FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl am 24. Mai 2024 auf seiner 'Mit Euch gegen das System'-Tour in Wien.
FPÖ-Chef Herbert Kickl am 24. Mai auf seiner "Mit euch gegen das System"-Tour in Wien.
APA/CHRISTIAN BRUNA

Seit bald drei Jahren steht Herbert Kickl nun schon an der Spitze der FPÖ. Er ist seit 19. Juni 2021 deren Parteichef. Die Plattform "Stoppt die Rechten" hat dies damals zum Anlass genommen, auf ihrer Website einen sogenannten "Einzelfallzähler" einzurichten. Der Begriff "Einzelfall" wurde lange Jahre – schon vor Kickls Obmannschaft – von Repräsentantinnen und Repräsentanten der FPÖ bemüht, wenn sie mit Fehlverhalten jeglicher Art konfrontiert wurden.

Dieses Wochenende zählt die Plattform, die der ehemalige Grünen-Parlamentarier Karl Öllinger mit seinem Team betreibt, den 100. Fall. DER STANDARD nimmt dies zum Anlass, um alle diese "Ausrutscher" blauer Funktionäre und Funktionärinnen auf allen Ebenen in ihrer Gesamtheit darzustellen. Über viele der Fälle, die hier aufgelistet sind, wurde in den vergangenen Jahren bereits berichtet, einige wenige werden hier zum ersten Mal erwähnt. DER STANDARD hat sich jeden Fall nochmals einzeln angesehen und gegebenenfalls bei den Behörden nach den Ermittlungsständen angefragt. Für alle Personen, die noch in eine gerichtsanhängige Causa verwickelt sind, gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung.

Einen Überblick über "Einzelfälle" seit Antritt der türkis-blauen Regierung im Jahr 2017 bis zum Platzen dieser Koalition im Mai 2019 finden Sie hier.

1 Das Nachrichtenmagazin Freilich bietet regelmäßig Personen aus der rechtsextremen Szene eine Plattform. Gegründet wurde das Magazin vom Grazer Ex-FPÖ-Gemeinderat Heinrich Sickl. Besonders präsent sind bei "Freilich" Aktivisten rund um den Rechtsextremisten Götz Kubitschek, der in Deutschland unter geheimdienstlicher Beobachtung steht. Die FPÖ schaltet bei Freilich nicht nur Werbung – FPÖ-Chef Herbert Kickl wurde auch schon von dem rechtsextremen Magazin interviewt.

2 Im Juli 2021 rief die rechtsextreme Identitäre Bewegung zu einer Demonstration gegen die Novelle des Symbolgesetzes auf – das Gesetz verbietet unter anderem das Zeigen von Symbolen der Hamas, aber auch Symbole der Identitären. Neben dem Identitären-Chef Martin Sellner war auch die Vorsitzende des Rings Freiheitlicher Jugend (RFJ) Wieden, Annarita Menegus, und eine Mitarbeiterin des FPÖ-Parlamentsklubs bei der Demo anwesend.

3 Im Sommer 2021 kam es in Afghanistan zur Machtergreifung der radikalislamischen Taliban. Die RFJ-Funktionärin Annarita Menegus bezeichnete auf ihren privaten Instagram-Account die Machtübernahme der Taliban als einen "Krieg der Befreiung".

4 Das rechtextreme Magazin Info Direkt lud am 28. August 2021 zum Leser- und Unterstützungstreffen bei Wels. Nationalratsabgeordnete Dagmar Belakowitsch, Bundesratsabgeordneter Johannes Hübner und RFJ-Funktionärin Annarita Menegus nahmen ebenso teil wie der Identitäre Martin Sellner und AfD-Vertreter, berichtete das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW).

5 2021 wurde die Wohnung des ehemaligen FPÖ-Nationalratsabgeordneten Hans-Jörg Jenewein wegen des Verdachts auf illegale Informationsflüsse aus dem Verfassungsschutz durchsucht. Wie im vergangenen April die Krone berichtete, befanden sich offenbar Bilder mit NS-Bezug auf dem Handy des früheren FPÖ-Sicherheitssprechers. Auf Anfrage heißt es von der Staatsanwaltschaft, dass keine Ermittlungen eingeleitet wurden.

6 Im Zuge der Grazer Gemeinderatswahl 2021 affichierte die FPÖ Graz im Vorfeld Plakate auch mit dem Slogan "Graz ist nicht eure Heimat" und einem Bild von Flüchtlingen. Unter anderem bescherte das Plakat dem damaligen Grazer Vizebürgermeister Mario Eustacchio eine Anzeige wegen des Verdachts auf Verhetzung. Ermittlungen wurden vonseiten der Staatsanwaltschaft aber nicht eingeleitet.

7 Die FPÖ-Landesräte Manfred Haimbuchner, Günther Steinkellner und Wolfgang Klinger inserierten um insgesamt 108.000 Euro im Rechts-außen-Magazin Wochenblick, das im September 2021 vor allem durch seine Corona-Desinformation auffiel. Das zeigt eine Anfragebeantwortung an den grünen Klubobmann im oberösterreichischen Landtag, Severin Mayr, die Oberösterreichischen Nachrichten und das Profil berichteten.

8 Das Magazin Info Direkt gilt als Zentralorgan des rechtsextremen Milieus. Zwischen 2020 und Ende September 2021 war in allen zehn Ausgaben mit Ausnahme von einem ein Inserat des FPÖ-Parlamentsklubs zu finden – oft auch mit dem Konterfei von FPÖ-Chef Herbert Kickl.

