Emily Pellegrini
Die bekannte KI-Influencerin Emily Pellegrini wird in der Jury sitzen.
Emily Pellegrini

Der wachsenden Popularität von virtuellen Begleiterinnen hat sich DER STANDARD schon mehrfach gewidmet. Nun erreichen die virtuellen Frauen, wenn man sie so nennen kann, eine neue Stufe an Aufmerksamkeit. Mit den "The Fanvue World AI Creator Awards" (WAICAs) schaffen die Veranstalter in Kooperation mit der Pornoseite Fanvue ihre erste Misswahl im KI-Bereich. Das Preisgeld ist mit 20.000 Dollar überschaubar.

Oscar der KI-Creators

Ein Blick auf die Jury verrät schon ein wenig über die Absurdität der Veranstaltung. Dort sitzen neben dem PR-Berater Andrew Bloch und dem britischen Schönheitswettbewerb-Urgestein Sally-Ann Fawcett doch tatsächlich zwei computergenerierte Frauen, namentlich Altana Lopez und Emily Pellegrini. Lopez und Pellegrini sind nicht real, dennoch haben sie sowohl auf Instagram als auch auf Fanvue bereits über 200.000 Follower und wurden im vergangenen Jahr immer wieder genannt, wenn sich ein Medium dem Thema "KI-Frauen" angenähert hat.

Fanvue Miss-AI-Contest
Fanvue

In drei Kategorien werden die "Frauen" bewertet. In ihrem Auftreten, wie die Website wissen lässt, geht es um "die klassischen Aspekte des Schönheitswesens wie ihre Schönheit, ihr Auftreten und ihre einzigartigen Antworten auf eine Reihe von Fragen". Weiters wird die "Implementierung von KI-Tools" benotet, darunter Aspekte wie die Nutzung von Prompts und Details speziell in den Bereichen Hände und Augen. Als letzter Punkt wird der Social-Media-Auftritt genannt. "Engagement gegenüber der Fans auf Fanvue, Reichweite und Wachstum auf anderen Plattformen wie Instagram."

Alle Bewerbungen werden berücksichtigt, die besten drei Kandidatinnen werden dann im Rahmen einer Award-Show im Juni präsentiert. Die Gewinnerin – viele gehen davon aus, dass es sich um eine Frau handeln wird – bekommt 5000 Dollar in bar und ein "Mentorship-Programm" im Wert von 3000 Dollar. Das restliche Geld wird an die Zweit- und Drittplatzierten verteilt. Der Co-Founder der Veranstaltung Will Monanage träumt davon, der "Oscar der KI-Creators" zu werden.

Sally-Ann Fawcett, die selbst Schönheitskönigin und dutzende Male als Jurorin in diesem Bereich tätig war, freut sich auf die Veranstaltung. "Es gibt interessanterweise so viele Parallelen zwischen echten Teilnehmerinnen und KI-Models, auch im Zusammenspiel mit ihren Fans", lässt sie auf Social Media wissen.

WAICA
Man würde mit der Veranstaltung die "Creators an der Spitze von KI" feiern wollen, heißt es auf der Website.
WAICA

Weiterer Kanal für Diskriminierung

Die Ankündigung der Veranstaltung hat natürlich auch Kritikerinnen auf den Plan gerufen. Die in Wien lebende und auf KI und VR spezialisierte Unternehmerin Gabriella Chihan Stanley äußerte sich auf Linkedin zur neuen Misswahl. "Haben wir nichts aus unseren Fehlern auf Social Media in Bezug auf Sexualisierung und weibliche Stereotype gelernt?", fragt sie in einem langen Statement. Sei der Schönheitswahn davor schon unerträglich gewesen, schafft man jetzt Aufmerksamkeit für computergenerierte Frauen, mit denen keine echte Frau optisch mithalten könne. "Wenn die Schöpfer dieser 'Frauen' männlich sind, wollen wir dann Männer mit Preisen belohnen, dass sie einen weiteren Kanal für die Diskriminierung von Frauen geschaffen haben?"

Neben den Vorwürfen der Sexualisierung und der Tatsache, dass KI die Arbeitsplatzsicherheit von Models und Schönheitsköniginnen zerstören könnte, antworten die Organisatoren emotionslos: "Wenn man bedenkt, dass echte Schönheitswettbewerbe dafür kritisiert werden, dass sie Frauen entmenschlichen, sollten wir dem ausweichen. Jetzt schaffen wir Kandidatinnen, die gar nicht menschlich sind!"

Kurzer Hype

So erfolgreich die künstlichen Frauen auf Social Media oder Fanvue kurze Zeit gewesen sein wollen, schon seit Monaten zeichnet sich ab, dass die Popularität nicht mehr in dem Ausmaß steigt, wie sie das zu Beginn getan hat. Beispielsweise sammelte Emily Pellegrini in nur kurzer Zeit über 200.000 Follower auf ihrem Instagram-Profil. Derzeit ist dieses mittlerweile lediglich auf 278.000 Follower angewachsene Profil allerdings nicht aufrufbar und nur mit einem "Soon..."-Bild gekennzeichnet. Vielleicht wegen der Misswahl?

Auch auf der Plattform Fanvue wird ständig mit Ermäßigungen für die Abos der Damen geworben. Wie das Konzept von Fanvue funktioniert, hat DER STANDARD bereits in einer Geschichte erläutert. Offenbar hat sich das primär männliche Publikum sattgesehen an den Stereotypen, die von diversen Agenturen ins Netz gestellt werden. Erfolgreicher scheinen zurzeit KI-Baukästen zu sein, etwa GPTGirlfriend, wo die Community selbst "frei von Normen" agieren kann.

So könnte es durchaus passieren, dass die World AI Creator Awards ein Marketing-Gag von den Veranstaltern und Fanvue bleiben werden, der nach einmaligem Abhalten auch wieder der Vergangenheit angehört. Es wäre aber auch nicht überraschend, wenn es andere oder auch Folgeveranstaltungen geben wird. Es wäre nur ein weiterer Beweis dafür, dass Künstliche Intelligenz wohl wirklich alle unsere Lebensbereiche künftig mitbestimmen wird. (aam, 31.5.2024)