Die ÖVP macht im EU-Wahlkampf vieles richtig. Die Ausgangsposition für die Volkspartei ist angesichts schlechter Umfragewerte nicht einfach. Doch die Partei hat aus ihrer Sicht ein starkes Thema gefunden und besetzt: den Kampf für den Verbrennungsmotor. Der Autogipfel von Kanzler Karl Nehammer im Bundeskanzleramt am Montag brachte in dieser Hinsicht zwar keine neuen Erkenntnisse. Österreich will an "vorderster Front" dafür kämpfen, dass das für 2035 geplante EU-weite Verbrenner-Aus fällt. Das war schon bekannt.

Aber die Volkspartei kann mit ihrer Botschaft potenziell drei Wählergruppen erreichen. Da sind einmal jene Bürgerinnen und Bürger, für die es zu einer Glaubensfrage geworden ist, womit der Motor in ihrem Pkw läuft, und die an Benzinern und Dieselautos festhalten wollen.

Der Chefökonom der Industriellenvereinigung Christian Helmenstein, Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), Steiermarks Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) und Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP).
Die ÖVP macht sich einmal mehr dafür stark, dass das bereits beschlossene Aus für Verbrenner doch noch fällt.
Foto: APA/Helmut Fohringer

Zweitens aber trifft das Thema einen Nerv, weil in Österreich einer der wichtigsten Industriezweige berührt ist: Mehr als 30.000 Menschen arbeiten in der Automobilproduktion, die in Graz, Linz und Steyr konzentriert ist, dazu kommen mehr als 200.000 Beschäftigte in der weitläufigen Zulieferindustrie. Nicht alle Betriebe und nicht alle Beschäftigten werden den Umbau der Branche schadlos überstehen. Eine Studie des deutschen Ifo-Instituts geht davon aus, dass ein Drittel der Jobs bei Autozulieferern wegfallen wird, weil Elektromotoren aus weniger und anderen Teilen bestehen. Die von diesem Strukturwandel Betroffenen spricht die ÖVP an: Unternehmer, die noch das Maximum aus ihrem alten Geschäftsmodell mit den Verbrennern herausholen wollen. Beschäftigte, die sich um ihre Jobs sorgen.

Chinesen und Amerikaner beherrschen den Elektroantrieb auch

Für sie Stimmung zu machen ist legitim. Ein Problem wird es nur, wenn die ÖVP selbst an ihre Botschaft zu glauben beginnt, nämlich daran, dass viel gewonnen wäre, wenn das Ablaufdatum für Verbrenner fällt. Fakt ist nämlich, dass alle europäischen Autobauer von globaler Bedeutung wie VW, BMW, aber auch Mercedes das große Geschäft längst nicht mehr in ihren Heimatmärkten in Europa machen, sondern in China und den USA.

Der Erfolg ist schnell benannt: Niemand kann so gut Verbrennermotoren bauen wie die Europäer, vor allem die Deutschen. Was allerdings Amerikaner wie Chinesen beherrschen, ist der Elektroantrieb. Der Weltmarktführer bei E-Mobilität ist Elon Musks US-Konzern Tesla, dicht gefolgt vom chinesischen Hersteller BYD. Dazu kommen in beiden Ländern dutzende eingesessene Unternehmen und Start-ups, die aufschließen wollen. Weder in den USA noch in China gibt es einen Grund zuzusehen, wie Europäer mit ihren Verbrennern den Markt fluten. Man wird die eigenen Stärken ausspielen. In China ist das bereits der Fall, in den USA gibt es die Entwicklung angesichts von Milliardenförderungen für E-Mobilität.

Der Umbau wird weitergehen

Das heißt: In den wichtigsten Märkten für Europas Autobauer wird sich der Umstieg tendenziell beschleunigen. Genau jene Unternehmen, denen Österreichs Betriebe zuliefern, also etwa VW und BMW, werden sich weiter umstellen müssen.

Genau deshalb, um Autobauer nicht zur Zweigleisigkeit zu zwingen, also dazu, neue Verbrenner zu entwickeln und neue E-Autos zu bauen, gibt es das Exit-Datum für die Verbrenner in der EU. Man kann es streichen. Aber die Umbrüche, die der Automobilindustrie bevorstehen, schafft man damit nicht aus der Welt. Um hier Abhilfe zu schaffen, gibt es keine Patentlösung, das muss erst diskutiert werden. Für die Zeit nach den Wahlkämpfen sollte sich die ÖVP das nochmals bewusst machen. (András Szigetvari, 3.6.2024)