Die Lust am Reisen ist ungebrochen, allein es fehlt dafür vielerorts das nötige Geld. Jeder sechste Österreicher kann sich diesen Sommer keinen Urlaub leisten, wie eine Analyse der Johannes-Kepler-Uni Linz zeigt. Unter jenen, die es in den kommenden Wochen raus aus den eigenen vier Wänden in die Ferne zieht, muss sich mehr als ein Viertel bei den Ausgaben einschränken. Zu sehr strapaziert die starke Inflation die Haushaltseinkommen. Zu rasant stiegen die Preise vieler Gastgeber und Gastronomen.

Der Tourismus erlebt seit der Corona-Krise neue Höhenflüge. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Für viele Gastgeber wie Urlauber ufern die Kosten aus.
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Die Pandemie erschütterte den Tourismus in seinen Festen. Die Zeit danach verschaffte ihm einen Höhenflug. Im Vorjahr lag die Zahl der Urlaubsreisen hierzulande um ein Drittel über dem Vorkrisenniveau. Ein Boom zeichnet sich auch heuer ab. Dennoch sind mehr Österreicher als vor fünf Jahren nicht in der Lage, ausreichend Geld für zumindest eine Woche Auszeit vom Alltag aufzubringen, selbst wenn dafür zusehends beim Einkaufen gespart wird.

Verzicht üben müssen naturgemäß Geringverdiener: Jeder dritte Haushalt mit einem monatlichen Nettoeinkommen von weniger als 2000 Euro sieht sich finanziell außerstande, Nächtigungen auswärts zu buchen. Unter jenen mit monatlichen Budgets von mehr als 5000 Euro bleiben nur drei Prozent daheim. Es sind vor allem Familien mit mehreren Kindern.

Rotstift

40 Prozent der Haushalte mit niedrigem Einkommen sehen sich laut der Kepler-Uni heuer dazu gezwungen, ihre Reiseausgaben im Vergleich zum Vorjahr zu reduzieren. Unter den Besserverdienern setzen 18 Prozent den Rotstift an.

215 Euro gaben Urlauber in Österreich im Sommer 2023 im Schnitt pro Kopf aus, erhob die Österreich Werbung anlässlich der jüngsten Tourismustage. 239 Euro waren es im Winter. Das Tarifvergleichsportal Durchblicker errechnete anhand von Reiseversicherungen 2100 Euro, die den Österreichern im Vorjahr im Schnitt pro Kopf ein Urlaub wert war. Heuer sollen es um 300 Euro weniger sein. Knapp die Hälfte der Befragten ortet einen starken Anstieg der Kosten für die geplanten Ferien.

Durchwachsen ist die Stimmung in der Hotellerie. Zwar erwarten 60 Prozent der Touristiker ein Umsatzplus für die Sommersaison. Auch sei die Buchungslage zufriedenstellend, erhoben die Hoteliervereinigung und der Unternehmensberater Deloitte. Dennoch sieht sich die Branche im Banne hoher Kosten, fehlenden Personals und schwacher Konjunktur.

Neun von zehn Betrieben leiden unter der Last gestiegener Kosten. 83 Prozent nehmen bei ihren Gästen wachsende Preissensibilität wahr. Das schlägt den Gastgebern aufs Gemüt. Sie bewerten ihre ökonomische Lage auf einer Skala von eins bis fünf mit einer Note von 2,87. Nur im Corona-Jahr 2020 machte sich mehr Pessimismus breit. Wien ist ein positiver Ausreißer nach oben, in der Steiermark schlägt das Pendel in die Gegenrichtung aus.

Folgen der Pleite

Aufgewirbelt hat Touristiker und Erholungssuchende die Pleite des Reisekonzerns FTI. Sein Insolvenzverwalter sucht seither Lösungen für betroffene Pauschalreisende. Die Karten auf dem Markt werden neu gemischt. Auf dem Spiel steht ein Umsatzvolumen von jährlich vier Milliarden Euro.

Die größten Rivalen des deutschen Veranstalters, Tui, Dertour und Alltours, umwerben FTI-Kunden mit Angeboten ohne Anzahlung. Fieberhaft wird mit Hotels verhandelt, die neue Partner brauchen. Veranstalter stocken Flug- und Beherbergungskontingente auf.

Für beherrschbar halten die Folgen der Insolvenz große Ferien-Airlines wie Eurowings, Condor und AUA. Sie gehen davon aus, die von FTI gerissene Lücke kurzfristig schließen zu können, zumal sich reichlich alternative Reiseangebote auftun.

Noch nicht ausgefochten ist ein Rechtsstreit der Buchungsplattform Booking.com mit 62 deutschen Hotels. Stein des Anstoßes ist die Bestpreisklausel. Sie besagt, dass Hotels Zimmer auf ihrer eigenen Homepage nicht günstiger offerieren dürfen als über Booking.

Das deutsche Bundeskartellamt und der Bundesgerichtshof verboten diese Praxis. Booking setzte sich dagegen an einem niederländischen Gericht zur Wehr, das sich wiederum an den Europäischen Gerichtshof wandte. Der zuständige Generalanwalt stärkt in seinem Gutachten nun den Hotels den Rücken. Der Termin für die Urteilsverkündung steht noch aus. (vk, 6.6.2024)