Man merkt, Leonore Gewessler brennt. Sie brennt für das EU-Renaturierungsgesetz, "das wichtigste Umweltgesetz, das wir in dieser Legislaturperiode auf europäischer Ebene verhandeln". Über Jahrzehnte hätten wir der Natur immer noch mehr weggenommen, es sei Zeit, etwas zu verändern, und dafür brauche es dieses Gesetz. Aber die einheitliche Länderstellungnahme würde sie rechtlich binden, erklärt sie Martin Thür Dienstagabend in der ZiB 2. Die Aufhebung dieser Stellungnahme sei die Voraussetzung dafür, dass sie alles dafür tun werde, dass Österreich diesem Gesetz zustimme. Thür: "Also, Sie stimmen nicht zu."

Leonore Gewessler bei Martin Thür in der
Leonore Gewessler bei Martin Thür in der "ZiB 2".
Screenshot: ORF On

"Zukunftsvergessen"

Sie erklärt noch einmal geduldig, aber schon sichtlich genervt, für wie "zukunftsvergessen" sie hier die Blockade der Bundesländer hält. Umso wichtiger sei es, dass Wiens Bürgermeister Michael Ludwig "die Karten auf den Tisch legt". Sie begrüßt, dass Wien hier die Position verändert hat: "Aber was gilt jetzt?" Mit dieser Frage ist sie wohl nicht allein. Ist diese Länderblockade aufrecht? Gilt diese Stellungnahme noch? Oder eben nicht? Gewessler bittet – auch gestikulierend – in der ZiB 2 um Klarstellung, ob Wien hinter dieser Stellungnahme steht oder nicht.

Alle Beteiligten würden sich jetzt den Sündenbock zuschieben, ortet Thür und versucht, das Thema herunterzubrechen. "Die ÖVP will eine Zustimmung verhindern. Der kleinere Regierungspartner will etwas, der größere will etwa nicht. Ist es damit nicht klar, dass es nicht kommen wird?" – "Ganz im Gegenteil", gibt Gewessler nicht auf. Noch einmal erklärt sie sich und die Gesetzeslage: "Eine einheitliche Länderstellungnahme bindet mich qua Verfassung." Thür fragt, ob sie auch gegen den Willen der ÖVP zustimmen würde. Zusammengefasst kommt hier ein recht deutliches Ja. Es sei langjährige Praxis in der Regierung, dass bei Ministerräten die Ministerinnen und Minister entscheiden: "Das ist so." Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig habe gegen ihren Willen die Abschwächung von Umwelttauflagen beschlossen. "Wenn es dort geht, warum geht es dann nicht umgekehrt?"

"Karren aus dem Dreck ziehen"

Noch einmal macht sie sehr souverän auf die Dringlichkeit des Renaturierungsgesetzes aufmerksam: "Dieses Gesetz ist keine Gefahr, es ist unsere Lebensversicherung." Jedes Kind würde verstehen, dass wir für ein gutes Leben eine intakte Natur brauchen, schießt sie gegen die Skeptiker, die mit Halbwahrheiten gegen dieses Gesetz argumentieren würden – Stichwort Ernährungssicherheit, das in der Verordnung ganz oben stehe. Sie könne es nicht ernst nehmen, wenn jene Parteien, die sich mit Händen und Füßen gegen ein verbindliches Bodenschutzgesetz wehren, sich plötzlich um die Ernährungssicherheit sorgen würden. Das Gesetz sei flexibel: "Wir entscheiden in unserem Land, welche Beiträge wir für die europäische Zielerfüllung leisten."

"ZiB 2": Ministerin Gewessler zum Renaturierungsgesetz
ORF

Später ging es noch um den nationalen Energieplan, hier gibt es ja auch keine Einigung mit der ÖVP. Warum schafft sie hier keine Kompromisse? "Das müssen Sie Karoline Edtstadler fragen", rät Gewessler. Sie halte diese Diskussion für "relativ sinnbefreit". "Wir können dieses Vertragsverletzungsverfahren jederzeit beenden, wenn sie ihren Einspruch zurückzieht." Auch beim Ausstieg aus russischem Gas sieht sie jetzt andere in der Verantwortung. „Wir müssen raus aus russischem Gas. Wir Grüne arbeiten seit zwei Jahren daran, den Karren, den andere Regierungen jahrzehntelang in den Dreck gefahren haben, herauszuziehen. Das Gesetz liegt auf dem Tisch. Von uns aus können wir morgen abstimmen."

Schilling sei "die richtige Frau"

Jetzt seien die anderen gefragt, Verantwortung zu übernehmen, "Nichtentscheiden ist auch eine Entscheidung, aber dann müssen die anderen auch das Risiko für unsere Wirtschaft übernehmen."

Am Ende ging es noch um die Vorwürfe gegen Lena Schilling. "Ich habe die Entscheidung, Lena Schilling zur Spitzenkandidatin zu machen, keine Sekunde bereut", so Gewessler: "Sie ist genau die Frau, die es braucht." Schilling sei "eine überzeugte Kämpferin für den Klimaschutz und gegen rechtsextreme Hetze". Aber in der Kommunikation rund um die Vorwürfe sei "sicher nicht alles fehlerfrei" verlaufen. (Astrid Ebenführer, 29.5.2024)

Dieser Podcast wurde aufgenommen, bevor die ÖVP-Bundesländer ihre Blockade bekräftigt haben. Die Hintergründe zum Thema werden ausführlich erklärt.