OMV-Headquarter in Wien
Blick auf den Hauptsitz der OMV in Wien. 10,8 Millionen Euro habe man im Vorjahr an Nettomiete gezahlt, gab das Management bekannt.
Heribert Corn

Begleitet von Protestaktionen der globalisierungskritischen Attac und diverser Umweltgruppen hat OMV-Chef Alfred Stern am Dienstag bei der Hauptversammlung in Wien unmissverständlich das Festhalten des Konzerns an Öl und Gas betont. Beide Energieträger würden noch viele Jahre benötigt. Unbeschadet dessen werde an der Transformation der OMV gearbeitet, die Schritt für Schritt in ein führendes, integriertes Unternehmen für nachhaltige Kraftstoffe (E-Fuels), Chemikalien und Materialien übergeführt werden soll.

An einen Ausstieg aus den bis 2040 laufenden Gaslieferverträgen mit Russland denkt Stern nicht. "Die OMV hält sich an geltendes Recht. Dazu zählen gesetzliche Rahmenbedingungen, Sanktionen, Embargos, aber auch bestehende Verträge", sagte Stern vor den versammelten Aktionären und Aktionärinnen. Da es weder in Österreich noch irgendwo sonst in der EU Sanktionen gegen russisches Gas gebe, "ist die OMV unserer Einschätzung nach verpflichtet, den gültigen Liefervertrag mit Gazprom, der sogenannte Take-or-pay-Verpflichtungen enthält, einzuhalten". Das gelte grundsätzlich auch dann, wenn die OMV nicht immer zuverlässig mit Gas beliefert werde und wesentliche Risiken rund um die russischen Gaslieferungen bestünden.

Querschuss gegen Ministerin

Damit erteilt die OMV-Führung dem Ansinnen von Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) eine Absage, die lieber heute als morgen den Abschied der OMV von russischem Gas sehen würde. Eine beim Wirtschaftsforschungsinstitut in Auftrag gegebene Studie soll bis Sommer klären, welche volkswirtschaftlichen Auswirkungen ein Komplettausstieg aus russischem Gas hätte. Einen Ausstieg aus russischem Gas könnte nach Ansicht von Experten nur per Gesetz, ein EU-weites Embargo oder indirekt über einen Durchleitungsstopp für Lieferungen aus Sibirien durch die Ukraine erfolgen.

Letzteres könnte Ende 2024 der Fall sein, wenn der Transitvertrag zwischen der ukrainischen Naftogas und Gazprom Export ausläuft. Zuletzt mehrten sich die Stimmen, dass auch niemand anderer anstelle von Naftogas russisches Gas nach Baumgarten an der österreichisch-slowakischen Grenze bringen dürfte. CEO Stern und der für den Bereich Energie zuständige Vorstandsdirektor Berislav Gaso betonten, dass Vorkehrungen getroffen worden seien, OMV-Kunden von einem Tag auf den anderen mit Gas aus nichtrussischen Quellen versorgen zu können.

Protestaktion gegen die OMV am Rande der Hauptversammlung in Wien
Schon vor Beginn der OMV-Hauptversammlung machten Aktivisten und Aktivistinnen von Attac und diversen Umweltgruppen auf ihre Anliegen aufmerksam. "Saubere Energie für alle statt Profite für wenige" war eine der Parolen.
Günther Strobl

Gaso verwies auf die Eigenproduktionskapazität in Norwegen, wo die OMV an fünf Öl- und Gasfeldern beteiligt ist. 2023 habe man vor der Küste Norwegens rund 26 Terawattstunden (TWh) selbst produziert und weitere 21,9 TWh importiert. Zum Vergleich: Österreich benötigte im Schnitt der vergangenen Jahre zwischen 80 und 90 TWh Gas pro Jahr.

Zusätzliches Gas könne bei Bedarf über Italien und Deutschland nach Österreich geschafft werden, sagte Gaso. Dabei spiele der LNG-Terminal Gate in Rotterdam, an dem die OMV beteiligt ist, eine zentrale Rolle. Dort können LNG-Tanker aus der ganzen Welt andocken und Gas in die von dort weggehenden Pipelines einspeisen. Die Kapazität beträgt 36 TWh. 2023 war der Gate-Terminal nach Angaben von OMV-Vorstand Gaso in Beantwortung einer entsprechenden Aktionärsanfrage zu 95 Prozent ausgelastet.

Süßer Nachtisch

Nichts Neues konnte oder wollte das OMV-Management zu der geplanten Zusammenlegung der OMV-Kunststofftochter Borealis mit Borouge, einem Joint Venture von OMV und Adnoc aus den Emiraten, sagen. "Wir befinden uns weiter in ergebnisoffenen Verhandlungen mit Adnoc", sagte die zuständige Vorstandsdirektorin Daniela Vlad.

Zu dem Zeitpunkt hatte die Mehrzahl der Aktionäre und Aktionärinnen das Mittagsbuffet längst gestürmt, wo es wahlweise Hühnerbrust mit saisonalem Gemüse und Kartoffeln bzw. Tortellini mit Pilzen, brauner Butter, Liebstöckl und Grana gab, plus Sacher-Schnitte zum Nachtisch. Die Gewinnausschüttung in Höhe von 5,05 Euro je Aktie inklusive einer Sonderdividende von 2,10 Euro nahmen sie dann noch gerne mit. (Günther Strobl, 28.5.2024)