Nachtwürstelstand am Grazer Hauptplatz vor dem Rathaus.
Ein aufgezeichnetes Gespräch vom Nachtwürstelstand auf dem Grazer Hauptplatz vomApril 2024 wirbelt die steirische Finanzcausa noch weiter auf.
J.J. Kucek

9–16 Im Herbst 2021 wird einer der größten Finanzskandale einer Partei in der Geschichte der Zweiten Republik ruchbar. Nachdem ein Whistleblower die Ein- und Auszahlungen des Klubkontos der Grazer FPÖ an Medien schickt, zeigt sich der damalige Klubfinanzreferent Matthias Eder wegen Veruntreuung von rund 700.000 Euro selbst an – er will alle Schuld alleine auf sich nehmen. Ende Oktober treten Stadtrat Mario Eustacchio und Klubchef Armin Sippel zurück. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen rund 1,8 Millionen Euro gegen insgesamt zehn Beschuldigte, unter anderem wegen des Verdachtes des Betrugs, der Untreue und des Fördermissbrauchs, wegen Falschaussage und Beweismittelunterdrückung. Neben Eder, Eustacchio, Sippel und Ex-Gemeinderat Roland Lohr ist auch die Landesparteispitze beschuldigt: Landesparteichef Mario Kunasek, der Dritte Landtagspräsident Gerald Deutschmann, Landesgeschäftsführer Anton Kogler und Landesparteisekretär Stefan Hermann. Neu im Kreise der Beschuldigten ist ein ehemaliger Lokalpolitiker aus der Südsteiermark, wie der STANDARD am Freitag von der Staatsanwaltschaft erfuhr: Gegen ihn wird wegen Geldwäsche ermittelt. Gegen den ehemaligen Gemeinderat und Vermieter des Identitären-Zentrale in Graz, Heinrich Sickl, wurde das Verfahren hingegen kürzlich eingestellt. Ein ehemaliger Mitarbeiter von Sickl wurde zudem verurteilt. Eder wurde Mitte April nachts am Würstelstand aufgenommen, wie er plötzlich behauptete, doch nicht alleine an den Malversationen schuld gewesen zu sein.

Illustration: DER STANDARD/Armin Karner

17–18 Beschuldigt in einem Nebenstrang des Hauptverfahrens des Finanzskandals sind ebenfalls der Ende März 2024 von seinem Amt als Gemeinderat zurückgetretene Roland Lohr und ein ehemaliger Mitarbeiter von Mario Eustacchio wegen des Verdachtes auf NS-Wiederbetätigung. Bei beiden wurden im Zuge von Hausdurchsuchungen 2022, die Licht in die Finanzaffäre bringen sollten, auch NS-bezogene Dateien gefunden. Dieses Verfahren wurde gegen Lohr eingestellt, obwohl man bei ihm übelste Nazi-Literatur gefunden hatte. Man konnte ihm aber nicht nachweisen, diese auch verbreitet zu haben. Dafür wurden nun weitere Ermittlungen gegen Lohr wegen des Besitzes nach § 207a StGB (sexualbezogenes Kindesmissbrauchsmaterial und bildliche sexualbezogene Darstellungen minderjähriger Personen) aufgenommen.

19 Rund um den Mord des 13-jährigen Mädchens Leonie, die leblos in Wien-Donaustadt von Passanten gefunden wurde, schrieb FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz auf Facebook: "Zuwanderung tötet. Punkt." Er wurde wegen des Verdachts auf Verhetzung angezeigt. Die Staatsanwaltschaft Wien hatte daraufhin die Aufhebung von Schnedlitz' Immunität beantragt, die der Nationalrat infolgedessen auch beschlossen hatte. Die Ermittlungen wurden laut Staatsanwaltschaft aber eingestellt.

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Eine Corona-Demo in Wien am 20. November 2021. An den Demos nahmen neben Maßnahmenkritikerinnen und -kritikern auch immer wieder Rechtsextreme teil. Der Holocaust wurde wiederholt verharmlost, etwa durch Vergleiche von Opfern der NS-Diktatur mit der Unbill von Impfgegnern.
imago images/aal.photo

20 Der RFJ Burgenland rief im November 2021 gemeinsam mit den rechtsextremen Identitären zu einem Aufmarsch "gegen den Asylwahn" auf. Auch Personen aus dem Umfeld des Neonazis Gottfried Küssel nahmen an der Kundgebung in Deutschkreuz teil, wie Stoppt die Rechten berichtete.

21 In einem Interview mit der rechtsextremen Zeitschrift Info Direkt bezeichnete FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz pauschal alle Nationalratsabgeordnete als "Volksverräter". Konkret sagte er, dass er lieber bei den Leuten auf der Straße sei als bei den "Volksverrätern im Plenarsaal".

22 In einer Plenarsitzung des Bundesrats im November 2021 zog der FPÖ-Abgeordnete Andreas Spanring in Bezug auf die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung einige NS-Vergleiche. Den damaligen Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein kritisierte er harsch: Für Leute wie ihn sei laut Spanring der Nürnberger Kodex geschrieben worden – der Nürnberger Kodex entstand im Zuge der Nürnberger Ärzteprozesse gegen Mediziner des NS-Regimes.

23 Eine Rede vor der Universität Wien brachte einem Funktionär des FPÖ-nahen Rings Freiheitlicher Studenten eine 24 monatige teilbedingte Haftstrafe nach dem Verbotsgesetz ein. Unter anderem trauerte der Burschenschafter in seiner Rede um die "Opfer der Wehrmacht" und zitierte Passagen aus dem letztem Wehrmachtsbericht.

24 Der Salzburger FPÖ-Gemeinderat Robert Altbauer hat in einem Facebook-Posting die Corona-Maßnahmen mit den Schikanen der Nazis gegenüber Juden gleichgesetzt. Das DÖW hatte Anzeige erstattet. Die Ermittlungen wurden im Jänner 2022 eingestellt, wie die Salzburger Nachrichten berichten.

25 Ein Mitglied des RFJ nennt bei einer Demonstration in Vöcklabruck im November 2021 die Impfung von Kindern "einen faschistischen Zwang" und das größte Experiment in der Geschichte der Menschheit.

26 Im November 2021 hatte sich in der Szene der Corona-Maßnahmen-Gegner und Corona-Leugner die "Corona-Querfront" im Dunstkreis des Neonazis Gottfried Küssel gebildet. Die FPÖ hinderte Küssels Beitrag nicht daran, für "Querfront"-Demos auf ihrer Homepage zu werben.

27 Die FPÖ-Nationalratsabgeordnete Dagmar Belakowitsch behauptete im Dezember 2021 bei einer Corona-Demo in Wien fälschlicherweise, dass die Betten in den Spitälern nicht mehrheitlich mit Corona-Infizierten belegt seien, sondern mit Menschen, die aufgrund eines Impfschadens behandelt werden müssten.

