Während der Verleih von Sportgeräten von den erhöhten Freizeitausgaben profitiert, leiden weite Teile des Handels darunter. Fast jeder Zweite schraubt seine Ausgaben im Einzelhandel zurück, um den Urlaub zu finanzieren.
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Auf den ersten Blick wirkt es erfreulich, auf den zweiten ergibt sich ein getrübtes Bild: So in etwa lassen sich die Konsumlaune österreichischer Haushalte und ihre Auswirkungen im Handel beschreiben. Während die Konsumausgaben im Vorjahr um 2,8 Prozent stiegen, lagen sie preisbereinigt bei minus 4,5 Prozent. Angesichts 311 Insolvenzen allein im ersten Quartal 2024 steht Österreichs Handel damit weiter unter Druck. Und nicht nur das, auch chinesische Billig-Onlinehändler liefen stationären wie digitalen Händlern zusehends den Rang ab, warnten Handelsvertreter am Dienstag.

Nachdem es bereits 2022 einen realen Rückgang zu verkraften galt, setzt sich der negative Trend nun vorerst fort – und zieht sich durch fast alle Bereiche. Während es Lebensmittel- und Modeunternehmen nur moderat trifft, wird bei teuren Haushalts- und Gartenartikeln gespart, zeigt eine Analyse des Handelsverbands und des Beraternetzwerks Kreutzer Fischer & Partner. Positiv entwickelte sich hingegen der Sportgeräteverleih, der auf steigenden Tourismusausgaben fußt. "Das Konsumverhalten hat sich deutlich verlagert, weg vom klassischen Produktkauf hin zu Aktivitäten und Erlebnissen", erklärte Studienautor Andreas Kreutzer vor Journalisten.

Urlaub statt Shopping

Ein weiterer Trend hin zu Gütern des täglichen Bedarfs und weg von längerfristigen Investitionen sei zu beobachten. Weil Kosten für Wohnen und Energie die Geldbörse belasten, muss mit dem verbliebenen Budget besser gehaushaltet werden. Da hilft es wenig, dass auch die Preise für die übrigen Güter des täglichen Bedarfs stark stiegen. Der entsprechende Mikrowarenkorb der Statistik Austria etwa weist für 2023 einen Preisanstieg von elf Prozent aus. Die gesamte Teuerung lag bei 7,8 Prozent.

Einzig bei den Urlaubsausgaben schlägt sich dieser Umstand nicht nieder, seit der Pandemie herrscht ungebrochen Reiselust; dies auch zulasten des Handels. Um ihren Urlaub zu finanzieren, sparen 44 Prozent der Menschen bei Einkäufen im Einzelhandel, zeigte erst kürzlich eine Analyse der JKU Linz.

Sorgenfalten treiben Handelsvertretern zudem chinesische Billig-Onlinehändler auf die Stirn. Temu, Shein und Co setzten heimischen Händlern zu, beklagte etwa Handelsverband-Chef Rainer Will. Mittlerweile beträgt der Anteil des E-Commerce 12,1 Prozent an den gesamten Konsumausgaben im Einzelhandel, der jüngste Zuwachs sei aber fast gänzlich auf ausländische Plattformen zurückzuführen.

Mehr Pakete, geringerer Bestellwert

Ablesen lasse sich das anhand des Paketmarktes, pflichtete Studienautor Kreutzer bei. Demnach habe die Zahl der versandten Pakete bei sinkendem Bestellwert zugenommen. Es wird also billiger eingekauft als noch in den Jahren zuvor. Interessant dabei: Während die Durchschnittsbestellung 61,70 Euro ausmachte, lag der Wert bei den zusätzlichen 9,6 Millionen Paketen im Vorjahr bei nur 22,30 Euro. "Das entspricht genau dem wahrgenommenen Preisniveau der chinesischen Onlineplattformen."

Die Stimmung österreichischer Handelsunternehmen fällt entsprechend durchwachsen aus. 70 Prozent rechnen für heuer mit einem Gewinn oder zumindest stabilen Ergebnis, fast ein Drittel sorgt sich vor Verlusten, zeigt eine Handelsverband-Befragung. Für Hoffnungsschimmer sorgt neben der nachlassenden Teuerung die erwartete Zinssenkung der EZB. Und auch konjunkturell geht es langsam bergauf. Für heuer prognostiziert die Europäische Kommission Österreich ein Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent, für den Handel rechnet das Wifo mit einem realen Plus von 1,6 Prozent.

Dies käme neben Handelsunternehmen auch Beschäftigten zugute. Schließlich sind mehr als 700.000 Menschen im Handel angestellt, Einsparungsmöglichkeiten werden neben verringerten Investitionen vor allem im Personalabbau gesehen. Auf die Prognosen allein verlassen will man sich beim Handelsverband nicht, neben dem Wegfall der Zollfreigrenze von 150 Euro – über die auch auf EU-Ebene debattiert wird – fordert man einmal mehr eine Entlastung bei den Lohnnebenkosten. Ob dies schneller eintritt als der wirtschaftliche Aufschwung, ist aber jedenfalls fraglich. (Nicolas Dworak, 28.5.2024)