Überschwemmungen in einem Dorf
Einige Dämme sind in verschiedenen Ortschaften gebrochen.
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München/Stuttgart/Bern – Nach tagelangem Dauerregen in Süddeutschland sind zwei Dämme im Bereich der Gemeinde Baar-Ebenhausen im oberbayerischen Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm gebrochen. Dadurch drohen weitere Überflutungen. Das berichtet die deutsche Tageszeitung "Der Spiegel". Eine Reparatur der gebrochenen Dämme sei nicht möglich, es ginge nun darum, Menschen zu evakuieren und Leben zu retten, sagte ein Sprecher des Landratsamtes von Pfaffenhofen.

Das Hochwasser in Deutschland hat am Sonntag das erste Todesopfer gefordert. Ein 42 Jahre alter Feuerwehrmann sei bei einem Einsatz in Oberbayern verunglückt, teilte ein Sprecher des Landratsamts am Sonntag in Pfaffenhofen an der Ilm mit. Im Landkreis Günzburg in Schwaben wird ein 22-jähriger Feuerwehrmann vermisst.

Warnung vor weiteren Regenfällen

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnt vor weiteren Starkregenfällen vor allem im Süden Deutschlands. Am frühen Sonntagabend seien insbesondere im Raum Stuttgart extreme Regenmengen möglich, sagten die Meteorologen in Offenbach. Auch an den Alpen könne es kräftige Gewitter mit Starkregen geben, außerdem von Sachsen bis ins südliche Brandenburg und nach Berlin hinein. In der Nacht könnten der Schwarzwald, die Schwäbische Alb und das Alpenvorland bis zum Bayerischen Wald von teils kräftigen Gewittern, gebietsweise auch von mehrstündigem Starkregen betroffen sein.

Von den Überschwemmungen angesichts tagelanger Regenfälle besonders betroffen ist Bayern. Im Nachbarbundesland Baden-Württemberg entgleiste ein ICE-Zug nach einem Erdrutsch. Bei dem Unfall am Samstagabend in Schwäbisch Gmünd wurde nach Angaben der Deutschen Bahn niemand verletzt. Die für den Fernverkehr wichtige Strecke zwischen Stuttgart und München ist gesperrt. Wann sie wieder freigegeben wird, ist noch unklar. Der ICE soll noch am Sonntag geborgen werden. Dem Bahnsprecher zufolge sprangen die ersten beiden Waggons auf der Fahrt von München nach Köln gegen 23.20 Uhr aus den Gleisen, kippten aber nicht um.

Durch einen Erdrutsch entgleiste im baden-württembergischen Schwäbisch Gmünd ein ICE.
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Besonders angespannt war die Lage in Teilen Bayerns, wo vielerorts Bäche und Flüsse über die Ufer traten und Keller und Straßen überfluteten. Bei Augsburg brachen Dämme. Vom Hochwasser eingeschlossene Menschen mussten mit Schlauchbooten oder Helikoptern aus ihren Häusern gerettet werden. Hunderte Menschen brachten sich in Sicherheit.

Katastrophenfall in zwölf bayrischen Kommunen

Bei einer solchen Rettungsaktion in Pfaffenhofen an der Ilm in Oberbayern starb der Feuerwehrmann. Er sei bei einem Einsatz mit drei Kollegen mit dem Schlauchboot gekentert und Sonntagfrüh tot geborgen worden, teilte der Sprecher des Landratsamts Pfaffenhofen mit. Im oberbayerischen Schrobenhausen wurde zudem in einem überfluteten Keller eine vermisste Person vermutet.

Bis zum frühen Sonntagnachmittag hatten zwölf bayerische Kommunen den Katastrophenfall ausgerufen. Vor allem die Donau und mehrere ihrer Zuflüsse waren bedrohlich angeschwollen. Das Technische Hilfswerk (THW) hat bereits mehr als 1.800 Kräfte in die Hochwasser-Regionen entsandt. Hunderte Feuerwehrleute sind im Dauereinsatz.

Wie hoch der Schaden ausfällt, ließ sich noch nicht abschätzen. Am Rathaus in Allershausen im oberbayerischen Landkreis Freising wurde ein Mann bei Stromarbeiten lebensgefährlich verletzt. Der 27 Jahre alte Beschäftigte eines Energieunternehmens habe einen Stromschlag erlitten, sagte ein Polizeisprecher.

Über die Ufer getretener Fluss
Der Fluss Günz führt so viel Wasser wie einmal in hundert Jahren.
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Entspannt hat sich dagegen die Lage in Baden-Württemberg. Zum Beispiel in Ochsenhausen nördlich des Bodensees sagte der dortige Bürgermeister Christian Bürkle, es zeichne sich langsam Besserung ab. Der Pegel des Flusses Rottum sei wieder etwas gesunken. Doch auch am Sonntag waren Auswirkungen der Überflutungen deutlich. In zwei Orten im Rems-Murr-Kreis und in einem Ort im Ostalbkreis gilt seit Samstagabend ein Gebot zum Abkochen des Trinkwassers. Regenwasser sei in die Versorgung eingedrungen, es komme zu Verunreinigungen.

Teile der Gemeinde Meckenbeuren am Bodensee standen dagegen noch unter Wasser. Der Fluss Schussen sei über das Ufer gegangen und habe Straßen geflutet, sagte eine Gemeindesprecherin. Verletzte gebe es nicht.