28 Der ehemalige RFJ-Salzburg-Obmann Roman Möseneder kickt bei einer Demonstration im Dezember 2021 in Wien eine Rauchbombe in Richtung der Polizei. Er tritt daraufhin als RFJ-Chef zurück. Im April 2022 wurde Möseneder wegen grob fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 360 Euro verurteilt. Dem verletzten Polizisten musste der Angeklagte 300 Euro zahlen.

29 Eine Falschaussage der ehemaligen FPÖ-EU-Abgeordneten Barbara Kappel führte im Jänner 2022 am Wiener Landesgericht zu einer Diversion und Geldbuße von 2500 Euro. Kappel hatte angegeben, Ende 2018 von einem Geschäftsmann eine Geldspende entgegengenommen und an den damaligen Parteichef Heinz-Christian Strache weitergeleitet zu haben. Tatsächlich sei diese aber für den FPÖ-Abgeordneten Andreas Karlsböck bestimmt gewesen, gab sie zu.

30 Vorwürfe des mutmaßlichen Betrugs, der Untreue, der Dokumentenfälschungen, falscher Rechnungslegungen, der Bilanzfälschung, Einkommensteuerhinterziehung, illegaler Parteienfinanzierung und Korruption innerhalb der FPÖ Kärnten eines Whistleblower erreichen Anfang 2023 den STANDARD. Begleitet von einem Packen voller Unterlagen wie Rechnungen und Banküberweisungen. Ex-Landeschef und Nationalrat Christian Ragger weist alle Vorwürfe zurück und erklärt die Vorwürfe mit internen Streitigkeiten.

31 FPÖ-Generalsekretär und Nationalratsabgeordneter Michael Schnedlitz trägt am 26. Februar 2022 gemeinsam mit Identitären ein Banner bei einer Impfgegner-Demo in Gänserndorf. Auf einem Foto posiert er mit dem White-Power-Zeichen. Schnedlitz selbst nennt es wie auch seine Salzburger Kollegin Marlene Svazek Okay-Zeichen, das auch Taucher benutzen würden.

32 Stefan Magnet interviewte am 8. März 2022 FPÖ-Chef Herbert Kickl für sein Online-TV AUF 1. Das ehemalige Mitglied des Bundes freier Jugend (BfJ), den das DÖW als neonazistisch einstuft, lobte Kickl, als erster Politiker den Begriff vom "Great Reset" in die parlamentarische Debatte eingebracht zu haben.

33 Stefan Magnets Werbeagentur erhielt laut einer Anfragebeantwortung zwischen 2015 und 2022 140.492 Euro an öffentlichen Geldern – und zwar ausschließlich über Aufträge aus FPÖ-geführten Ressorts der oberösterreichischen Landesregierung. Diese Information gab Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) in der Beantwortung einer Anfrage des Neos-Landtagsabgeordneten Felix Eypeltauer im März 2022 bekannt.

34 Der Verfassungsgerichtshof stellte im März 2022 fest, dass der Lockdown für Ungeimpfte verfassungskonform war. Der Strohheimer FPÖ-Gemeinderat Andreas Dambachmair war damit nicht einverstanden und schrieb daraufhin in einer Telegram-Gruppe: "Auf in den Bürgerkrieg."

35 In einer Facebook-Gruppe, in der historische Fotos von Scheibbs geteilt wurden, war auf einem Bild ein Maibaum aus dem Jahr 1938 mit Hakenkreuz zu sehen. Der Wanger FPÖ-Gemeinderat Herbert Höllmüller sendete das Bild über Whatsapp an mehrere Parteikollegen. Nach Angaben Höllmüllers sei ihm nicht bewusst gewesen, dass ein Hakenkreuz auf dem Bild zu sehen war. Kritik gab es an Höllmüller auch parteiintern. Die Partei schloss ihn aus, sein Mandat behielt er als Parteiloser.

36 Im Februar 2022, als die heutige STANDARD-Redakteurin Sandra Schieder noch bei der Kronen Zeitung tätig war, warf FPÖ-Generalsekretär und Nationalratsabgeordneter Michael Schnedlitz unserer Kollegin per Aussendung die Verbreitung von "Fake News" vor. Schieder klagte, woraufhin die FPÖ einen außergerichtlichen Vergleich anbot und sich unter anderem im Mai 2022 öffentlich bei Schieder entschuldigen musste.

37 Die FPÖ musste im Juli 2022 vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) eine Niederlage hinnehmen. Gegenstand war das im Herbst 2018 auf FPÖ TV veröffentlichte "Ali-Video", das den E-Card-Missbrauch durch "Ali" und "Mustafa" zeigte. Der VfGH entschied, dass das Video diskriminierend und daher gesetzwidrig war.

38 Ein Leibwächter aus dem Umfeld von Neonazi Gottfried Küssel hat beim Wahlkampfauftakt in Wels im September 2022 für die Sicherheit von Kickl und Präsidentschaftskandidat Walter Rosenkranz gesorgt. Laut der FPÖ sei der Mann von einer Fremdfirma engagiert worden. Auch bei einer Veranstaltung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen am 6. September war der Mann im Einsatz.

39 Im September 2022 war ein Identitärer, der noch im Juli 2022 Journalistinnen und Journalisten vermummt bei einer Demo anpöbelte und an ihrer Arbeit hinderte, als Türsteher beim Parteitag der FPÖ beschäftigt.

40 Der steirische Bundesrat Markus Leinfellner äußerte sich im Bezug auf den Mord der 13-jährigen Leonie ähnlich wie FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz. Leinfellner hatte auf Facebook gepostet: "Zuwanderung tötet". Die Staatsanwaltschaft Graz beantragte seine Auslieferung im Nationalrat – dazu kam es aber nicht.

41 Der freiheitliche Politiker und Anwalt Christian Ragger trat im Jahr 2016 als Kärntner FPÖ-Parteichef zurück. Laut der Kleinen Zeitung soll Ragger für den Verzicht auf den Posten einen Rechtsberatungsauftrag für seine Kanzlei und ein Nationalratsmandat erhalten haben. Die Vereinbarung soll laut dem Bericht zwischen Ragger, seinem Nachfolger Gernot Darmann und dem damaligen FPÖ-Bundesparteichef Heinz-Christian Strache geschlossen worden sein.

