Es platzt in eine heikle Phase, ein neues Video aus einem Schweinestall, das dem Verein gegen Tierfabriken (VGT) zugespielt worden ist. Die Tierschützer rückten bei einem Schweinemastbetrieb im Bezirk Mistelbach an, um dort gegen die Schweinehaltung zu protestieren. Die Tierschützer wollen erneut darauf aufmerksam machen, dass die Verhältnisse in der Massentierhaltung mit sogenannten Vollspaltenböden teilweise schwere Kost sind. Schweine mit Verletzungen, abgebissenen Schwanzstummeln. Es kommt nicht von ungefähr, dass das Video genau jetzt an die Öffentlichkeit gelangt.

Derzeit wird darüber verhandelt, wie es mit den Vollspaltenböden in den Schweineställen weitergeht. Das Verfassungsgericht hatte im Jänner die ursprünglich geplante Übergangsfrist bis 2040 gekippt. Wird keine neue Frist festgelegt, tritt die Regelung ab Juni 2025 in Kraft. Die Verhandlungen zwischen dem grünen, für Tierschutz zuständigen Gesundheitsminister Johannes Rauch und dem schwarzen Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig stocken. Es geht um neue Übergangsfristen, um Geld und bei Fragen des Tierwohls in der Nutztierhaltung um minimale Verbesserungen. Letzteres prangern auch die Tierschützer an.

Bauernprotest in Augsburg, zahlreiche Traktoren und Zugmaschinen mit Protestschildern gegen die Agrarpolitik.
Österreichische Landwirte hielten sich bei den großen Bauernprotesten in den vergangenen Monaten zurück. Unter Druck stehen auch sie – trotz der vielen Subventionen.
IMAGO/Michael Bihlmayer

Für die Landwirtschaft geht es aber derzeit um viel mehr. Klimaveränderungen, steigende Kosten, Green Deal, Bürokratie, all das beschäftigt die Landwirte und ihre Vertreter. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) hat am Dienstag seine "Vision 2028+" für die Branche vorgestellt. Auf 140 Seiten wird der große Bogen gespannt. Insgesamt waren rund 3000 Personen über verschiedene Formate in den Strategieprozess involviert – Landwirte ebenso wie Fachleute aus dem Agrarsektor wie aus Lebensmittelwirtschaft und Handel, Wissenschafter und Konsumenten. Was Letztere wollen, ist bekannt: mehr Tierwohl, klimafreundlichere Produktion – mehr bezahlen wollen oder können die meisten dafür nicht.

Der große Umbau

Dennoch muss es weitergehen, lautet die Botschaft. In der Transformation liege auch eine Chance, wird Boku-Nachhaltigkeitsexpertin Marianne Penker zitiert: "Die Zukunft wird anders sein als die Vergangenheit, doch in dieser Transformation liegt die große Chance für mehr Lebensqualität von Mensch, Tier und Natur." Wie stellt man sich diesen Umbau vor? Sieben Handlungsfelder wurden aus dem Strategieprozess abgeleitet, Zielsetzungen und potenzielle Maßnahmen für die Bauernschaft skizziert. 170 Instrumente wurden als tauglich identifiziert, um den Landwirten "neue Perspektiven" zu eröffnen, wie Totschnig betonte. Es ist eine lange Liste an Vorschlägen, die Eingang gefunden haben – nicht bis ins Detail ausgearbeitet, wie es im Bericht heißt.

Für die "Stärkung des agrarischen Unternehmertums" werden etwa steuerliche Verbesserungen zur Erleichterung etwa von überbetrieblicher Zusammenarbeit vorgeschlagen. Qualitätsprogramme für Lebensmittel – wie das AMA-Gütesiegel – sollen ausgebaut und die Landwirte zum Mitmachen bewogen werden. Ziel sei es, "natürliche Lebensmittel nachhaltig und klimafreundlich" zu produzieren. Hier kommt die bislang nicht durchgesetzte Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel "in sämtlichen Vermarktungsbereichen" inklusive der Gastronomie ins Spiel. Digitalisierung, Anreize für Ökosystemleistungen, Bildungsangebote, über vieles wurde nachgedacht. NGOs wie Global 2000 waren in den Prozess involviert und sind dennoch vom Ergebnis enttäuscht. Ökologische Fragen seien im Strategiepapier unterbelichtet, monieren sie. Bis zur Umsetzung ist aber ohnehin noch viel Zeit. Die Rede ist von einem Horizont von zehn Jahren, Totschnig will vor dem Sommer eine Umsetzungsgruppe einberufen.

Wohlweislich ausgespart wurde das Thema Nutztierhaltung. In Sachen Vollspaltenböden müssen etwa bald Nägel mit Köpfen gemacht werden. In wenigen Wochen geht der Nationalrat in die Sommerpause. (Regina Bruckner, 28.5.2024)