Blick in eine Werkshalle von Voestalpine in Linz.
Der Linzer Stahlkonzern Voestalpine will sich auch in der Weiterverarbeitung zunehmend auf hochqualitative Produkte fokussieren.
APA/HANS KLAUS TECHT

Der Stahlkonzern Voestalpine schaut auf ein durchwachsenes Geschäftsjahr zurück, mit gegenläufigen Trends in einzelnen Segmenten und Märkten. CEO Herbert Eibensteiner sprach bei der Bilanzpräsentation am Mittwoch mit Verweis auf die zwei Rekordjahre seit 2021 von einer "Normalisierung" der Geschäftsentwicklung im Geschäftsjahr 2023/24, das am 31. März zu Ende gegangen ist. Mit 16,7 (2022/23: 18,2) Milliarden Euro sei es trotz eines herausfordernden Umfelds gelungen, den zweithöchsten Umsatz in der Unternehmensgeschichte zu erzielen. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) kam mit 1,7 Milliarden Euro am unteren Ende der Prognose zu liegen – nach 2,5 Milliarden Euro im Jahr davor.

Nach wie vor zu kämpfen hat die Voestalpine mit schwacher Nachfrage in den Segmenten Bau, Maschinenbau und Konsumgüter. Solange die Zinsen hoch bleiben und der Preisauftrieb nicht gebrochen ist, rechnet das Management nicht mit einer nachhaltigen Erholung. Durch die breite Aufstellung und die Ausrichtung auf Hightech-Produkte sei man aber in der Lage, Krisen gut durchzustehen.

Kriselnde Autoindustrie

In einer Krise mit noch unbekanntem Ausgang steckt etwa Europas Automobilindustrie, ein wichtiger Abnehmer von Stahlprodukten der Voestalpine. Die Produktion von Neufahrzeugen liegt nach dem durch Corona und Lieferkettenprobleme bedingten Einbruch noch um rund 20 Prozent unter den Zahlen von 2019. Voestalpine will in diesem Segment künftig verstärkt mit chinesischen Elektroautoproduzenten ins Geschäft kommen, die in Europa fertigen wollen. BYD, die mit dem US-Hersteller Tesla um die weltweite Marktführung bei E-Autos ringen, hat angekündigt, sein erstes europäisches Werk nahe der ungarischen Stadt Szeged zu errichten.

Einmaleffekte haben im Berichtsjahr auch das Betriebsergebnis der Voestalpine gedrückt. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) ging von 1,6 Milliarden Euro auf knapp 570 Millionen zurück. Zu außerordentlichen Abschreibungen in Höhe von 428 Millionen Euro kam es in zwei Bereichen: in den Divisions High Performance Metal und Metal Forming, die im wesentlichen Karosseriebauteile, aber auch Präzisionsstahlrohre und -profile herstellen.

Voestalpine-Chef Herbert Eibensteiner.
Voestalpine-Chef Herbert Eibensteiner will in der Weiterverarbeitung näher an die Kunden rücken.
Florian Voggeneder/laif

Wegen des geplanten Verkaufs der Buderus Edelstahlwerke im deutschen Wetzlar, die sich Voestalpine 2005 über das Tochterunternehmen Böhler-Uddeholm einverleibt hat, habe man die Bewertung an den Verkaufspreis anpassen müssen. Das hat laut Finanzvorstand Gerald Mayer allein 180 Millionen Euro ausgemacht. Der geplante Verkauf von Buderus, der auf einen Vorstandsbeschluss im März zurückgeht, sei dem Umstand geschuldet, dass man sich künftig auf das höchste Qualitätssegment fokussieren wolle. Gespräche mit Interessenten seien im Laufen.

Als Reaktion auf Tendenzen, Märkte abzuschotten, möchte die Voestalpine näher an die Kunden rücken, zumindest in der Weiterverarbeitungskette. "Handelsbarrieren sind der Trigger, Neuinvestitionen eher in den Märkten zu implementieren", sagte Eibensteiner. Der Inflation Reduction Act in den USA, der Investoren steuerliche Erleichterungen verspreche, spiele auch eine Rolle. Dahinter Abwanderungsüberlegungen zu vermuten sei aber falsch. Immerhin investiere die Voestalpine 1,5 Milliarden Euro bis 2027 in Österreich, um die Produktion auf grünen Stahl umzustellen und damit Assets abzusichern.

Keine Personalmaßnahmen in Österreich

Das operative Ergebnis (Ebitda) erwartet Eibensteiner in einer Bandbreite von 1,7 bis 1,8 Milliarden Euro, sprich in etwa auf dem Niveau des vergangenen Jahres oder leicht darüber. Der Hauptversammlung Anfang Juli will der Vorstand eine Dividende von 70 Cent je Aktie vorschlagen, das ist um 80 Cent weniger als im Rekordjahr 2022/23.

Personalmaßnahmen seien zumindest in Österreich, wo rund 24.000 der weltweit knapp 52.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beschäftigt seien, keine geplant. Durch Abbau von Überstunden oder nicht sofortiges Nachbesetzen natürlicher Abgänge habe man ausreichend Luft, kurzfristige Einbrüche zu überbrücken. (Günther Strobl, 5.6.2024)