Meereswellen im Sonnenuntergang
El Niño macht langsam seiner Schwester El Niña Platz. Die Meerestemperaturen sind aber nach wie vor außergewöhnlich hoch.
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Es hat das Klima und Wetter des letzten Jahres nachhaltig geprägt, jetzt geht ihm allmählich die Luft aus: Das Phänomen El Niño ist eine alle zwei bis sieben Jahre wiederkehrende Veränderung der Meeresströmungen, die zu höheren Wassertemperaturen im Pazifik führt und das Wetter in den angrenzenden Ländern zum Teil stark beeinflusst. El Niño hat mit dazu beigetragen, dass 2023 das heißeste Jahr der Messgeschichte war, sich extreme Wetterereignisse häuften und auch in diesem Jahr bisher ungesehene Temperaturrekorde erreicht wurden. Der vergangene Mai dürfte der zwölfte Monat in Folge sein, der sämtliche Höchsttemperaturen der jeweiligen Monate schlug, die finalen Zahlen liegen noch nicht vor.

Viele Wetterbehörden riefen in den letzten Wochen bereits das Ende von El Niño aus, nun hat auch die Weltwetterorganisation WMO in ihrer neuesten Prognose bestätigt, dass sich ein Wechsel zum Schwesterphänomen La Niña abzeichnet, das einen kühlenden Effekt auf das Klima hat. Die Chancen für einen Übergang zu La-Niña-Bedingungen stünden im Zeitraum von Juli bis September bei 60 Prozent und von August bis November bei 70 Prozent.

Die Auswirkungen von La La Niña sind nicht genau absehbar, sie variieren je nach Intensität, Dauer, Jahreszeit und Wechselwirkungen mit anderen Klimaphänomenen. Generell spürt Europa im Vergleich zu den an den Pazifik angrenzenden Regionen kaum die Auswirkungen des Wechsels zwischen El Niño und La Niña. Derartige natürliche Klimaphänomene würden aber immer im Kontext des menschengemachten Klimawandels stattfinden, der sich ebenfalls auf Temperaturen und Niederschläge auswirkt, heißt es vonseiten der WMO.

Vorhersage der Abweichung der globalen Oberflächenlufttemperaturen zwischen Juni und August 2024, basierend auf den Jahren 1993 bis 2009.
WMO

Meerestemperaturen weiterhin auf Rekordkurs

"Das Ende von El Niño bedeutet keine Pause im langfristigen Klimawandel, denn unser Planet wird sich aufgrund der Treibhausgase weiter erwärmen. Außergewöhnlich hohe Meeresoberflächentemperaturen werden auch in den nächsten Monaten eine wichtige Rolle spielen", betonte Ko Barrett, stellvertretender WMO-Generalsekretär. Die vergangenen neun Jahre waren die wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen, trotz des kühlenden Einflusses einer La-Niña-Vorherrschaft von 2020 bis Anfang 2023. Die jüngste El-Niño-Phase erreichte ihren Höhepunkt im Dezember 2023 als eine der fünf stärksten seit Beginn der Aufzeichnungen. Grund zum Aufatmen sieht Barret also aufgrund des Abflauens von El Niño keinen: "Unser Wetter wird aufgrund der zusätzlichen Wärme und Feuchtigkeit in unserer Atmosphäre weiterhin extremer sein."

Dafür werden im Sommer auch Temperaturen weit über dem "Normalbereich" sorgen, wie ein globales Klimavorhersagemodell der WMO zeigt (siehe Grafik oben). Dem aktuellen saisonalen Klima-Update zufolge sind überdurchschnittlich hohe Meeresoberflächentemperaturen in allen Gebieten außerhalb des äquatornahen östlichen Pazifiks zu erwarten. Daher werden für fast alle Landgebiete überdurchschnittlich hohe Temperaturen prognostiziert.

Nach einem Höchststand der Ozeantemperaturen im Jahr 2023 sind die Werte nach wie vor auf Rekordkurs: Am Wochenende wurde im Nordatlantik die zweithöchste Abweichung in diesem Jahr im Vergleich zum Zeitraum zwischen 1991 und 2020 verzeichnet. (kri, 3.6.2024)