Ein Cheeseburger mit Speck, Gurkerln, Zwiebel und Salat.
Ein vermeintlich günstiges Vergnügen: Die Preise für Fastfood sind in den vergangenen Jahren besonders stark angestiegen.
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Die Inflation hat sich in Österreich im Frühjahr weiter verlangsamt und beträgt im Mai laut einer Schnellschätzung der Statistik Austria 3,3 Prozent. Im Vormonat April betrug der Preisauftrieb hierzulande noch 3,5 Prozent und ist damit das erste Mal seit Oktober 2021 unter die Marke von vier Prozent gesunken. "Vor allem die Verbraucherpreise für Wohnen inklusive Energie treiben aktuell die Inflation weniger an als in den vergangenen Monaten", erklärt Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas. "Auch die Teuerung bei Nahrungsmitteln liegt weiter etwas unter dem Durchschnitt, die Preisanstiege in der Gastronomie hingegen deutlich darüber."

Bei der Wahl zum Wort des Jahres kamen mit "Shrinkflation" und "Gierflation" zwei weitere Begriffe aus dem Bereich der Inflation in die engere Auswahl, das Rennen hat letztlich aber "Kanzlermenü" gemacht. Geprägt hat den Ausdruck ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer, der sich vor Funktionären seiner Partei im September in Hallein über Kinderarmut empörte und erklärte, ein Hamburger bei McDonald's sei die "billigste warme Mahlzeit in Österreich". Was er damals offenbar nicht wusste: Gerade im Bereich von Fastfood sind exorbitante Preissteigerungen zu verzeichnen.

Mehr als in Gastro

Aus einer Erhebung des gewerkschaftsnahen Momentum-Instituts geht nämlich hervor, dass das Angebot in Schnellrestaurants seit 2021 um fast ein Drittel teurer geworden ist. "Im gleichen Zeitraum beträgt die Teuerung 29 Prozent bei Bewirtungsdienstleistungen, wo etwa auch Schnellrestaurants dazuzählen", erläutert Momentum-Inflationsexperte Leonard Jüngling. "Das bedeutet, die Teuerung war bei Fastfood sogar um drei Prozentpunkte größer als bei der Gastronomie gesamt." Und auch die schlägt bereits über die Stränge, denn insgesamt sind die Verbraucherpreise in dieser Phase um 21 Prozent gestiegen. Zur Einordnung: Dem steht ein Anstieg der Tariflöhne, also der kollektivvertraglichen Mindestlöhne, um lediglich 19 Prozent gegenüber.

Bemerkenswert ist der enorme Preisauftrieb von Fastfood auch insofern, als die Betreiber von Schnellrestaurants im Zuge der Inflationswelle auch staatliche Unterstützung erhielten. Denn gerade Franchisenehmende der Burgerkette McDonald's erhielten laut Transparenzportal des Finanzministeriums von den rund 6,9 Millionen Euro an ausbezahlten Hilfsgeldern des Energiekostenzuschusses I im Gastrobereich zumindest 3,1 Millionen Euro. "Erhöhen Unternehmen ihre Preise und erhalten gleichzeitig Hilfsgelder vom Staat, droht die Gefahr, dass diese Unternehmen doppelt kassieren", betont Jüngling. "Eine Gefahr, die insbesondere bei Unternehmen mit großer Marktmacht besteht, wie es etwa bei Ketten der Fall ist."

Billig wird schnell teurer

Aber nicht nur in der Gastronomie, sondern auch bei Lebensmitteln ist der Preisauftrieb bei den günstigsten Produkten überdurchschnittlich hoch. Gemäß dem Preismonitor der Arbeiterkammer (AK) ist ein Einkaufskorb mit den günstigsten Lebens- und Reinigungsmitteln seit Beginn der Teuerungswelle im September 2021 um 43,3 Prozent teurer geworden. Hervor stechen dabei Kartoffeln, die mit 103 Prozent Preisanstieg nun mehr als das Doppelte kosten. Penne-Nudeln wurden um 90 Prozent teurer und Mehl um 88 Prozent. Obwohl die Teuerung bei Nahrungsmitteln zuletzt deutlich nachgelassen hat, liegen solche Preiszuwächse gerade ärmeren Menschen schwer im Magen.

