. Um einen mit öffentlichen Zuschüssen subventionierten Showroom solle es nicht gehen, vielmehr sei eine Finanzierung über Merchandising der Plan.

Potenzielle Besucherzahlen spielen eine Rolle, etwa im Hinblick auf einen geeigneten Standort. Deren drei schieden zuletzt aus, weil: zu klein, nicht in Innenstadtlage oder mit einer Besucherbegrenzung belastet. Also kam die "Aula der Wissenschaften" ins Spiel, gelegen am "Campus Akademie", dessen Sanierung sich die Bundesimmobiliengesellschaft erst jüngst 34,5 Millionen Euro kosten ließ.

Kein Mischbetrieb

Laut Kurier setzt sich die Wissenschafts-Community gegen Museumspläne zur Wehr. Verständlich, denn die Akademie der Wissenschaften, die Uni Wien und die TU Wien müssten sich von ihrem "Science Communication Center" verabschieden. Ein Mischbetrieb wäre, den räumlichen Vorgaben des Künstlers folgend und aus Sicherheitsgründen, gar nicht möglich.

Wer bei diesem Projekt und der Evaluierung für diesen Standort hier alles wen links und rechts überholte, ist noch unklar. Teile des Wissenschaftsministeriums (langfristiger Mieter) waren nicht eingebunden, sowohl das Bundesdenkmalamt als auch die Kunst- und Kulturstaatssekretärin erfuhren davon aus den Medien. Rätselhaft bleibt die Involvierung des Bundeskanzleramts, das dieses Projekt laut Kurier unterstützen soll.

Die Fotos von Bundeskanzler Karl Nehammer, der Helnwein anlässlich der Ausstellungseröffnung herzte, sind in Erinnerung. Also Chefsache? Man begrüße "grundsätzlich, wenn erfolgreiche Auslandsösterreicher" nach Österreich zurückkehren, heißt es aus seinem Büro kryptisch. Fragen wollte man keine beantworten, auch nicht zu dem Gerücht, wonach sich besonders Kanzlergattin Katharina Nehammer für ein solches Helnwein-Museum einsetzen soll. (Olga Kronsteiner, 13.6.2024)