Christian Hafenecker (FPÖ) am 15. Februar 2024, im Rahmen einer FPÖ Veranstaltung 'EU reformieren, reduzieren oder raus.' in Wien.
Christian Hafenecker (FPÖ) am 15. Februar im Rahmen einer FPÖ-Veranstaltung in Wien.
APA/MAX SLOVENCIK

42 Im September 2022 wurde durch Recherchen von STANDARD und Presse publik, dass die Staatsanwaltschaft Wien gegen den FPÖ-Nationalratsabgeordneten Christian Hafenecker Ermittlungen eingeleitet hatte. Und zwar wegen des Delikts der Datenfälschung, er soll sich nämlich gefälschte Covid-Test-Zertifikate besorgt haben. Vor wenigen Tagen bestätigte die Staatsanwaltschaft Wien auf STANDARD-Anfrage eine Anklage gegen Hafenecker in dieser Causa. Ein Strafantrag wurde Anfang April beim Bezirksgericht Purkersdorf eingebracht.

43 Die Jugendorganisation der FPÖ Wien sorgt im Oktober 2022 mit Sujets, die sie in sozialen Netzwerken veröffentlicht hatte, für Empörung. Dort zeigte sie sich als klare Unterstützerin der Antiabtreibungsdemonstration "Marsch fürs Leben" und beschriftete ein Foto der Veranstaltung mit dem Slogan: "Was Emily abtreibt, gebärt Aischa." Auf einem weiteren Sujet hießt es: "Abschiebungen statt Abtreibungen!" Die grüne Abgeordnete Faika El-Nagashi hat daraufhin Anzeige wegen Verhetzung eingebracht, Ermittlungen wurden allerdings keine aufgenommen.

44 Der Ossiacher Bürgermeister Gernot Prinz (FPÖ) lieferte sich 2022 im Rahmen des örtlichen Kirtags eine Schlägerei mit dem Sohn eines ÖVP-Lokalpolitikers. Auslöser war, dass die Person zuvor auf das Auto des Bürgermeisters urinierte. Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen schwerer Körperverletzung. Prinz bezahlte als Diversion eine Geldbuße. Zudem entdeckte die Polizei bei Prinz eine Waffe mit Schalldämpfer – Prinz hatte zwar eine Waffenbesitzkarte, wegen des Schalldämpfers war die Waffe aber illegal. Die Ermittlungen in puncto Waffe wurden aber eingestellt, denn der Schalldämpfer gehörte dem Vater des Bürgermeisters.

Illustration: DER STANDARD/Armin Karner

45 Die Welser FPÖ-Vizebürgermeisterin Christa Raggl-Mühlberger verliert eine Klage wegen Rufschädigung gegen die Sozialistische Jugend. Sie hat die Behauptung, die SJ habe sie und ihre Familie aus der Stadt gejagt, zu unterlassen. Auch die Berufung gegen das Urteil wurde abgewiesen.

46 FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz trat im November 2022 gemeinsam mit Rechtsradikalen, darunter Martin Rutter, Gesicht der Corona-Demos, bei einer Kundgebung gegen die Corona-Maßnahmen in Wien auf. Für Schlagzeilen sorgte vor wenigen Wochen auch, dass Rutters "Impfopfer"-Verein eine Förderzusage des Landes Niederösterreich bekam – finanziert aus dem umstrittenen Corona-Fonds.

47 FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz präsentierte einen von der Freiheitlichen Jugend erstellten "Remigrationsbericht". Außerdem stellte er eine Website vor, auf der ein Dashboard die aktuelle Zusammensetzung der Bevölkerung und die Bevölkerungsentwicklung im Kontext der Migration zeigt. Dort wird veranschaulicht, ab welchem Zeitpunkt die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung Migrationshintergrund hat. Laut Fachleuten sind die Berechnungen in vielerlei Hinsicht widersprüchlich, die zugrundeliegenden Annahmen problematisch und daher unseriös.

48 Im Jänner 2023 berichtet der STANDARD darüber, dass der FPÖ-Abgeordnete zum EU-Parlament Harald Vilimsky und der Klubchef der Wiener FPÖ Maximilian Krauss im Dezember 2022 in die USA gereist waren, um ein Meeting des rechtsextremistischen Netzwerks "New York Young Republican Club" zu besuchen. Dessen Chef, Chef Gavin Wax, erklärt dort der Linken wortwörtlich den "totalen Krieg", und die Republikanerin Marjorie Taylor Greene meinte, der Putschversuch vom 6. Jänner 2020 wäre, hätte ihn der Rechtsradikale Steve Bannon geleitet, "bewaffnet" und erfolgreich gewesen.

49 Auf der FPÖ-Liste für die niederösterreichische Landtagswahl 2023 standen einige Politikerinnen und Politiker, die in der Vergangenheit kaum Distanz zum Rechtsextremismus wahrten. Darunter auch Niederösterreichs FPÖ-Landeschef Udo Landbauer, der vor vielen Jahren für ein Liederbuch warb, in dem rassistische und antisemitische Aussagen zu lesen waren.

50 Der niederösterreichische FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl sorgte Anfang Februar 2023 mit einer rassistischen Aussage gegenüber jugendlichen Schülerinnen in der Talksendung Pro und Contra auf Puls 4 bundesweit für Entsetzen. Er wurde wegen Verhetzung angezeigt. Die Staatsanwaltschaft Wien ortet aber keinen Anfangsverdacht in der Causa.

Demo am 06. Februar 2023 am Reumannplatz in Wien. Die rassistischen Aussagen des niederösterreichischen FPÖ-Landesrats Gottfried Waldhäusl gegenüber einer Schülerinnen sorgte auch für Protest auf der Straße.
Demo am 6. Februar 2023 auf dem Reumannplatz in Wien. Die rassistischen Aussagen des niederösterreichischen FPÖ-Landesrats Gottfried Waldhäusl gegenüber Schülerinnen sorgten auch für Protest auf der Straße.
APA/TOBIAS STEINMAURER

51 Zwei Postings der Kärntner FPÖ-Jugend führten 2023 zu Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Verhetzung. Ein Posting zeigte einen Stacheldraht zum Weltflüchtlingstag, in einem zweiten Posting wurde im Wahlkampf der Stopp der "Slowenisierung" Kärntens gefordert. Die Ermittlungen wurden schließlich eingestellt. Das Posting mit dem "Slowenisierung"-Sager hatte für diplomatische Verstimmungen zwischen Österreich und Slowenien gesorgt.