Zudem bekrittelt die AK, dass idente Markenlebensmittel in Österreich mit im Schnitt um rund 24 Prozent höheren Preisen zu Buche schlagen als in Deutschland. Bei Berücksichtigung der hierzulande höheren Mehrwertsteuer betrage der Aufschlag immer noch 21 Prozent. "Es kann nicht sein, dass multinationale Konzerne von Einzel- und Großhändlern je nach Mitgliedsstaat unterschiedliche Preise für gleiche Produkte verlangen", kritisiert Tobias Schweitzer, AK-Bereichsleiter Wirtschaft. Diese Praxis müsse unterbunden werden, die Zeche dafür zahle die Bevölkerung.

Mehr Ernährungsarmut

Sofern es sich die Menschen überhaupt noch leisten können, denn zusammen mit anderen Preissteigerungen für Wohnen überfordert dies viele Haushaltskassen. "Die Steigerungen der Lebenshaltungskosten sind alarmierend", sagt Johanna Steurer von der Dachorganisation ASB Schuldnerberatungen. "Immer mehr Menschen können da finanziell nicht mehr mit." Das zeige sich auch in den Statistiken zur Überschuldung, wo hohe Lebenshaltungskosten als Überschuldungsgrund zunehmend an Bedeutung gewinnen. Allein die monatlichen Kosten für ausreichende und gesunde Ernährung, die Steurer für Alleinerziehende mit zwei Kindern mit 1021 Euro beziffert, seien für viele nicht mehr zu stemmen.

Sie verweist auf eine aktuelle Studie zu Ernährungsarmut der Gesundheit Österreich, die im Vorjahr bei zwölf Prozent der Bevölkerung, das sind etwa 1,1 Millionen Menschen, eine mittlere oder schwere Ernährungsarmut zeige. "Es ist äußerst besorgniserregend, wenn Menschen bei grundlegenden Bedürfnissen wie Essen sparen müssen", betont Steurer. "Aus finanzieller Not heraus gezwungen zu sein, auf Mahlzeiten zu verzichten, ist ein untragbarer Zustand in einem Sozialstaat wie Österreich."

Regierung verfehlt Ziel

Das sieht die Tafel Österreich, die Lebensmittel vor der Entsorgung bewahrt und damit kostenfrei armutsbetroffene Menschen in Sozialeinrichtungen versorgt, ähnlich. Sie verweist darauf, dass in Österreich jährlich etwa eine Million Tonnen an Lebensmitteln weggeworfen werde. Gleichzeitig seien hierzulande 420.000 Personen von schwerer Ernährungsarmut betroffen und müssten wegen Teuerungen im Centbereich ganze Mahlzeiten auslassen. "Traurigerweise ist eine gesunde Ernährung mit Obst und Gemüse gerade für armutsbetroffene Personen, die diese dringend brauchen, einfach nicht mehr leistbar", sagt Tafel-Geschäftsführerin Alexandra Gruber. "Wir haben Lebensmittelverschwendung und Ernährungsarmut einfach satt", ergänzt sie und fordert von der Politik Maßnahmen.

Generell weist das Momentum-Institut darauf hin, dass die türkis-grüne Regierung von ihrem selbstgesteckten Ziel, den Anteil armutsgefährdeter Menschen innerhalb der Legislaturperiode zu halbieren, "meilenweit entfernt" sei. "Als die Regierung im Jahr 2019 gewählt wurde, lag der Anteil der armutsgefährdeten Menschen in Österreich bei 13,3 Prozent", erläutert Ökonomin Sophie Achleitner. "Statt um die Hälfte zu sinken, ist die Quote um 1,6 Prozentpunkte gestiegen." (Alexander Hahn, 31.5.2024)