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EPA/CHRISTOPHE PETIT TESSON

Paris – Sebastian Ofner hat am späten Freitagabend auf dem Court Suzanne Lenglen noch einmal alles gegeben, aber es war zu wenig. Spielerisch wäre für den 28-jährigen Steirer in der dritten Runde der French Open gegen den Franzosen Corentin Moutet mehr möglich gewesen, doch Österreichs bestem Tennisspieler fehlten nach den zwei Fünf-Satz-Partien und der kurzen Pause in Paris am Ende die Kräfte. Nach dem 6:3,4:6,4:6,1:6 musste er dem Weltranglisten-79. gratulieren.

Ofner hatte am Donnerstag einen 4:13-Stunden-Marathon gegen den Weltranglisten-20. Sebastian Baez (ARG) nach 0:2-Sätzen gedreht und musste wegen der Regenverschiebungen der Tage davor schon am Freitag wieder auf den Platz. Am Ende des Fünfsatz-Thrillers hatte Ofner im Tiebreak schon Krämpfe in den Oberschenkeln.

"Versucht, alles rauszuholen"

Der Schützling von Wolfgang Thiem bzw. Touringcoach Stefan Rettl sah es am Ende nüchtern. "Ich finde, eineinhalb Sätze habe ich richtig gut gespielt. Ich habe halt versucht, alles rauszuholen", sagte Ofner. 6:3,4:2 hatte er ja schon geführt, ehe der erste Einbruch bis zum 1:3 im dritten Satz erfolgte. Er erkämpfte sich noch das 4:4, dann hatte er sein Pulver aber verschossen. Den Kräfteverschleiß vom Baez-Match hat er "natürlich gemerkt". "Als ich den zweiten Satz verloren habe, habe ich gewusst, das wird jetzt richtig tough. Ich habe eineinhalb Stunden lang alles rausgeholt, dann bin ich nur noch am Kämpfen gewesen."

Gerne hätte er gewusst, wie es weitergeht, hätte er auch den zweiten Satz gewonnen. "Ich habe in den ersten zwei Sätzen alles liegen lassen." Das Publikum sei kein großer Faktor gewesen. "Wenn sie hie und da reinrufen, stört mich das nicht. Ich glaube, dass die Franzosen mich vielleicht mögen, die waren auch gegen Atmane (1. Runde, Anm.) immer fair." Ofner konnte sogar viel Gutes von der Stimmung auf dem zweitgrößten Platz mitnehmen. "Ich finde es richtig geil sowas, das hat man nicht oft. Das waren ja drei Stunden durchgehend. Wo hat man das, dass drei Stunden Atmosphäre ist?"

Applaus für Ofner

Moutet, der auf dem Platz einige Mätzchen macht, aber abseits des Courts laut Ofner ein "supernetter Kerl" ist, hatte das Publikum nach Ofners Abgang noch zu einer Runde Applaus für den Gegner aufgefordert. "Er hat zwei Mal fünf Sätze gespielt und in einem Grand Slam ist es fast unmöglich, sich zu erholen nach über sieben Stunden Spiel - bitte können wir ihm applaudieren."

Applaus hat sich Ofner auch für seine Fünf-Satz-Marathons nach 0:2-Satzrückstand in den zwei ersten Runden verdient. "So was hat man nicht so oft im Leben, dass man 0:2, Break hinten, noch dreht und dann ein 0:2 hinten gegen einen Sandplatzspezialisten dreht, der Top 20 steht. Das ist natürlich ein Riesenerfolg. Es zeigt mir auch, dass ich in der Lage bin, drei, vier Stunden ein wirklich gutes Niveau zu spielen", resümierte Ofner, der ursprünglich mit dem Inder Sumit Nagal auch für das Doppel genannt hatte.

Ofner für Olympia nominiert

Doch er wird aller Voraussicht nach schon in knapp zwei Monaten nach Roland Garros zurückkehren. Die French-Open-Anlage ist vom 27. Juli bis 4. August ja auch Schauplatz der Olympischen Tennis-Bewerbe. Mit dem Drittrundeneinzug hat der Steirer zwar ein erneutes Achtelfinale wie im Vorjahr verpasst, aber wichtige 100 Punkte geholt, die ihm den Quotenplatz per 10. Juni (Ranking der ATP) sichern. ÖTV-Sportdirektor Jürgen Melzer bestätigte auf Anfrage der APA - Austria Presse Agentur, dass Ofner dem Österreichischen Olympischen Komitee (ÖOC) zur Nominierung vorgeschlagen werde.

Vor den Spielen steht nun aber für Ofner der Wechsel auf Rasen an. "Das wird jetzt ein bisserl anders. Das ist ganz anders zu spielen und es gibt weit weniger Ballwechsel." Doch die starke Form von Paris, die Erkenntnis, dass er drei, vier Stunden gut die Konzentration halten kann und dass auch sein Fitnesslevel passt, lassen ihn freudig in die weitere Saison blicken.

Sein intensives Rasenprogramm: "Stuttgart, Halle, wahrscheinlich Mallorca, und dann Wimbledon", sagte Ofner. An den grünen Untergrund hat der Steirer, der nach Paris knapp außerhalb der Top 50 aufscheinen wird, gute Erinnerungen. 2017 hatte er aus der Qualifikation heraus die dritte Runde erreicht. (APA, 1.6.2024)