52 In Tirol wurden am 3. März zwei Ex-Soldaten wegen Wiederbetätigung zu bedingten Haftstrafen von 18 und 14 Monaten verurteilt. Sie sollen in der Landecker Kaserne den Hitlergruß gezeigt und Soldatenlieder aus der NS-Zeit vorgespielt haben. Beide sind bei der blauen Bundesheergewerkschaft aktiv.

53 Der FPÖ-Gemeinderat Hans-Jürgen Mader verfasste einen Hasskommentar als Reaktion auf einen Klimaprotest. Unter einem Posting des Meidlinger FPÖ-Bezirksrats Wolfgang Reinold, bei dem die Protestgruppe "Omas gegen Rechts" erwähnt wird, schrieb Mader: "rampampam, fiats die Oide ..." – eine Anspielung auf einen Song der österreichischen rechten Rockgruppe Die Hinichen. Im Songtext heißt es: "Fiats die oide nieda, fiats die oide zamm. Wö ma eh scho so vü oide weiber hom."

54 Im April 2023 blasen Rechtsextreme von Gruppen wie den Identitären gemeinsam mit Mitgliedern der FPÖ-Jugend und Fundamentalkatholiken zum Marsch gegen eine Kinderbuchlesung einer Dragqueen in der Türkis Rosa Lila Villa in Wien. Die Polizei hält die Gruppen auseinander, sieht aber auf der Demo auch wiederholt tatenlos zu, wie Medienleute von Rechtsextremen angegriffen werden, und hindert die Medien auch aktiv an ihrer Arbeit.

55 In Budapest ging im Mai 2023 das Treffen der Conservative Political Action Conference (CPAC) über die Bühne. Auf der Liste der Teilnehmenden fand sich das internationale Who's who der Rechts-außen-Kräfte. Einer der Hauptredner war Ungarns nationalkonservativer Regierungschef Viktor Orbán. Persönlich nahmen seitens der FPÖ Generalsekretär Christian Hafenecker und der EU-Abgeordnete Harald Vilimsky teil. Parteichef Herbert Kickl hingegen sandte hingegen eine Videobotschaft in die ungarische Hauptstadt.

56 "Die Österreicher", Nachfolgeorganisation der Identitären, machten im Mai 2023 mit einer sogenannten "Remigrationstour" in zwölf oberösterreichischen Gemeinden Stimmung für mehr Abschiebungen. Zuvor unternahm bereits im Sommer 2022 die Freiheitliche Jugend Oberösterreich eine "Remigrationstour" durchs Bundesland.

57 Im Mai 2023 wurde durch einen Bericht des STANDARD publik, dass die Staatsanwaltschaft Wien gegen den Akademikerball-Chef und Wiener FPÖ-Landtagsabgeordneten Udo Guggenbichler ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Wiederbetätigung eingeleitet hatte. Im Oktober 2023 wurden die Ermittlungen eingestellt, weil sich der Verdacht nicht erhärtet hat.

58 Ein hochrangiger Ex-FPÖ-Politiker soll sich ein gefälschtes Impfzertifikat besorgt haben – das wurde durch einen Prozess wegen falscher Impfbestätigungen öffentlich.

59 Fast schon traditionell findet jährlich am Tag der Regenbogenparade auch der "Marsch für die Familie" in Wien statt, so auch im Juni 2023. Während es bei der Parade um die Gleichberechtigung der homo-, bi-, trans- und intersexuellen Personen geht, wird beim Familienmarsch – bei dem hauptsächlich Abtreibungsgegner, Fundamental-Christen und Rechte mitmarschieren – unter anderem das traditionelle Bild von Ehe nur zwischen Mann und Frau hochgehalten. Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Gegenkundgebung befinden sich jedes Jahr auch Vertreterinnen und Funktionäre der FPÖ.

60 Im Sommer 2023 wird bekannt, dass ein FPÖ-Mitglied und Burschenschafter (der mittlerweile von seiner Verbindung ausgeschlossen wurde) in U-Haft sitzt, weil er selbst die Droge Crystal Meth in einem Privatlabor gekocht haben soll. Besonders brisant: Er ist auch eng mit einem hochrangigen FPÖ-Politiker verwandt, mit dem er auch beruflich verbunden ist. Zudem deckt der STANDARD auf, das der Mann selbst bei der FPÖ war. Diesen April saßen der teilgeständige "Breaking-Bad-Burschenschafter" und sein Komplize auch wegen des Verdachts des schweren sexuellen Missbrauchs vor Gericht. Die Verhandlung ist auf 21. Juni 2024 vertagt.

61 Die Wiener FPÖ ließ die Buchhaltung mehrerer Jahre aus der jüngeren Vergangenheit vernichten. Das hat die Wiener FPÖ-Politikerin Ulrike Nittmann im August 2022 bei einer Zeugeneinvernahme zur Spesenaffäre vor der Staatsanwaltschaft Wien ausgesagt. Aufgehoben wurden nur jene Papiere, die im Zusammenhang mit Strache stehen und diesen in der Spesencausa möglicherweise belasten könnten. Enthüllt wurde die legale, aber unübliche Schredderaktion von STANDARD und Spiegel.

62 Der Spitzenkandidat der FPÖ Salzburg, Paul Dürnberger, wird bereits kurz nach seiner Ernennung im September 2023 zum Rücktritt aufgefordert. Denn Dürnberger marschierte bei einer Identitären-Demo in Wien im Juli 2023 mit und trug auch eine gelbe Fahne.

63 Der ehemalige FPÖ-Nationalrats- und Bundesratsabgeordnete Johannes Hübner beteiligt sich im August an einer Podiumsdiskussion von Info-Direkt in Rottenbach im Innviertel. Auf dem Podium sitzt auch der Identitäre Martin Sellner, wie die Krone berichtete.

