Untersuchungsausschüsse fördern eine Vielzahl von Chats zwischen Politikern, Unternehmern und Medienmachern an die Öffentlichkeit. Und so auch die jüngsten Anschauungsbeispiele, wie sich der damalige Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache 2018 um eine freundlichere Linie und FPÖ-freundlichere Besetzungen insbesondere bei der Krone bemühte. Der Unternehmer Siegfried Wolf versicherte Strache, er werde sich und seine Kontakte zum Herausgeber dafür verwenden.

Heinz-Christian Strache.
Ex-Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache.
Foto: EPA/FLORIAN WIESER

"Es fehlen Charaktermenschen"

Ein Treffen von Strache und seiner damaligen Frau mit Siegfried Wolf im April 2018, zu dem auch der Konzerneigentümer und Wolf-Vertraute Oleg Deripaska stoßen sollte, vereinbaren der Politiker und der Unternehmer mit großen, um die Menschheit und besonders Österreich besorgten Worten: "Es fehlen Charaktermenschen, welche Überzeugung und Positionen aus idealistischen Idealen heraus vertreten!"

Am Tag nach dem Treffen erinnert Strache Wolf schon: "Ersuche auch um die besprochene Medienunterstützung!" Gleich am Tag darauf beklagt er sich über die Krone bunt-Kolumne von Tassilo Wallentin, die Strache in der Nachricht als "Tiraden eines abgelehnten VfGH-Richterkandidaten, als Racheakt" abtut und eine Reihe von Inhalten der Kolumne als unrichtig. Wallentin wurde als Kandidat für den Verfassungsgerichtshof gehandelt, kam aber nicht zum Zug. Strache sagt dem Wiener Rechtsanwalt in der Nachricht einen "privaten Feldzug" und "haltlose Mutmaßungen" nach. Würde er diese fortsetzen können, wäre dies "nicht hilfreich", schreibt der damalige FPÖ-Chef und Vizekanzler dem Unternehmer.

"Heute mit Fellner und Dichand dein Thema besprochen"

Siegfried Wolf antwortet: "Lieber HC – ich habe heute mit W Fellner und C Dichand dein Thema besprochen!! Sigi". Wolfgang Fellner ist Herausgeber bei Österreich/Oe24, Christoph Dichand Herausgeber der Kronen Zeitung.

Im September 2018 beschwert sich Strache laut den Chats wieder bei Wolf: "Der Druck auf Krone-Journalisten bezüglich FPÖ-Storys steigt in der Krone leider. Die SPÖ interveniert da massiv. Die SPÖ urgiert auch in der Krone für einen SP-nahen Nachfolger für Claus Pandí, was aber mehr als absurd wäre. Die Krone sollte doch endlich eine ausgewogene, kontinuierlich neutral-positive Berichterstattung gegenüber der Regierung, sowohl gegenüber der VP als auch FP leben und nicht der SP stattgeben. Ich ersuche dich da, mit deinem Freund Christoph Dichand zu reden und darauf zu achten, dass nicht wieder ein SP-naher Journalist Nachfolger von Claus Pandí wird. Da geht es um Zukunftsentwicklung!"

Wolf antwortet ihm, er werde mit Dichand noch in derselben Woche reden. Pandí war Innenpolitikchef und wurde Chefredakteur der Krone in Salzburg. Strache schlägt in einer weiteren Nachricht Christoph Budin als "top" vor; Strache erklärt seinen Vorschlag mit seiner Interpretation, dass dieser "nicht SPÖ-lastig" sei und "positiv hinter der Regierung" stehe.

Heinz-Christian Strache auf dem Weg zum Wiener freiheitlichen Akademikerball.
Heinz-Christian Strache bat Unternehmer Siegfried Wolf 2018 laut Chats um Unterstützung bei "Krone"-Herausgeber Christoph Dichand.
APA Tobias Steinmaurer

"FPÖ bei Dichand unten durch"

Kurz darauf schreibt Strache noch im September 2018: "Krone mit neuer Linie zu uns: FPÖ bei Dichand unten durch – werden das bei Berichterstattung spüren. Dichand ist mit Weisung an Redaktionen herangetreten. Wir haben da leider ein echtes Problem."

Wolf verspricht, einen Termin zu vereinbaren, offenbar mit Dichand. Strache leitet Wolf eine Nachricht an Dichand weiter, in der er um ein Gespräch ersucht. O-Ton: "Mir fällt auf, dass die besprochene Kooperation zwischen Krone und uns leider nicht optimal verläuft – gute Geschichten abgedreht werden – und ich wollte dies mit Ihnen ausreden!" Dichand willigt laut Strache ein, und Strache lädt Wolf laut Chats dazu ein.

Endstation Ibiza

Der STANDARD fragte Krone-Herausgeber Christoph Dichand bereits vorige Woche, ob es 2018 eine "Kooperation" mit der FPÖ oder eine Weisung gegen die FPÖ an die Redaktion gab, ob es ein Treffen von Dichand, Wolf und Strache gab und was dabei vereinbart wurde. Die Anfrage blieb unbeantwortet.

Siegfried Wolfs Sprecher Joe Kalina gab auf STANDARD-Anfrage nur ein "kein Kommentar" ab. Heinz-Christian Strache wurde um Rückruf gebeten, sollte er noch Stellung nehmen, ergänzen wir den Artikel.

Spätestens im Mai 2019 endeten Straches Hoffnungen auf die Gunst der Krone mitsamt seinen Funktionen als Vizekanzler und FPÖ-Chef. Da wurde das Ibiza-Video mit seinen Fantasien von einer Übernahme der Krone mithilfe einer vermeintlichen russischen Oligarchin öffentlich bekannt. Im Video lobte er den damaligen krone.at-Chefredakteur Richard Schmitt, der bald nach Bekanntwerden die Krone verließ. Schmitt gründete seither das Onlinemedium Exxpress und plant nach eigenen Angaben, in diesem Sommer ein neues Medium zu starten.

Tassilo Wallentins "Krone bunt"-Kolumne endete mit seiner Kandidatur bei den Bundespräsidentenwahlen 2022, die Amtsinhaber Alexander Van der Bellen gewann. Christoph Budin leitet seit Jahresbeginn 2024 die Ressorts Chronik In- und Ausland sowie Gericht. Ressortleiter Innenpolitik wurde Rainer Nowak, zuvor "Presse"-Chefredakteur, der als Kolumnist der "Krone bunt" beim Kleinformat eingestiegen ist. (Harald Fidler, 29.5.2024)