Die Migranten sollen zunächst in den albanischen Hafen von Shëngjin gebracht werden, bevor es nach Gjadër weitergeht.
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150.000 Euro pro Tag: So viel wird die Miete des privaten Schiffs kosten, mit dem Italien ab dem 15. September monatlich rund 800 Migranten nach Albanien transportieren will. Die Miete wird zunächst auf drei Monate festgelegt; die Regierung von Giorgia Meloni hat dazu am Montag eine Kostenobergrenze von 13,5 Millionen Euro bewilligt. Die Flüchtlinge sollen laut den Plänen des italienischen Innenministeriums auf offener See einige Seemeilen südlich von Lampedusa von den Rettungsbooten der Küstenwache an das private Schiff übergeben werden. Dieses wird die Migranten in einer etwa 50 Stunden dauernden Fahrt zum albanischen Hafen von Shëngjin zunächst in ein Lager an der albanischen Küste bringen. Endgültiges Ziel ist ein zweites Internierungslager, das 20 Kilometer weiter im Landesinneren liegt.

Der im vergangenen November von der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni und dem albanischen Premier Edi Rama geschlossene Migrations- und Asylpakt wird für die italienischen Steuerzahler damit immer teurer. In den fünf Jahren, in denen der Pakt laut dem entsprechenden Protokoll gelten soll, wird allein die Schiffsmiete 270 Millionen Euro kosten. Hinzu kommen die Bau- und die Betriebskosten der Lager für fünf Jahre, die vollumfänglich von Italien übernommen werden – insgesamt rund 850 Millionen Euro, wie italienische Medien errechnet haben. Die zwei Lager werden unter italienischer Gerichtsbarkeit stehen und von italienischem Personal betrieben werden. Ursprünglich war seitens der Regierung nur etwas vage von einer "Garantiesumme" von 105 Millionen Euro die Rede gewesen, die Rom an Tirana überweisen werde.

Kritik vom Europarat

Ministerpräsidentin Meloni hatte im November erklärt, dass Italien pro Monat maximal 3000 Migranten nach Albanien wird "auslagern" können, wo diese einem beschleunigten Asylverfahren unterzogen werden, das nicht länger als 30 Tage dauern soll. Nach Albanien sollen ausschließlich erwachsene Männer aus sogenannten sicheren Herkunftsländern gebracht werden; Frauen, Minderjährige und vulnerable Flüchtlinge werden weiterhin von Italien aufgenommen. "Das Abkommen mit Tirana ist dazu bestimmt, ein wichtiges Instrument im Kampf gegen Menschenhändler zu werden", betonte Meloni. Der Europarat dagegen kritisierte den Deal: Er werfe mehrere Menschenrechtsbedenken auf und trage zu einem "besorgniserregenden europäischen Trend" zur Auslagerung der Asylverantwortung bei.

Für die italienische Opposition ist der Migrationspakt mit Albanien vor allem eines: ein "hunderte Millionen Euro teurer Europawahl-Spot der Regierung". Tatsächlich ist die Zahl von 3000 Asylbewerbern, die angeblich jeden Monat nach Albanien gebracht werden sollen, irreführend. Denn dabei handelt es sich um die maximale Kapazität der beiden Lager gemäß dem italienisch-albanischen Protokoll. Das bedeutet: Monatlich werden nur so viele Flüchtlinge nach Albanien gebracht werden können, wie im gleichen Monat aus diesen Lagern in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden können.

So oder so nach Italien

Und das sind ungleich weniger als 3000 Personen pro Monat: Von den knapp 160.000 Flüchtlingen, die im vergangenen Jahr in Italien angekommen sind, konnten nur gerade 4753 zurück in ihre Heimatländer ausgewiesen werden – also etwa 400 pro Monat, nicht 3000. Das ist ein ungelöstes Problem, das alle europäischen Länder kennen. Hinzu kommt: Die maximale Aufenthaltsdauer in den geschlossenen albanischen Abschiebezentren beträgt 18 Monate. Alle Asylbewerber in diesen Zentren, die nicht innerhalb dieser Frist abgeschoben werden können – also der weitaus größte Teil von ihnen –, müssen anschließend doch noch nach Italien gebracht werden, wo sie auf freien Fuß gesetzt werden. "Die Migranten werden von einem Ort zum anderen geschickt wie Postpakete. Aber es sind Menschen. Ob sich Giorgia Meloni dessen bewusst ist?", fragte sich am Dienstag der Abgeordnete Riccardo Magi von der Mittepartei +Europa. (Dominik Straub aus Rom, 5.6.2024)