64 Im August 2023 erscheint ein "Werbevideo" der Freiheitlichen Jugend, das in Bildsprache und Text voll von neonazistischen und nationalsozialistischen Anspielungen ist. Außerdem werden Bücher faschistischer Autoren als Leseempfehlung eingeblendet und Medien und wissenschaftliche Institutionen als feindlich skizziert. Eine Trachtenkapelle wehrt sich gegen die Vereinnahmung in dem Video. Wenn im Off von Zukunft die Rede ist, sieht man die Jung-Blauen auf dem Heldenplatz auf jenen Altan starren, auf dem einst Hitler sprach. Im Video tauchen auch Mitglieder der Identitären und Landeshauptfrau-Vize Niederösterreich, Udo Landbauer, auf. Nach Empörung aller anderen Parlamentsfraktionen und einer Anzeige wird das Video von allen blauen Kanälen gelöscht.

65 Das Freiheitliche Bildungsinstitut (FBI) bildet mit breitem Programm den Nachwuchs der Partei aus. Als Referenten treten dort auch regelmäßig Rechtsextreme auf, das berichtete im Juli 2023 das Profil.

66 Rund 100 Demonstrantinnen und Demonstranten marschierten im September 2023 – drei Tage vor Beginn des Prozess gegen Schauspieler Florian Teichtmeister, der wegen des Besitzes und der Herstellung von Kindermissbrauchsdarstellungen schuldig gesprochen wurde – mit Galgen durch die Heimatstadt seiner Mutter. Organisator der Demo war der Corona-Leugner Martin Rutter. Mitmarschiert war auch FPÖ-Stadtrat David Glinserer.

67 Das Land Oberösterreich ehrt seit Jahren von der Freiheitlichen Jugend vorgeschlagene Menschen für ihre Verdienste an der Jugend – im September 2023 den Welser FPÖ-Stadtrat Ralph Schäfer, der 2015 mit seinen Freunden eine Bürgerwehr gegründet haben soll. Gegen ihn wurde als Teenager bereits wegen eines rechtsextremen Graffiti wegen Wiederbetätigung ermittelt, wie die OÖN berichteten. Das Verfahren wurde mit einem außergerichtlichen Tatausgleich erledigt.

68 Der Herbst war im September 2023 kaum ins Land gezogen, da kündigte die FPÖ auch schon ihre "Herbstoffensive" an, in deren Rahmen die Partei gegen den ihrer Ansicht nach verstärkt grassierenden Linksextremismus ankämpfen will. Mobil machte die FPÖ in diesem Zusammenhang einmal mehr auch gegen das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW). Generalsekretär Christian Hafenecker bezeichnete es etwa als "unglaublich", dass die türkis-grüne Regierung das DÖW mit der Erstellung des Rechtsextremismusberichts beauftragt hat.

69 Mit einem "bunt durchgemischten" Line-up wollte das Lake-Rock-Festival im September 2023 tausende Musikfans ins Salzburger Messezentrum locken. Dabei standen mit Frei.Wild und KrawallBrüder auch zwei umstrittene "Grauzonen"-Bands auf dem Programm, denen Verbindungen zu Rechtsextremen vorgeworfen werden. Für Norbert Dankl, FPÖ-Gemeinderat und Veranstalter des Lake-Rock-Festivals, ist das rechte Image der beiden Bands nicht nachvollziehbar. Die Band Weimar hingegen strich Dankl wieder vom Line-up. Der Grund dafür war, dass Mitglieder der Band engste Verbindungen in die deutsche Neonaziszene haben sollen und vom Staatsschutz beobachtet werden.

70 Im September 2023 hatte eine Reise früherer FPÖ-Politiker zu den terroristischen Taliban für Empörung gesorgt. Die ehemaligen FP-Abgeordneten Andreas Mölzer und Johannes Hübner hatten sich damals nach Afghanistan begeben, um hochrangige Vertreter der Taliban zu treffen. Sie hatten den Trip unternommen, um sich für die Freilassung eines gefangenengenommenen österreichischen Rechtsextremisten einzusetzen. Im Februar 2024 hatte die Regierung schließlich dessen Freilassung erreicht.

71 Beim FPÖ-Oktoberfest im steirischen Hartberg war ORF-Satiriker Peter Klien ein unerwünschter Gast in den Augen der Freiheitlichen: Klien, der einen Beitrag für die TV-Sendung Gute Nacht Österreich drehte und sich Parteichef Herbert Kickl annähern wollte, wurde von einem Security-Bediensteten in den Schwitzkasten genommen und schließlich weggezerrt. Die FPÖ spielte den Vorfall herunter, der ORF und Politikerinnen und Politiker reagierten mit scharfer Kritik.

72 Walter Rauch, der frühere Stellvertreter des sterischen FPÖ-Chefs Mario Kunasek, tritt von dieser Funktion zurück – kurz danach geht eine anonyme Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen ihn ein. Er werde sich "privat beruflich verändern", sagt Rauch dem STANDARD. Laut der Anzeige soll Rauch aber aufgrund eines Misstrauensantrags in Zusammenhang mit veruntreuten Parteigeldern zurückgetreten sein. Es gilt auch hier wie überall die Unschuldsvermutung.

73 Der Ex-Nationalratsabgeordnete Christian Höbart (FPÖ) wurde 2023 wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses zu zwölf Monaten bedingter Haft verurteilt. Er verriet Insider-Infos aus dem Gemeinderat bezüglich einer geplanten Änderung des Flächenwidmungs- bzw. Bebauungsplanes an einen Liegenschaftseigentümer. Ob das Urteil bereits rechtskräftig ist, blieb auf STANDARD-Anfrage offen.

74 Im Oktober 2023 wurde im Bezirk Krems eine 39-jährige Frau getötet. Nach einer großangelegten Fahndung der Polizei wurde der mutmaßliche Täter tot aufgefunden. Die FPÖ bestätigte die Parteimitgliedschaft des Verstorbenen und sprach von einer "menschlichen Tragödie". Darüber hinausgehende Zusammenhänge mit der FPÖ zu konstruieren sei laut den Freiheitlichen aber "menschenverachtend". In der niederösterreichischen FPÖ hatte der Mann Karriere gemacht, auf Facebook postete er gegen "Links-Woken Frauenhass" und nannte die Umweltministerin Leonore Gewessler eine "Faschistin".

75 Wie DER STANDARD enthüllte, wird gegen den einstigen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und den langjährigen Wiener Parteiobmann Hilmar Kabas ermittelt, weil mit Parteigeldern Lebens- beziehungsweise Rentenversicherungen zu ihren Gunsten abgeschlossen worden sein sollen. In Summe geht es um einen Millionenbetrag. Die Ermittlungen wegen Untreue laufen nach wie vor.

