Das Quartier der Österreicher liegt sehr ruhig im Grünen.
Das Quartier der Österreicher liegt sehr ruhig im Grünen.
REUTERS/Annegret Hilse

Berlin – Leise rascheln die Blätter der Kastanienbäume im Wind. Ein paar Vögel zwitschern, sehr weit weg ist ein Bus zu hören. Aber sonst ist es in der Berliner Brahmsstraße sehr still. Kein Graffiti, kein Döner, keine Clubs, keine Bars sind zu sehen. Nichts von alledem, was die deutsche Hauptstadt für viele Besucherinnen und Besucher ausmacht.

Stattdessen finden sich ganz im Westen der Stadt prächtige Villen und viel Grün. Und mittendrin steht das Schlosshotel Berlin by Patrick Hellmann. Hier checkt am Mittwoch die österreichische Nationalmannschaft ein, der das Hotel als Basecamp dient.

Da steppt kein Bär

Der Berliner Bär steppt in dieser Gegend definitiv nicht. Aber Trainer Ralf Rangnick und sein Team kommen ja auch nicht zum Vergnügen, sondern zum Arbeiten. Ideal für sie ist, wie der Österreichische Fußball-Bund betont, die kurze Anreise ins Olympiastadion, wo Österreich zwei Gruppenspiele absolvieren wird: Am 21. Juni gegen Polen, am 25. Juni gegen die Niederlande.

Außerdem ist das Hotel nicht weit vom Stadion auf dem Wurfplatz entfernt. Dort, auf dem Trainingsgelände des Berliner Traditionsklubs Hertha BSC, wird die Mannschaft trainieren. Doch nicht nur aufgrund der kurzen Entfernungen sind die Österreicher in der Brahmsstraße 10 genau richtig, findet Umar Shabaz. "Das Schlosshotel Grunewald ist ein Ort, an dem man gut regenerieren kann", sagt der Cluster General Manager.

Hier lässt es sich über manche Taktik sinnieren.
Hier lässt es sich über manche Taktik sinnieren.
imago sportfotodienst

Es ist eine Oase am Rand der hektischen Großstadt und verströmt den Geist vergangener Zeit. Zehn Meter hoch ist die Empfangshalle, der Blick fällt überall im Haus auf Holz und goldene Intarsien. Wer in der Champagner-Lounge Platz nimmt, versinkt in tiefen Sofas in Raubtieroptik.

Schauspielerin Romy Schneider hat ihre zwei Hochzeiten hier gefeiert, auch ihr Kollege Peter Ustinov, der US-Politiker Robert Kennedy und die Rolling Stones waren schon da. Erbauen lassen hat das Haus in den Jahren 1911 bis 1914 der Münchner Anwalt und Kunstsammler Walter von Pannwitz im Stile der italienischen Renaissance. Ein paar Anleihen wurden auch bei französischen Schlössern genommen.

Deutscher Kaiser war oft da

Die rauschenden Feste und insbesondere Hausherrin Catalina von Pannwitz sollen den letzten deutschen Kaiser Wilhelm II. sehr beeindruckt haben. Er sei oft hier gewesen – so erzählt man es sich heute noch im Hotel. Da die prunkvolle Innenausstattung in ihrer ursprünglichen Art erhalten ist, steht das Haus unter Denkmalschutz.

Mahlzeit! Berliner Haxe und fette Beilagen werden wohl eher nicht serviert.
Mahlzeit! Berliner Eisbein und fette Beilagen werden wohl eher nicht serviert.
imago sportfotodienst

Im Saal neben der Champagnerlounge bemüht sich – zumindest auf einem überdimensionalen, ebenfalls original erhaltenen Gemälde – ein junger Mann mit seinem Lautenspiel zwei Damen in ausladenden Roben zu beeindrucken. Hier soll auch die EM-Elf einiges zu sehen und zu hören bekommen. Es wird der Aufenthaltsraum für alle, die die Spiele der Gegner im TV verfolgen wollen.

20 Minuten nach Ost

Wohin aber, wenn mal Pause ist? Dann könnten die Spieler einen Spaziergang zum nahegelegenen Grunewaldsee machen. Dort steht das Jagdschloss Grunewald, mit dem das Hotel gelegentlich verwechselt wird. Oder sie flanieren gleich zur S-Bahn-Station Grunewald. In 20 Minuten bringt sie die S-Bahn ins Berliner Zentrum, dort hat noch jeder eine Kneipe gefunden.

Bis einen Tag vor Anreise der Österreicher lief im Schlosshotel "business as usual", ganz normale Gäste hielten sich im Haus auf. Das Hotel zählt auf seine Stammgäste, die Ruhe schätzen. Man findet diese auch im Spa, im Park oder auf der Terrasse. Bis vor kurzem waren im Gartenpavillon noch ein paar Handwerker zu hören. Normalerweise nimmt man dort den Lunch ein, doch für die rot-weiß-rote Elf wurde ein zusätzlicher Fitnessraum eingerichtet.

Die Badezimmer sind auch nicht eben von Ikea.
Die Badezimmer sind auch nicht eben von Ikea.
REUTERS/Annegret Hilse

Manager Shahbaz wirkt überhaupt nicht gestresst. Natürlich hatte er hinter den Kulissen in den vergangenen Monaten mehr zu tun. "Vonseiten des Österreichischen Fußball-Bunds wurden einige Spezialwünsche an uns herangetragen, die jedoch vertraulich behandelt werden sollen", sagt er. Der neue Fitnessraum ist nötig, damit alle ihr Workout absolvieren können. Die Geräte bringt der ÖFB selbst mit, das Gleiche gilt für den eigenen Koch. Das Berliner Team wird diesen unterstützen.

Der Preis ist heiß

Das edle Ambiente des Hotels geht auf die Designer Karl Lagerfeld und Patrick Hellmann zurück, und das hat seinen Preis. Nämlich den höchsten, wie das Reiseportal "Urlaubstracker" herausfand. Es hat sich die Durchschnittspreise der Hotels aller 24 Nationalmannschaften dieser EM angesehen und stellte fest: Die Spieler der österreichischen Nationalmannschaft wohnen "am teuersten". Auf 1262 Euro komme die Suite, dahinter folgen Spanien und Ungarn für 890 Euro die Nacht. Der ÖFB behauptet dagegen, bei den Nächtigungskosten im Mittelfeld zu liegen.

Nach einem Sieg kann man hier gut den einen oder anderen Drink einnehmen.
Nach einem Sieg kann man hier gut den einen oder anderen Drink einnehmen.
REUTERS/Annegret Hilse

Aber wer für gute Stimmung sorgen will, der muss investieren. 2006 hat das ja auch geklappt. Damals, bei der "Sommermärchen"-Heim-WM in Deutschland, nächtigte das deutsche Team im Schlosshotel Berlin im Grunewald – es landete bekanntlich auf dem dritten Platz und begeisterte das ganze Land.

Ob die Österreicher auch so erfolgreich sein werden? Shahbaz will sich da nicht festlegen. Er stammt aus Pakistan und begeistert sich ohnehin mehr für Cricket als für Fußball. "Wir hoffen natürlich, dass die österreichische Mannschaft sehr weit kommt", sagt er diplomatisch. Falls nicht, wird zumindest das Hotel keinen Schaden erleiden. Denn, so Shahbaz: "Das Hotel ist jedenfalls bis zum Finale gebucht." (Birgit Baumann aus Berlin, 11.6.2024)