Reinhold Lopatka ist ein vielbeschäftigter Mann. Der ÖVP-Spitzenkandidat bei der EU-Wahl absolviert gerade Wahlkampfauftritte am laufenden Band. Eines seiner Lieblingsthemen: der Kampf für den Verbrenner.

Lopatka behauptet, die EU wolle Verbrenner verbieten und setze alles auf Autos mit batterielektrischem Betrieb, wobei niemand wisse, was die Technologie der Zukunft sein werde. Überhaupt machten Emissionen des europäischen Autoverkehrs bloß 0,8 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes aus. Und in vielen Bereichen, etwa bei Lkws, sei der Einsatz von Elektrofahrzeugen undenkbar.

Werden E-Fahrzeuge zum Staubfänger in Autoläden? Unwahrscheinlich.
AP/Andy Wong

An diesen Aussagen ist fast alles verkehrt. Lkw-Bauer sind viel weiter, als Lopatka sagt: Sie arbeiten an der serienmäßigen Produktion von Elektro-Lkws. MAN hat erst Ende 2023 seinen ersten solchen Schwer-Lkw auf den Markt gebracht. Global verantwortet der Autoverkehr zehn Prozent der Emissionen. Das wegzubekommen würde den Klimaschutz natürlich voranbringen. Und die EU legt nicht fest, was die Technologie der Zukunft ist. Sie sagt nur, dass Neuwagen ab 2035 emissionsfrei sei müssen – womit auch immer sie betrieben werden.

Verbrenner gegen E-Motoren: Die Zukunft des Autoverkehrs gehört zu den wenigen Sachthemen in diesem Wahlkampf. Dabei fühlt sich die Verbrenner-Fraktion angesichts ernüchternder Nachrichten bei der Elektromobilität im Aufwind. So sehr, dass nun selbst der Kanzler mit dem Thema in den Wahlkampf einsteigt und zu einem Autogipfel gegen das vermeintliche Verbrenner-Ende einlädt.

Und tatsächlich: Die Zahl der Neuzulassungen bei E-Autos ist in Österreich wie in Europa rückläufig. Hersteller wie Ford haben Investitionen in Elektrifizierung verschoben. Dazu kommen ein Handelsstreit mit China und mögliche Zölle auf E-Autos aus der Volksrepublik. Ist es also vorbei mit dem Vormarsch der E-Autos? Darauf sollte niemand wetten.

Preisdifferenz schrumpft

Vieles spricht dafür, dass die Zeit der Verbrenner zu Ende geht. Elektroautos sind nicht nur effizienter und im Betrieb im Regelfall günstiger als Benziner und Dieselfahrzeuge. Durch die stetige technologische Weiterentwicklung wird die Reichweit der Fahrzeuge immer höher, während gleichzeitig der Preis sich jenem der Verbrenner anzunähern beginnt. Noch vor fünf Jahren kosteten E-Autos doppelt bis dreimal so viel wie Verbrenner. Inzwischen ist die Differenz auf einige Tausend Euro, grob 20 Prozent, zusammengeschrumpft.

Dazu kommt, dass günstigere Modelle auf den Markt drängen. Volkswagen – der Konzern steht unter dem Druck seiner Investoren, die Elektrifizierung voranzutreiben – hat gerade erst angekündigt, bis 2027 einen Kompaktwagen für 20.000 Euro auf den Markt zu bringen. Dazu kommen dutzende neue, günstigere Modelle in den kommenden Jahren.

Ausbau der Ladeinfrastruktur

Die Frage ist nicht, ob, sondern wie schnell die Elektrifizierung voranschreitet. Und hier gäbe es für die Politik etwas zu tun anstelle von sinnlosen Show-Gipfeln. Sinnvoll wären Debatten dazu, wie die heimische Fahrzeugindustrie und ihre Beschäftigten bei der Umstellung der Produktion weg von Verbrennern hin zu Elektroautos in der Phase des Umbruchs besser unterstützt werden können. In den Ausbau der Ladeinfrastruktur muss mehr investiert werden. Und: Das Förderregime für E-Autos gehört überdacht.

In Österreich zeigt sich, dass die Neuzulassung am Markt für gewerbliche Kunden rückläufig sind. Das ist bedeutend, weil die überwiegende Mehrheit der Neuwagen an Unternehmen verkauft wird. Für den Rückgang gibt es viele Gründe, offensichtlich ist aber, dass die staatlichen Förderungen beim Kauf von E-Autos durch Betriebe zu früh beendet worden sind. Dafür bekommen Private hohe Zuschüsse, die es vielleicht gar nicht braucht. Das System so aufzusetzen war ein Fehler der Rergierungsparteien, den sie korrigieren sollten. Die Ökologisierung bei Unternehmen voranzutreiben: dem sollten ÖVP wie Grüne etwas abgewinnen können. Da war doch einmal etwas, mit dem Besten aus beiden Welten. (András Szigetvari, 1.6.2024)