Palästina als Staat ist international ein umstrittenes Thema, wie auch hier in einer spanischen Stadt.
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Es gibt viele Schritte rückwärts, aber kaum welche nach vorn: So könnte man die Entwicklung in Israel/Palästina in den letzten 20 Jahren beschreiben. Von einem Friedensprozess ist weit und breit nichts zu sehen, es gibt nicht einmal einen Ansatz von Verhandlungen. Hier nur von Stagnation zu sprechen wäre Schönfärberei: Die Gräben, die das blutige Heute von einem friedlichen Morgen trennen, werden von Tag zu Tag tiefer.

Aus dieser Perspektive ist jeder winzige Schritt nach vorn, und ein solcher ist die Anerkennung des Staates Palästina durch Spanien, Irland und Norwegen, erst einmal zu begrüßen. Immerhin ergreift jemand die Initiative und tut etwas, während andere, darunter Österreich, nur Bekenntnisse ablegen.

Botschaft an die Welt

Die Anerkennung Palästinas sei der Anfang eines Prozesses, nicht das Ende, sagte der irische Premier Simon Harris. Sie sei eine Botschaft an die Welt und an die Palästinenser, dass "es eine praktikable Alternative zum Nihilismus der Hamas gibt". Damit hat er recht.

Zwar ist es wahr, dass die Anerkennung wenig mehr als eine Geste ist, ein Symbol. Man darf aber die Wirkung von Symbolen nicht unterschätzen – schon gar nicht in einem emotional so stark aufgeladenen Konflikt wie diesem.

Die moderaten Kräfte unter den Palästinensern, die den Glauben an eine friedliche Lösung mit Israel noch nicht aufgegeben haben, werden sich durch den Schritt bestärkt sehen. Die, die Israel ohnehin nie anerkannt haben und daher auch die Zweistaatenlösung ablehnen, werden nie Teil des Prozesses sein können, von dem Harris spricht, und das ist ihnen durchaus bewusst.

Netanjahus Rolle

Viele waren verstört, als sie die Videos von Jubelfeiern der Hamas über die Anerkennung Palästinas sahen. Haben Spanien, Irland und Norwegen durch ihren Schritt tatsächlich die Hamas belohnt, wie Israels Außenminister Israel Katz erklärte?

Das ist eine Verdrehung der Ereignisse. Schließlich war es jene israelische Regierungspartei, der Katz angehört, die unter ihrem Parteichef Benjamin Netanjahu viel daran setzte, die Hamas zu stärken. Die handlungsleitende Devise der Likud-Partei war: Je stärker die Hamas, desto geringer die Chance, dass es eines Tages einen Palästinenserstaat geben wird. Wenn Netanjahu heute die Anerkennung Palästinas als Geburtshilfe für "Hamastan" bezeichnet, dann tut er das, um seine eigene historische Rolle als destruktive Kraft in der Region zu vertuschen.

Schuss ins eigene Knie

Die Art, wie Israel auf den symbolischen Schritt Spaniens, Irlands und Norwegens reagiert, ist nicht nur überzogen – sie ist auch ein Schuss ins eigene Knie. Indem Israel seine Botschafter aus Madrid, Dublin und Oslo abzieht, während die diplomatischen Vertretungen dieser Länder in den Palästinensergebieten nun ausgebaut werden, stellt sich der Staat immer weiter ins Eck. Die beleidigte Devise "Die ganze Welt ist gegen uns" wird zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung.

Besser wäre es, offensiv Bande zu knüpfen, anstatt auch die treuesten Verbündeten wieder und wieder vor den Kopf zu stoßen – siehe Rafah-Offensive. Denn letztlich kann Israel auf sie zählen, das hat die starke Allianz gegen den schweren Angriff des Iran, an der sich auch Großbritannien und Frankreich beteiligten, erneut bewiesen. (Maria Sterkl, 28.5.2024)