Marktplatz in Mannheim, davor zwei Polizisten
Laut Polizeisprecher wurde auch ein Polizist schwer verletzt, er schwebt weiterhin in Lebensgefahr.
APA/dpa/Rene Priebe

Der aus Bayern stammende deutsche Islamkritiker Michael Stürzenberger ist Freitagmittag bei einer Messerattacke auf einer Versammlung von Pax Europa in Mannheim verletzt worden. Neben Stürzenberger verletzte der Angreifer fünf weitere Menschen. Ein Polizist erlitt derart schwere Verletzungen, dass er nach Angaben aus Sicherheitskreisen notoperiert werden musste. Er schwebte laut einem Sprecher des baden-württembergischen Landeskriminalamts auch am Samstag in der Früh noch "weiterhin in höchster Lebensgefahr". Dem LKA-Sprecher zufolge handelt es sich bei allen Verletzten, außer dem Beamten, um Teilnehmer der Kundgebung. Ob sie auch Mitglieder von Pax Europa sind, sei noch unklar. Nach Angaben der Polizei wurde der Angreifer niedergeschossen und ebenfalls verletzt.

Das teilten die Staatsanwaltschaft Karlsruhe, das Polizeipräsidium Mannheim und das Landeskriminalamt Baden-Württemberg Freitagabend gemeinsam mit. Die Ermittlungen übernahm die Staatsschutzabteilung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe.

Motiv weiterhin unklar

"Was uns am meisten umtreibt, ist die Frage nach dem Motiv", hieß es aus Landeskriminalamt. Die Suche nach den Beweggründen des Täters sei bisher nicht vorangekommen. Zahlreiche Fragen seien noch ungeklärt und Gegenstand der Ermittlungen. Unklar sei etwa, ob der Festgenommene die Tat geplant oder ob es sich um einen spontanen Angriff gehandelt habe. Die für politische Delikte zuständige Staatsschutzabteilung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe ermittelt in dem Fall. Zu der Identität des Angreifers machten die Ermittler bisher keine Angaben.

"Der Angriff geschah, bevor die Veranstaltung überhaupt losging, das muss von langer Hand geplant worden sein", sagte die Schatzmeisterin von Pax Europa, Stefanie Kizina. Sie sprach außerdem von einem "Terrorangriff" auf Stürzenberger. Deutschlands Innenministerin Nancy Faeser erklärte, die Ermittlungen würden die Hintergründe der Tat aufklären, insbesondere den Hintergrund und die Motive des Täters. "Wenn die Ermittlungen ein islamistisches Motiv ergeben, dann wäre das eine erneute Bestätigung der großen Gefahr durch islamistische Gewalttaten, vor der wir gewarnt haben."

Der ehemalige CSU-Pressesprecher Stürzenberger schreibt mittlerweile einen islamfeindlichen Blog, engagiert sich bei Pegida und ist Mitglied der "Bürgerbewegung Pax Europa" (BPE). Letztgenannte hat auch die Veranstaltung in Mannheim organisiert. Bei früheren Kundgebungen hatte Stürzenberger "Umerziehungslager" für Muslime nach dem Vorbild Chinas gefordert, wie Der Spiegel berichtet. Den Koran bezeichnete er als "das gefährlichste Buch der Welt", er sei das "Äquivalent" zu Adolf Hitlers "Mein Kampf". Im Jahr 2022 wurden seine Videos laut Verfassungsschutz mehr als 723.000 Mal angesehen.

Stürzenberger ist zweimal rechtskräftig verurteilt. Einmal wegen Beleidigung eines Polizisten und ein weiteres Mal wegen Verhetzung und Herabwürdigung des Islam. Pax Europa gilt für den bayrischen Verfassungsschutz als islamfeindliche Organisation. Der bayerische BPE- Landesverband sowie Stürzenberger selbst werden vom Landesverfassungsschutz beobachtet.

Mannheims Oberbürgermeister spricht von Terror

Zur Verletzung Stürzenbergers sagte Kizina der "Bild"-Zeitung: "Er wurde am Bein und im Gesicht getroffen, wird notoperiert. Lebensgefahr besteht offenbar nicht". Auf einem Video ist zu sehen, wie ein Beamter auf den Angreifer schießt. Mehrere Polizisten fixieren ihn danach auf dem Boden.

Der Marktplatz befindet sich in der Mannheimer Innenstadt, in der seit Dezember 2023 unter anderem an Wochenenden ein Waffenverbot gilt. Das bedeutet, dass keine Klingen mit einer Länge von mehr als vier Zentimetern und auch keine anderen Waffen mitgeführt werden dürfen. Die Zone wurde definiert, da bundesweit "immer mehr Personen Waffen griffbereit" mit sich führen, heißt es auf der Website der Stadt. Vor allem Messer könnten unbemerkt getragen werden. Ein Anstieg der schweren Straftaten mit Waffen und eine leicht gestiegene Angst der Bevölkerung vor Kriminalität habe zu der Maßnahme in Mannheim geführt.

Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht sprach Freitagabend von einer Terrorattacke. "Im Namen der Stadt Mannheim und der Mannheimer Stadtgesellschaft verurteile ich diese niederträchtige, brutale Terrorattacke im Rahmen einer islamkritischen Veranstaltung auf das Schärfste", sagte der CDU-Politiker.

FPÖ sieht Attentat als Ergebnis "gescheiterter Asylpolitik"

Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigte sich entrüstet. "Ich verurteile die Tat in Mannheim aufs Schärfste!", schrieb seine Sprecherin in seinem Namen auf X. "In unserer Demokratie darf kein Platz für Gewalt sein - Gewalt zerstört Demokratie. Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut." Er wünsche den Verletzten ein rasches Genesen und dankte der Polizei für ihr schnelles Eingreifen. Auch Kanzler Olaf Scholz zeigte sich erschüttert. "Die Bilder aus Mannheim sind furchtbar", schrieb er auf der Plattform X. "Meine Gedanken sind bei den Opfern. Gewalt ist absolut inakzeptabel in unserer Demokratie. Der Täter muss streng bestraft werden."

Vizekanzler Robert Habeck wünschte den Verletzten schnelle und gute Besserung. "Furchtbare Szenen der Gewalt heute in Mannheim, bei denen sogar ein Polizist schwer verletzt wurde, als er das tat, was seine Aufgabe ist: Menschenleben schützen, egal wann, wo und wen. "Das muss jetzt schnell aufgeklärt werden", sagte Habeck. "Gewalt darf keinen Platz haben." Wer meine, irgendetwas für dieses Land zu tun, indem er jemandem ein Messer in den Körper ramme, der irre gewaltig, sagte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock bei einer Wahlkampfveranstaltung der Grünen in Hamburg.

Auch aus Österreich gab es eine Reaktion. Für FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker ist das Attentat in Deutschland das Ergebnis einer "gescheiterten Asylpolitik". Waffenverbotszonen und andere Show-Maßnahmen würden nichts bringen, erklärte Hafenecker. (red, 31.5.2024)