76 Ein 22-jähriger Mann, der Mitglied des Rings Freiheitlicher Jugend und der Identitären und deren Nachfolgeorganisationen ist, wurde im November 2023 in Graz wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt.

77 Der Kärntner FPÖ-Landesparteiobmann Erwin Angerer war im November 2023 auf der sogenannten Heimat-Tour von Bundesparteichef Herbert Kickl unterwegs und sagte dort öffentlich und wörtlich, er wolle die SPÖ-Gesundheitslandesrätin Beate Prettner "herprügeln".

78 Der burgenländische FPÖ-Klubobmann Johann Tschürtz verlas im November 2023 während einer Landtagssitzung in einer Rede zum Asylstopp die migrantisch klingenden Namen von 21 Kindern. Die Grünen erstatteten Anzeige wegen Verhetzung. Die Staatsanwaltschaft Burgenland hat in dem Fall kein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

79 Bei der letzten Station seiner Heimattour skizzierte Herbert Kickl im November 2023 in Seekirchen bei Salzburg ein Land unter freiheitlicher Führung: "Es wird Rauschen, und es wird Verletzungen und Verwundungen geben", prophezeite Kickl. Der STANDARD berichtete.

80 Zwei Auftritte des rechten deutschen Verlegers und Publizisten Götz Kubitschek haben im November 2023 für Proteste und Kritik gesorgt. Kubitschek war vom Ring Freiheitlicher Studenten zu einer Podiumsdiskussion in der Uni Wien eingeladen worden. Die Hochschule untersagte diese allerdings, daraufhin wurde der Auftritt in den öffentlichen Raum verlegt, nämlich auf die Stiegen vor der Uni. Am selben Tag trat Kubitschek dann noch in den Klubräumlichkeiten der FPÖ bei einer nicht medienöffentlichen Veranstaltung auf.

81 Wie Stoppt die Rechten im November 2023 enthüllte, stand der Mauthausener FPÖ-Gemeinderat Sascha Grünsteidl 2017 auf einer Liste des Verfassungsschutzes. 400 Personen wurden aufgelistet, die an die Identitären Geld überwiesen hatten oder sogar Mitglied gewesen waren. Der Gemeinderat wurde vom Land Oberösterreich auch für seine Verdienste für die Jugend geehrt.

82 Gegen den Salzburger FPÖ-Landtagsabgeordnete Dominic Maier wird seit Dezember 2023 wegen Verhetzung ermittelt, bestätigt die Staatsanwaltschaft Salzburg. Maier soll Klimaaktivistinnen diffamiert haben. Die Letzte Generation brachte das zur Anzeige. Nachdem seine Immunität vom Landtag aufgehoben wurde, wird ermittelt.

83 Das weit rechts stehende Wochenblatt Zur Zeit hat sich wiederholt um Abokäufe und Inserate der FPÖ und deren Landesorganisationen bemüht und im Gegenzug etwa abgesprochene Texte und nach Wunsch mutierte Titelblätter angeboten. Das geht aus Unterlagen hervor, die dem Falter zugespielt wurden und die dieser im Dezember 2023 publizierte. Zur Zeit-Herausgeber Andreas Mölzer wies den Vorwurf journalistischer Käuflichkeit gegenüber der Wochenzeitung "entschieden zurück".

84 Ein ehemaliger Vorarlberger FPÖ-Bürgermeister und Landtagsabgeordnete musste sich im Mai 2024 wegen Untreue und Amtsmissbrauchs vor dem Landesgericht Feldkirch verantworten. Bereits 2021 ortete der Landesrechnungshof Misswirtschaft in der Gemeindeverwaltung mit einem Schaden von über 200.000 Euro. Der Prozess wurde auf 2. Juli vertagt.

85 Desinformation und russische Propaganda beschäftigen das Bundesheer. Schon länger sorgt eine kleine Gruppe freiheitlicher Soldaten für Aufmerksamkeit, die intern auch als "Putins fünfte Kolonne im Bundesheer" bezeichnet wird, berichtet der STANDARD-Watchblog. Ein zweifelhafter Ruf, den sie ihren Postings und Aussagen zum Ukrainekrieg verdankt. Auch freiheitliche Personalvertreter werden ihr zugerechnet.

86 Ein burgenländischer Ersatzgemeinderat wurde nach dem Verbotsgesetz zu zehn Monaten bedingter Haft und 4500 Euro Geldstraße verurteilt. Er legte nach dem Prozess seine Funktion nieder, wie die Krone berichtete.

87 Neben dem Fahnenträger der Identitären, Paul Dürnberger, zieht ein weiterer FPÖ-Politiker, der bereits mit Einzelfällen auffiel, in den Salzburger Gemeinderat ein. Gemeinderat Erwin Enzinger postete 2015 ein Sturmgewehr und sprach von einem Samstagseinkauf.

88 Michael Oberlechner kandidierte im April 2024 auf der Liste der Freiheitlichen Arbeitnehmer als Spitzenkandidat für die Arbeiterkammer-Wahl in Wien. Der Bezirksparteiobmann der FPÖ Ottakring und Arbeitnehmersprecher der FPÖ Wien sorgte bereits in Jugendtagen für Empörung, auch innerparteilich. Im Jahr 2005 sollen er und drei seiner Begleiter im Autobus zum FPÖ-Bundesparteitag in Salzburg, wo am nächsten Tag Heinz-Christian Strache erstmals zum FPÖ-Chef gewählt wurde, das Horst-Wessel-Lied, die in Österreich verbotene Parteihymne der NSDAP, angestimmt haben, berichtet der Falter.

89 Wie DER STANDARD im März 2024 berichtete, kursierte im Jahr 2018 im damals blau-geführten Verkehrsministerium eine prorussische Imagekampagne. Der Generalsekretär von Minister Norbert Hofer beschäftigte sich mit dem Konzept, wie man Russlands Beliebtheit steigern könne. Das Dokument sei im Auftrag des österreichisch-russischen Geschäftsrats entstanden, sagte der Geschäftsführer jener Agentur, die dieses entworfen hat, zum STANDARD. Wie das Konzept ins Verkehrsministerium gelangt war, konnte sich dieser nicht erklären.

