Bild: Polizeieinsatz nach dem Messerangriff am Mannheimer Marktplatz am Freitag.
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Der Polizist, der bei dem Messerangriff auf dem Mannheimer Marktplatz schwer verletzt worden ist, ist tot. Das teilten die Staatsanwaltschaft Karlsruhe, das Polizeipräsidium Mannheim und das Landeskriminalamt Sonntagabend mit. Bei dem Angriff Freitagvormittag waren mehrere Menschen verletzt worden.

Der aus Afghanistan stammende Angreifer hatte dem 29-jährigen Beamten mehrmals in den Kopfbereich gestochen. "Er wurde unmittelbar nach der Tat notoperiert und in ein künstliches Koma versetzt, erlag aber in den späten Nachmittagsstunden des 2. Juni seinen schweren Verletzungen", teilten die Behörden mit. "Wir trauern um einen Polizeibeamten, der für unsere Sicherheit sein Leben gegeben hat."

Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) nannte in der Bild am Sonntag die Bilder des Messerangriffs ein trauriges Zeugnis dessen, wohin Extremismus führe. "Wir werden Gewalt niemals akzeptieren, egal ob sie von links, von rechts oder aus dem islamistischen Umfeld kommt", sagte der Kanzler der deutschen Zeitung. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) meinte am Sonntagabend, dass "derart feige und hinterhältige Anschläge mit aller Konsequenz und Härte, mit allen Mitteln des Rechtsstaates" bekämpft werden müssten.

Video: Bei Messerattacke in Mannheim verletzter Polizist gestorben.
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Motiv unklar

Das Motiv des 25-jährigen Täters ist unterdessen noch immer unklar. Bisher war der Mann, der in Afghanistan geboren wurde, aber 2014 als Jugendlicher nach Deutschland kam, nicht vernehmungsfähig – er war in den Minuten nach der Attacke ebenfalls verletzt worden. Bisher war er polizeilich nicht in Erscheinung getreten, er ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt im hessischen Heppenheim.

Bei dem Angriff hatte der Mann Freitagvormittag auf dem Marktplatz in der Innenstadt bei der Veranstaltung der islamkritischen Bewegung Pax Europa (BPE) sechs Männer verletzt, darunter den Polizisten. Zu den Verletzten zählt auch das BPE-Vorstandsmitglied Michael Stürzenberger.

"Die Nachricht erschüttert mich bis ins Mark", teilte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Abend mit. Die Gedanken seien bei der Familie, den Angehörigen und den Kolleginnen und Kollegen. "Uns allen führt diese fürchterliche Tat schmerzhaft vor Augen, welchem oft unkalkulierbaren Risiko Polizeibeamte tagtäglich ausgesetzt sind." Der Dienst von Polizistinnen und Polizisten für den Staat, das Gemeinwesen, die freiheitlich-demokratische Grundordnung sei nicht hoch genug zu würdigen. "Wir sind Ihnen als Gesellschaft zu höchstem Respekt und Wertschätzung verpflichtet."

Mahnwache am Sonntag

"Dies sind Momente, in denen die Welt stillzustehen scheint", erklärte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU). "Die gesamte Polizei Baden-Württemberg wird ihm stets und für immer ein ehrendes Andenken bewahren." Der Polizist sei Opfer eines brutalen, bestialischen Angriffs geworden. "Er ließ sein Leben, weil er dafür eingestanden ist, andere Menschen zu schützen."

Die Deutsche Polizeigewerkschaft reagierte betroffen, aber auch wütend. "Die Gewalt, die uns täglich begegnet, ist schonungslos brutal, menschenverachtend und oft tödlich", sagte Landeschef Ralf Kusterer. Die Kampagnen gegen Hass und Hetze würden oft nicht einmal im Ansatz die Probleme treffen, die Polizistinnen und Polizisten täglich ertragen müssten. "Mit Diskussionen um Demokratie und Meinungsfreiheit erreicht man weder schuld- und deliktsunfähige Täter noch religiöse Fanatiker, deren Gedankenwelt uns völlig fremd und absurd erscheint."

Angesichts der Messerattacke hatte ein überparteiliches Bündnis für Sonntagnachmittag zu einer Mahnwache gegen Gewalt und Hass in Mannheim aufgerufen. Auf dem Marktplatz fand zeitgleich eine Kundgebung der Jungen Alternative statt. Die Versammlung der Jugendorganisation der AfD lief unter dem Motto "Remigration hätte diese Tat verhindert!". Auf Videos im Internet ist zu sehen, wie Demonstranten in der Innenstadt eine lange Menschenkette bilden und die Polizei mit einer Gruppe von Antifa-Aktivisten zusammenprallt. Diese schwenkten rote Fahnen und zündeten Bengalos. Auf dem Marktplatz wurde der Slogan "Nazis raus" skandiert.

Scholz zeigt sich erschüttert

Nach Darstellung von BPE-Schatzmeisterin Stefanie Kizina war die Attacke gezielt gegen den 59-jährigen Münchner Stürzenberger gerichtet. Er ist schon seit Jahren als Islamkritiker aktiv und wird vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet. Stürzenberger gab inzwischen einem rechtskonservativen Medium ein Videointerview vom Krankenbett aus – er war unter anderem im Gesicht und am Oberschenkel mit Stichen verletzt worden. Polizisten hätten die Erstversorgung übernommen, sagte er. Der Bild sagte Stürzenberger, der Angriff sei ein "absoluter Albtraum" gewesen, er sei urplötzlich gekommen.

Auch nach der Messerattacke in Mannheim will die BPE bei Veranstaltungen öffentlich auftreten. Kizina geht davon aus, dass die Polizei "die Sicherheitsmaßnahmen verschärfen wird".

Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich erschüttert. "Es bestürzt mich zutiefst, dass der mutige Polizeibeamte nach dem furchtbaren Angriff in Mannheim seinen schweren Verletzungen erlegen ist", postete Scholz auf X. "Sein Einsatz für die Sicherheit von uns allen verdient allerhöchste Anerkennung. Ich bin in diesen bitteren Stunden in Gedanken bei seiner Familie und bei allen, die um ihn trauern." (APA, 2.6.2024)