Große Sportereignisse sind ein zuverlässiger Treiber für TV-Absätze. Der Grund dafür ist recht simpel: Im Bestreben nach der bestmöglichen Bildqualität kaufen sich viele rund um solche Events einen neuen Fernseher. Insofern hofft die Branche wohl auch auf einen Schub durch die am 14. Juni startende Europameisterschaft im Männerfußball. Doch wer jetzt schnell zum Händler laufen will, um sich einen 4K-Fernseher zu schnappen, der kann es eigentlich auch gleich wieder lassen. Die heuer angebotene Auflösung bleibt nämlich in einem ziemlich bescheidenen Rahmen.

Von 4K auf 720p

So wird etwa der ORF die Spiele heuer gerade einmal in 720p streamen. Wo man bei den Vorgängerereignissen noch mit UHD/4K und der dahinter stehenden technischen Infrastruktur geprahlt hatte, ist davon im Jahr 2024 nichts mehr zu hören. Das allerdings aus gutem Grund, für den der ORF nur wenig kann: Der Host Broadcaster, der die eigentliche Aufzeichnung der Spiele verantwortet, bietet heuer schlicht kein 4K-Format an.

Zugegeben: Für das Maskottchen der EM 2024 ("Albärt")hätte sogar eine noch niedrigere Auflösung gereicht.
IMAGO/Michael Bihlmayer

Stattdessen werden die Spiele der EM 2024 gerade einmal in 1080i50 an die internationalen Partner geliefert. Der ORF macht daraus in seinem Angebot dann 720p, sowohl terrestrisch als auch via Satellit und eben auch im Stream. Klingt nach einem ziemlichen Rückschritt, ist es in Bezug auf die Auflösung und Bildqualität auch definitiv, passt aber zum aktuellen Stand von TV-Ausstrahlungen in Österreich – ist 720p doch hierzulande weiterhin der gängige Standard.

Eine Spur besser

Ein (kleines) bisschen besser sieht es bei Servus TV aus, das dieses Jahr Hauptlizenznehmer der EM in Österreich ist. Dort verspricht man gegenüber dem STANDARD zumindest Full HD (1080i), also eine maximale Auflösung von 1920 x 1080 Pixeln – und zwar sowohl in der TV-Ausstrahlung als auch im Stream. Da es sich bei 1080i aber im Gegensatz zu 1080p um ein Interlacing-Verfahren handelt, bei dem nur 50 Halbbilder geliefert werden, ist der reale Qualitätsgewinn gegenüber 720p üblicherweise gering. 4K gibt es aus den obengenannten Gründen bei Servus TV natürlich ebenfalls nicht.

Umso mehr verblüfft, dass es international sehr wohl Anbieter gibt, die mit 4K-Streams für die EM werben. So ist es etwa bei Magenta TV in Deutschland der Fall. Die Erklärung dafür ist jedoch ziemlich ernüchternd: Es handelt sich schlicht um ein hochgerechnetes Full-HD-Signal, die Unterschiede bei der Bildqualität dürften sich im Vergleich zur Ausstrahlung anderer Anbieter also in einem sehr begrenzten Rahmen halten. In Österreich sei Ähnliches aber ohnehin nicht geplant, betont Magenta auf Rückfrage des STANDARD.

Anderer Fokus

Statt hoher Bildqualität scheinen bei allen Anbietern heuer ganz andere Themen im Vordergrund zu stehen. Sowohl Servus TV als auch ORF wollen mit Zusatzservices punkten. So spricht man beim ORF etwa davon, dass schon während der Spiele kurze Clips der Highlights verfügbar sein sollen. Nach Ende der Partien sollen dann "Best-ofs" folgen. Zudem bietet man heuer vier zusätzliche Feeds an: Stadionatmosphäre, Tactical Feed, Spiel aus Sicht von Team A oder Team B – all das allerdings nur für jene 20 Spiele, die der ORF primär übernimmt. Bei 31 Spielen ist hingegen Servus TV in dieser Rolle.

Ähnlich tönt das von Servus TV. Dort hat man schon vor einigen Wochen verkündet, dass die eigene Plattform die zentrale für EM-Fans in Österreich sein soll. So soll es auch hier rasche Wiederholungen geben, über die am zweiten Screen – also Smartphone oder Tablet – zentrale Szenen noch einmal individuell betrachtet werden können. Auch allerlei Statistiken sollen auf diesem Weg angeboten werden.

Die Logik dahinter ist relativ simpel: Gerade jüngere Zielgruppen schauen die Spiele oft auf dem Smartphone oder Tablet, Geschwindigkeit und soziale Netzwerke spielen in diesem Umfeld eine viel größere Rolle als die Auflösung der Übertragung. Dazu kommt, dass die 4K-Ausstrahlung auch erheblich höhere Kosten verursacht, was sich für die Anbieter nicht zu rentieren scheint.

Die bittere Realität im Jahr 2024

All das mag zumindest teilweise nachvollziehbar sein, ändert aber nicht an einem recht einfachen Umstand: Wer die EM 2024 auf seinem großen 4K- oder gar 8K-TV schaut, sollte besser weiter entfernt sein, um nicht von wahlweise den großen Bildpunkten oder mehr oder weniger gelungenen KI-Artefakten des Upscalings des eigenen Fernsehers erschlagen zu werden.

Für Fernsehgerätehersteller bleibt zumindest die Hoffnung auf den nächsten großen Event: Die Olympischen Spiele in Paris sollen nämlich sehr wohl in UHD ausgestrahlt werden – also zumindest von internationaler Seite her. Das vor allem mit dem Blick auf die USA, wo das Interesse an Olympia groß ist, und wo die Nutzerinnen und Nutzer offenbar mehr Wert auf hohe Auflösungen legen, als es hierzulande der Fall ist – zumindest nach dem Glauben der Anbieter. (Andreas Proschofsky, 7.6.2024)