90 Der Rechtsanwalt und FPÖ-Nationalratsabgeordnete Christian Ragger soll laut Kleiner Zeitung zwischen 2021 und 2023 zehn Rechnungen an die Klagenfurter Flughafen Gesellschaft geschickt und für seine anwaltlichen Tätigkeiten 155.000 Euro, darunter auch Steuergeld, bekommen haben.

Illustration: DER STANDARD/Armin Karner

91 Neu ausgewertete Chats des einstigen FPÖ-Chefs und Vizekanzlers, die dem STANDARD vorliegen, enthüllen im April 2024 brisante medienpolitische Planungen, während der türkis-blauen Koalition – vor allem in Bezug auf den ORF. Ein Auszug: ORF 1 abdrehen, weg mit dem Management und den Landesstudios, FM4 abschaffen, die ORF-Gebühr auch. Dazu rechneten sich die Freiheitlichen Chancen aus, Vertraute im ORF zu fördern – und kritische Journalisten abzusägen.

92 In Steinhaus bei Wels sind laut dem Landesrechnungshof seit 15 Jahren keine Wasser- und Kanalgebühren eingehoben und Kindergarten ohne Finanzierungszusage ausgebaut worden. Der für Gemeindeaufsicht zuständige Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner (FPÖ) hatte für seine blaue Heimatgemeinde ein Gutachten in Auftrag gegeben. Der FPÖ-Bürgermeister Harald Piritsch (FPÖ) wurde im Jahr 2012 bereits wegen Amtsmissbrauchs verurteilt. 2019 stand erneut vor Gericht, wurde aber freigesprochen.

93 In Sirnitz (Kärnten) fand im April eine gemeinsame Veranstaltung des Freiheitlichen Akademikerverbands Steiermark und des rechtsextremen Vereins "Institut für Staatspolitik" statt, berichtete das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Unter anderem waren Rechtsextreme wie Götz Kubitschek zu Gast.

94 Bereits zum dritten Mal innerhalb eines Jahres wurde der steirische FPÖ-Landesparteiobmann Mario Kunasek vom Landtag ausgeliefert. Diesmal wurde neben Kunaseks Immunität auch jene von Landesparteisekretär Stefan Hermann aufgehoben – und erstmals gegen die Stimmen der FPÖ. Der Grazer KFG-Klubchef und von Kunasek aus der FPÖ geworfene Alexis Pascuttini wirft Kunasek und Hermann die Delikte der gefährlichen Drohung und Nötigung vor. Beide streiten dies vehement ab.

95 Der stellvertretende Landesvorsitzende der AUF/AFH Steiermark (Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger und Freiheitlicher / Arbeitsgemeinschaft Freiheitlicher Heeresangehöriger) Reinhard Stradner teilte auf Facebook neonazistische Narrative zu den Rheinwiesenlagern, nannte den Oberbefehlshaber, Bundespräsident Alexander Van der Bellen, einen "Pfosten" und verlinkte zu einem Artikel des Neonazi-Musikers Frank Rennicke. Vom STANDARD mit seinen Aktivitäten auf der Social-Media-Plattform konfrontiert, meinte Stradner, er mache das "als Privatperson".

96 Herbert Kickl hält am 1. Mai im Bierzelt am Urfahranermarkt in Linz eine Rede. Ein ARD-Redakteur wird von zwei Besuchern angepöbelt, nachdem der blaue EU-Abgeordnete Harald Vilimsky von den „deutschen Propagandasendern ARD und ZDF" sprach. Einer der Männer kann sich auf einer Bierbank stehend einen Hitler-Gruß, begleitet von Österreich-Rufen, nicht verkneifen, wie die Bezirksblätter berichten.

97 Die Niederösterreichischen Nachrichten berichteten im November 2023 über einen Vorfall am Neunkirchner Gymnasium, wo ein Lehrer aufgrund antisemitischer Äußerungen suspendiert worden sein soll. Der Gloggnitzer FPÖ-Gemeinderat Thomas Hardteck postete daraufhin auf Facebook: "Hat er die Wahrheit gesagt, und schon sind die Gutmenschen böse." Zuvor fiel Hardteck bereits mit Kommentaren auf. Unter anderem bezeichnete er im Jahr 2022 Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in einem Kommentar als "Bums-Dame".

98 Der steirische Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ) sprach im Mai bei einer Schulveranstaltung davon, dass "Menschen, die Schweinefleisch essen, weniger dazu neigen würden, sich in die Luft zu sprengen". Infolgedessen kam es zu heftiger Kritik an Leinfellner – die FPÖ sprach von einer "künstlichen Empörung", die "völlig lächerlich" sei.

Matthias Helferich in der 20. Sitzung des Deutschen Bundestags im Reichstagsgebäude.
IMAGO/Future Image

99 Der AfD-Mann, der selbst der AfD zu rechtsextrem ist, unter anderem weil er sich selbst in Chats als "das freundliche Gesicht des NS" (Nationalsozialismus, Anm.) bezeichnete und das öffentlich wurde, sollte in Wien als Gastredner bei der Burschenschaft Aldania auftreten: Bundestagsabgeordneter Matthias Helferich – DER STANDARD berichtete. Das wurde bekannt, weil Stoppt die Rechten eine Einladung zum 130. Stiftungsfest der Wiener Burschenschaft, in der die Spitze der Wiener FPÖ sitzt, zugespielt worden war. Das Hotel, in dem der Festkommers hätte stattfinden sollen, stornierte nach Medienberichten die Buchung der pflichtschlagenden Rechtsextremen.

100 Ein steirischer FPÖ-Gemeinderat aus dem Bezirk Voitsberg präsentiert auf Facebook ganz ungeniert seine Gesinnung. Dabei sind pseudolustige Memes wie jenes mit dem Bild von Panzern aus dem Zweiten Weltkrieg und der Textauszug "Wer gewann die erste Tour de France? Die 7. deutsche Panzerdivision" lange nicht alles. Der Mann zeigt auch seine einschlägigen T-Shirts und Tattoos auf Facebook, immer wiederkehrend auch bei Neonazis beliebte Gewaltmotive und zudem abstoßende sexualisierte Darstellungen. Stoppt die Rechten berichtete hier über den 100. Fall. (Stefanie Ruep, Sandra Schieder, Colette M. Schmidt, Max Stepan, 1.6.2024)