Das Bild zeigt AMD CEO Lisa Su
AMD-CEO Lisa Su präsentierte im Vorfeld der Computex 2024 die Neuerungen im Line-up des Chipherstellers.
EPA/RITCHIE B. TONGO

Der Hype um Künstliche Intelligenz hält die Tech-Branche weiterhin in Geiselhaft. Besonders betroffen davon sind derzeit die Chiphersteller: Das Training und der Betrieb KI-gestützter Tools stellt ganz neue Anforderungen an Prozessoren, die erst jetzt nach und nach veröffentlicht werden. Im Vorfeld der Computex, der größten IT-Messe Asiens, hat Chiphersteller AMD nun sein neues Line-up vorgestellt – und will wenig überraschend auf allen relevanten Märkten ganz vorn mitmischen.

Besonders viel Hoffnung setzt man in Spezialprozessoren für Künstliche Intelligenz, bei denen man bereits im letzten Jahr erste Erfolge gegen Marktführer Nvidia verbuchen konnte. KI-fokussiert gibt man sich auch bei den APUs (Accelerated Processing Unit, CPU und GPU auf einem Die) für mobile Endgeräte, die maßgeschneidert für Microsofts Copilot+ sein sollen. Fast schon konservativ wirkt der Hersteller vergleichsweise bei der Ankündigung der Ryzen-9000-Serie – die neuen Desktop-Prozessoren sollen offenbar ohne NPU (Neural Processing Unit), also ohne ausdrückliche "KI-Spezialisierung", auskommen.

Ryzen 9000 ist offiziell

Für PC-Bastler sind auch die Desktop-Prozessoren und die Weiterentwicklung der Zen-5-Architektur wohl am interessantesten. Es kam, wie es kommen musste und schon länger spekuliert wurde: Die 7000er-Serie wird von der 9000er-Serie an der Spitze abgelöst. Die ersten vier Modelle in Form des Ryzen 9 9950X, Ryzen 9 9900X, Ryzen 7 9700X und Ryzen 5 9600X sollen im Juli 2024 in den Handel kommen – Preise sind leider noch keine genannt worden und folgen mit weiteren Details zu einem späteren Zeitpunkt. Gedulden müssen sich Gamer auch noch in Bezug auf die X3D-CPUs, die sollen aber immerhin schon im vierten Quartal veröffentlicht werden.

Technisch gesehen bleiben die Kern- und Cache-Konfigurationen der neuen CPUs ähnlich denen ihrer Vorgänger. Jedoch hebt AMD hervor, dass erhebliche Fortschritte in der Mikroarchitektur zu einer durchschnittlichen Steigerung der Instruktionen pro Taktzyklus (IPC) um etwa 16 Prozent geführt haben. Diese Verbesserungen sollen für eine erhöhte Gesamtleistung sorgen, auch wenn die maximale Turbo-Taktrate überwiegend unverändert geblieben ist.

AMD at Computex 2024: AMD AI and High-Performance Computing
AMD

Die neuen Prozessoren sind klarerweise kompatibel mit bestehenden AM5-Mainboards, was den Nutzern ermöglicht, ihre Systeme ohne den Austausch des Mainboards aufzurüsten. AMD hat zudem neue Mainboard-Chipsätze angekündigt, darunter die Typen X870 und X870E, die neuere Technologien wie PCIe 5.0 unterstützen. Diese Mainboards versprechen eine höhere Bandbreite und verbesserte Leistung, insbesondere für anspruchsvolle Anwendungen und Spiele.

Ein interessantes Detail der Ryzen-9000-Serie ist das Fehlen einer NPU. AMD positioniert diese Prozessoren als optimale Lösung für traditionelle Desktop-Anwendungen und empfiehlt die Verwendung einer GPU für komplexere KI-Aufgaben. Dieser Ansatz unterstreicht die Zielsetzung von AMD, sich auf hochleistungsfähige Desktop-PCs zu konzentrieren, während spezielle KI-Funktionen über andere Plattformen adressiert werden.

Die Notebook-Offensive

Dazu zählt im Bereich der Endverbraucherinnen und -verbraucher eine neue Serie mobiler Prozessoren, die einmal mehr dem branchenüblichen Chaos bei der Namensgebung zum Opfer gefallen ist. Die Serie der sogenannten Ryzen-AI-300-"Strix Point"-APUs soll besonders durch die Integration einer NPU mit einer Leistung von 50 TOPS (Trillion Operations per Second) bestechen und für den Einsatz mit Microsofts Copilot+ bestens gerüstet sein.

Aber auch an den grafischen Fähigkeiten der APU soll AMD deutlich geschraubt haben. Die neue RDNA-3.5-Architektur verspricht im Vergleich zu Vorgängermodellen eine Leistungssteigerung von 33 Prozent – es wird vermutet, dass sie bereits Technologien enthält, die erst für RDNA 4 vorgesehen gewesen wären.

Wie bei den Desktop-Prozesoren werden erste Produkte mit der neuen APU-Serie im Juli in den Handel kommen. AMD plant, mit namhaften Partnern wie Acer, Asus, HP, Lenovo und MSI zusammenzuarbeiten, um eine Vielzahl von Laptop-Designs anzubieten, die die neuen Strix Point APUs nutzen. Mehr als 100 sollen es mittlerweile sein.

Kampfansage an Nvidia

Nicht zuletzt gab AMD einen kurzen Einblick in seine Pläne, den aktuellen Marktführer bei KI-Prozessoren herauszufordern. Mit einer neuen Generation von Spezialprozessoren für Künstliche Intelligenz wolle man dem derzeitigen Quasi-Monopolisten Nvidia wieder Marktanteile abringen. Bei der Präsentation des neuen Chips "MI325X" hieß es, dass KI die höchste Priorität für das Unternehmen habe und alle Entwicklungsressourcen darauf konzentriert würden. Aufgrund der hohen Marktnachfrage nach neuen Produkten plant AMD, jedes Jahr eine neue Generation von Chips zu veröffentlichen.

Dieses Vorgehen ähnelt dem von Nvidia, die bereits einen jährlichen Produktzyklus eingeführt haben und etwa 80 Prozent des Markts für leistungsstarke KI-Chips beherrschen. Diese Chips sind sehr kostspielig und werden zunehmend nachgefragt, besonders durch den Bedarf an rechenintensiven KI-Programmen.

Der jüngste KI-Chip "MI300" von AMD hat bereits dazu beigetragen, dass sich der Aktienkurs des Unternehmens seit Anfang 2023 mehr als verdoppelt hat. Der neue Chip "MI325X" wird Ende 2024 verfügbar sein, und im nächsten Jahr soll der "MI350" folgen, der auf einer ganz neuen Architektur basiert und 35 Prozent schneller sein wird als sein Vorgänger. (bbr, 3.6.2024)