Virginie Viard nach der Präsentation ihrer Herbstkollektion 2024 in Paris.
EPA/TERESA SUAREZ

Designerin Virginie Viard verlässt das Modehaus Chanel, das gab das Unternehmen in einer Aussendung am späten Mittwochabend bekannt. Zuvor waren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter informiert worden.

Mit der 62-jährigen Kreativchefin geht eine langjährige Mitarbeiterin von Chanel sowie eine einst enge Vertraute von Karl Lagerfeld. Viard hatte 1987 bei dem französischen Unternehmen als Praktikantin begonnen, vier Jahre nach dem Eintritt des deutschen Designers bei dem Modehaus. 1992 folgte sie ihm zu Chloé, um 1997 zu Chanel zurückzukehren und den Bereich der Couture zu betreuen. Dort war sie mit Lagerfeld zu einer Einheit zusammengewachsen – er hatte die zurückhaltende Französin mit einem Faible für Popkultur einmal als seine "rechte und linke Hand" bezeichnet.

Nach dem Tod Lagerfelds habe Viard "die Codes des Hauses unter Wahrung des kreativen Erbes von Chanel erneuert", teilte das Unternehmen nun in seiner Aussendung mit. Tatsächlich ging die Designerin die Übernahme des Imperiums um Ready-to-wear, Handtaschen, Schmuck und Schuhe geräuschlos an. Sie zählte seit 2018 zu den wenigen Frauen an der kreativen Spitze eines Luxusmodehauses. Im Mittelpunkt stand sie allerdings nie gern. Und sie sah sich als Nachfolgerin des schillernden Tausendsassas auch immer wieder mit Kritik konfrontiert.

Umsatzrekorde

Die Umsätze jedoch stimmten. Der Modekonzern Chanel hatte zuletzt bekanntgegeben, dass 2023 ein Rekordumsatz von 18,4 Milliarden Euro gemacht wurde. In den postpandemischen Jahren war die Nachfrage nach Luxusgütern förmlich explodiert, dazu kamen bei Chanel signifikante Preiserhöhungen für Handtaschen wie Mode. Zum Vergleich: 2018 betrugen die Umsätze bei Chanel gerade einmal 9,88 Milliarden Euro.

Spekuliert wird nun über die Nachfolge Viards, die bald verkündet werden soll. Gerüchte um das Engagement des Céline-Kreativchefs Hedi Slimane wurden in der Vergangenheit von Präsident Bruno Pavlovsky dementiert. Außerdem auf dem Markt sind die ehemalige Givenchy-Designerin Clare Waight Keller, die Ex-Alexander-McQueen-Kreativchefin Sarah Burton, der einstige Burberry-Mann Christopher Bailey und der Italiener Pierpaolo Piccioli. Und war nicht Haider Ackermann einmal der Wunschkandidat von Karl Lagerfeld persönlich? So viel ist sicher: Die Nachfolge dürfte eine besondere Herausforderung sein, nicht nur weil Chanel eine neue "kreative organisatorische Struktur" verkündete: Der Luxusbranche steht ein schwieriges Jahr bevor. (Anne Feldkamp, 6.6.2024)