Auf einem Display eines Smartphones wird das Logo von Nvidia gezeigt.
Der Chiphersteller Nvidia profitiert vom KI-Boom. Gemessen am Börsenwert hat der Chipkonzern nun Apple überholt.
REUTERS/Dado Ruvic

New York / Santa Clara – Der Boom bei Künstlicher Intelligenz (KI) hat dem Chipkonzern Nvidia zuletzt ein ordentliches Kursplus beschert. An der Börse ist das Unternehmen nun mehr als drei Billionen Dollar (2,76 Billionen Euro) wert. Das Kursplus von gut fünf Prozent auf 1224,40 Dollar gab am Mittwoch den Ausschlag dafür. Nvidia schob sich mit dieser Marktkapitalisierung nun an Apple vorbei und ist jetzt beim Börsenwert die Nummer zwei nach Microsoft. Am Beginn des KI-Booms Anfang 2023 hatte die Aktie des Konzerns noch rund 150 Dollar gekostet. Allein in diesem Jahr sprang der Kurs von rund 500 auf über 1200 Dollar.

Nvidia profitiert massiv vom Boom bei KI. Ende Mai hatte der Konzern mitgeteilt, dass im laufenden Quartal mit einem Umsatz von 28 Milliarden Dollar (plus/minus zwei Prozent) zu rechnen ist. Das sind knapp 1,4 Milliarden Dollar mehr als von Analysten im Schnitt erwartet. Bereits im abgelaufenen Quartal hatte der US-Konzern mit 26,04 Milliarden Dollar ebenfalls deutlich mehr eingenommen als erwartet. Das war ein Plus von 262 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der Nettogewinn stieg um rund 600 Prozent auf knapp 14,9 Milliarden Dollar.

Wer macht das Rennen?

Auch Microsoft legte zuletzt dank der KI-Fantasie weiter zu. Investoren setzen darauf, dass Microsoft die Technologie des ChatGPT-Erfinders OpenAI zum Beispiel in den Büroalltag bringen kann. Von Apple werden allerdings auch KI-Ankündigungen bei der kommende Woche anstehenden hauseigenen Entwicklerkonferenz WWDC erwartet. Laut Medienberichten könnte es dabei unter anderem um eine Partnerschaft mit OpenAI gehen.

Nvidia profitiert von alldem, denn Chips des Konzerns spielen vor allem beim Training von Software mit KI in den Rechenzentren eine Schlüsselrolle. Nvidia verkauft unter anderem Microsoft, Google sowie dem Facebook-Konzern Meta tausende Chipsysteme. Das treibt die Zahlen und den Börsenwert derzeit in die Höhe. Und die Nachfrage bleibt stark: Bei Nvidias leistungsstärkeren neuen Chipsystemen zeichnen sich Engpässe bis ins kommende Jahr hinein ab.

Rolle für Schlüsseltechnologie

Nvidia-Technik wurde ursprünglich für Grafikkarten entwickelt. Dann stellte sich aber heraus, dass sie sich auch hervorragend für die Rechenarbeit bei Anwendungen mit KI eignen. Nvidias Chips wurden damit zu einer Schlüsseltechnologie für die KI-Zukunft – und der Konzern profitiert zusätzlich vom Geschäft mit dazugehöriger Software und Diensten. Inzwischen komme Nvidia-Technik nicht mehr nur beim Training, sondern auch beim Betrieb von KI-Anwendungen zum Einsatz, betont Konzernchef Jensen Huang. Darin steckt potenziell ein noch stabileres Geschäft. Denn das Anlernen braucht zwar eine gewaltige Rechenleistung, ist jedoch nur einmal pro KI-Modell nötig. Huang geht auch davon aus, dass KI künftig alle möglichen Inhalte generieren wird, die heute aus Datenbanken abgerufen werden.

Nvidia ist außerdem im Geschäft mit sogenannten digitalen Zwillingen aktiv, mit denen Unternehmen Prozesse in ihren Fabriken mithilfe virtueller Kopien optimieren können. Außerdem verkauft der Konzern Computer für automatisierte und selbstfahrende Autos. Rivalen wie Intel und AMD versuchen, ebenfalls am KI-Boom teilzuhaben, konnten die Führungsposition von Nvidia aber bisher nicht gefährden.

US-Exportverbot und die Umgehung

Über dem Geschäft mit den Chips hängt jedoch der Technologiekrieg zwischen den USA und China. Die USA versuchen, die chinesische Halbleiterindustrie über Exportbeschränkungen und -verbote zu schwächen, um damit Chinas Fähigkeit einzuschränken, die weltweit fortschrittlichsten Chips herzustellen. Das Reich der Mitte umgeht diese Schranke jedoch und kauft die Chips von Wiederverkäufern. Mitte April wurde durch eine Überprüfung von Hunderten von Ausschreibungsunterlagen durch Reuters bekannt, dass zehn chinesische Unternehmen mit Verbindung zur Regierung einige der fortschrittlichsten Chips von Nvidia, die in Serverprodukte von Super Micro Computer, Dell Technologies und Taiwans Gigabyte Technology eingebettet sind, erworben haben.

Bei den Verkäufern der Chips handle es sich laut Reuters um wenig bekannte chinesische Einzelhändler. Zu den Käufern gehörten demnach die Chinesische Akademie der Wissenschaften, das Shandong Artificial Intelligence Institute, die Hubei Earthquake Administration, die Universitäten Shandong und Southwest, eine Technologieinvestmentfirma der Provinzregierung Heilongjiang, ein staatliches Luftfahrtforschungszentrum und ein Weltraumwissenschaftszentrum. Offen ist jedoch, ob die Verkäufer Chips weiterverkauft haben, die sie bereits vor der Verschärfung der US-Exportbeschränkungen eingekauft hatten. (APA, dpa, bpf, 6.6.2024)