In der Nacht auf Sonntag gab es mit Blick auf den Niederschlag leichte Entspannung. Die betroffenen Regionen müssen sich weiter auf neuen Starkregen und Gewitter einstellen. Ab Sonntagmittag seien südlich des Mains bis zur Donau erneut heftige Gewitter mit Niederschlagsmengen von bis zu 25 Litern pro Quadratmeter in kurzer Zeit möglich, teilte der Deutsche Wetterdienst mit. Örtlich könnten es in kurzer Zeit bei Unwettern auch bis zu 40 Liter werden. Zum Abend hin ziehen die Unwetter Richtung Süden und es gebe im Alpenvorland kräftige Gewitter und Starkregen.

Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz will sich am Montag selbst ein Bild von der Lage in den Hochwassergebieten machen. Er plane eine Reise ins Katastrophengebiet, hieß es am Sonntag in Regierungskreisen. Er drückte den Rettungskräften und Helfern in den Hochwassergebieten seinen Dank und Respekt aus. "Der Tod eines Feuerwehrmanns in Pfaffenhofen macht mich betroffen", schrieb der SPD-Politiker am Sonntag auf der Online-Plattform X. Wegen der Hochwasserlage fällt an mindestens 14 Schulen n Bayern in der neuen Woche der Präsenzunterricht aus.

Zwei Vermisste in Italien tot aufgefunden

Auch Italien machten schwere Unwetter und Überschwemmungen zu schaffen. Nachdem am Freitag drei junge Menschen vom Fluss Natisone in der norditalienischen Provinz Udine mitgerissen wurden, sind am Sonntag die Leichen von zwei der Vermissten lokalisiert worden. Dabei handelt es sich um zwei Freundinnen im Alter von 20 und 23 Jahren, eine Italienerin und eine Rumänin. Gesucht wird noch der 25-jährige Lebensgefährte der Rumänin.

Die Leichen wurden mehrere hundert Meter vom Ort entfernt gefunden, an dem die drei Freunde von den Wassermassen weggerissen worden waren. Die drei hatten sich in der Gemeinde Premariacco unweit des Flusses aufgehalten, weil sie Fotos machen wollten, als sie von den Wassermassen des angeschwollenen Flusses erfasst wurden. Zeugen sahen das Unglück und holten Hilfe. Hubschrauber und Rettungsteams des Zivilschutzes von Udine beteiligten sich an einer Suchaktion.

In der Schweiz entspannte sich die Hochwassergefahr am Sonntag. Mit dem Nachlassen der Niederschläge habe bei vielen Flüssen der Rückgang des Hochwassers eingesetzt. Die Gefahrenstufe wurde an mehren Flüssen gesenkt, beim Hochrhein und Bodensee besteht aber weiterhin eine "erhebliche Gefahr" (Gefahrenstufe 3), wie es seitens des Bundes hieß.

Ein Feuerwehrmann kämpft im bayrischen Wertingen mit den Wassermengen.
APA/dpa/Stefan Puchner

Entwarnung in Schärding

Durch das Hochwasser in Deutschland sind auch die Pegelstände von Inn und Donau in Österreich sind gestiegen. In der Gemeinde Ardagger (Bezirk Amstetten) in Niederösterreich wurde eine Hochwasserwarnung ausgegeben. Die Donau könnte über ihr Ufer treten, warnte Bürgermeister und Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl am Sonntag auf seiner Facebook-Seite, wie auch die "NÖN" berichteten. In Oberösterreich wurde in Schärding und in Linz vorsorglich der mobile Hochwasserschutz aufgebaut. Sonntagfrüh konnte die Feuerwehr Schärding aber Entwarnung geben. "Es gab kein Hochwasser, auch wenn der Inn leicht über die Ufer getreten ist", sagte Feuerwehr-Kommandant Markus Furtner zur APA.

In der Nacht auf Sonntag habe der Pegel in Schärding um Mitternacht einen Höchststand von fünf Metern erreicht. Die Innlände sei etwa 50 Zentimeter überschwemmt worden, schilderte Furtner. Nun sei die Hochwassersituation aber wieder entspannt. Für den Ernstfall standen bereits 6.000 gefüllte Sandsäcke und weitere 30.000 leere bereit. Diese kamen aber nicht zum Einsatz. Häuser waren von der kleinen Überflutung an der Innlände nicht betroffen. Die Innlände wurde vorsorglich gesperrt und die Tore der Altstadt geschlossen.

Vorsorge in Linz

Auch in Linz wurde am Samstag der erste Teil des mobilen Hochwasserschutz vorsorglich aufgebaut. In der Nacht erreichte die Donau einen Wasserstand von 540 Zentimetern, dieser ging in der Früh jedoch wieder leicht zurück. Zur Einordnung: Voralarm wird bei 550 Zentimetern ausgegeben. Ab einem Pegel von 6,8 Metern würde die Donau in Alturfahr und beim Urfahranermarkt-Gelände über die Ufer treten. Laut Vorhersage des Hydrografischen Dienstes dürfte der Pegel in Linz aber erst Montag oder Dienstag wieder ansteigen.

In Tirol wurde durch die starken Regenfälle der vergangenen Tage ein Hangrutsch ausgelöst, in Außervillgraten in Osttirol ist am Samstagabend ein Wohnhaus vorsorglich evakuiert worden. Es entstand kein Personenschaden, auch das Wohnhaus blieb vorerst unbeschädigt.

Zum Wochenstart bringt ein Mittelmeertief über Österreich nochmals regional Starkregen. Ab Dienstag nimmt der Störungseinfluss dann deutlich ab, prognostiziert Geosphere Austria. Kräftigere Regengüsse sind am Montag vor allem im Osten und Südosten zu erwarten. (APA, 2.6.2024)