Zwei Frauen sitzen vor Spielautomaten.
Längst sind es nicht mehr nur stationäre Automaten, die spielfreudige Menschen anziehen. Insbesondere Onlinekasinos legten zuletzt stark zu.
AP/Wayne Parry

Schulden, Beziehungskrisen, psychische Erkrankungen: Spielsucht kann das ganze Leben umkrempeln. Schätzungen zufolge sind bis zu 80.000 Menschen in Österreich betroffen, niederschwellige Onlinekasinos dürften insbesondere die Dunkelziffer nach oben schnellen lassen. Das Problem: Oft sind es illegale Angebote, die ob mangelnder Kontrollen kritisches Spielverhalten begünstigen. Zugleich gibt es österreichweit nur einen legalen Onlineanbieter.

Dieses "Glücksspielmonopol" ist kein Zufall. Die Idee: weniger Anbieter, dafür mehr Kontrolle, um ein Abrutschen in die Spielsucht bestmöglich zu verhindern. Dafür erteilt das Finanzministerium Konzessionen, den Zuschlag erhielten zuletzt die unter einem Dach agierenden Casinos Austria (Casag) und die Österreichischen Lotterien.

Damit gibt es – abseits stationärer Angebote – mit Win2day also nur einen konzessionierten Anbieter. Für alle anderen schwankt die Rechtslage zwischen Illegalität und Grauzone, wird in der Branche beklagt. Dabei verfügen die Konzessionäre nur über rund die Hälfte des Marktes, der Rest wird durch ausländische Anbieter mit EU-Lizenz oder den Schwarzmarkt bedient. Was also ein legales Monopol ist, ist zugleich ein faktisch stark umkämpfter Markt.

Viele Klagen, wenige Rückerstattungen

So mancher seriöser Anbieter erwirtschaftet hierzulande Umsätze und führt Steuern ab; obwohl er seine Leistung eigentlich gar nicht anbieten dürfte. Dies mündet in eine absurd anmutende Lage: Spieler können auf illegalen Seiten Gewinne einfahren, gleichzeitig Verluste einklagen. Das Argument vieler Glücksspielanbieter, das Monopol in Österreich würde gegen Unionsrecht verstoßen, wurde gerichtlich mehrfach behandelt, aber nicht bestätigt.

"Es ist ausjudiziert", sagt auch Rechtsanwalt Oliver Peschel, der sich auf derartige Fälle spezialisiert hat. Dass neben den Konzessionären weitere Anbieter im Online-Glücksspiel tätig sind, hält er für "tolerierten Rechtsmissbrauch". Österreichweit seien mehr als 10.000 Verfahren anhängig, er selbst habe über die Jahre mehrere Tausend Spieler vertreten. Die Erfolgsquote läge bei nahezu 100 Prozent, an Geld käme aber nur rund jeder Zweite.

Denn einige Onlinekasinos würden der Zahlungsaufforderung nicht nachkommen, vor allem jene mit Sitz auf Malta. Der Grund: "Malta hat ein Gesetz, um seine Anbieter zu schützen", so Peschel. Das maltesische Gesetz verhindere also, dass Anbieter andernorts Geld zurückzahlen müssen. "Das ist ein EU-rechtlich sehr bedenklicher Schritt."

Kritik an Eigentumsverhältnissen der Casag

Doch auch abseits dessen hagelt es Kritik. So verwiesen der renommierte deutsche Wirtschaftsjournalist Hans-Jürgen Jakobs und Entain-Österreich-Chef Florian Sauer bei einem Pressegespräch darauf, dass die Casag mehrheitlich in ausländischer Hand ist. Die tschechische Sazka-Gruppe hält 59,69 Prozent der Anteile, die Republik über ihre Beteiligungsgesellschaft Öbag 33,24 Prozent.

Das sei doppelt problematisch, sagt Sauer vom britischen Glücksspielkonzern, der etwa das Sportwetten-Portal Bwin betreibt. Denn einerseits gebe es ausländischen Einfluss im Glücksspielmonopol, andererseits sei die Republik nicht nur Gesellschafter, sondern auch Aussteller der Lizenzen. „Der Eigentümer kontrolliert sich selbst."

Die Lösung sehen Sauer und Jakobs folgerichtig in einem breiteren Lizenzsystem. Dieses würde den Spielerschutz erhöhen und die Nachteile des Monopols beseitigen. Ähnlich argumentiert Rechtsanwalt Peschel, der darin die Chance einer erhöhten Rechtskonformität sieht. Naturgemäß anders betrachten es die Konzessionsinhaber selbst, die ihrerseits auf die "positive Entwicklung" von Win2day verweisen, die ein Zeichen der Verlagerung zu legalen Onlinekasinos sei. Eine Neuregelung bis zur nächsten Vergabe 2027 gilt angesichts koalitionärer Streitpunkte jedenfalls als unwahrscheinlich. (Nicolas Dworak, 6.6.2024)