Zu Beginn der Corona-Pandemie waren Datingapp-Anbieter der Renner unter Investoren. Vielerorts galten Ausgangsbeschränkungen oder zumindest eindrückliche Empfehlungen für Social Distancing. Ein Umstand, dank dem sich nicht nur viel Büroarbeit und Schulbildung, sondern auch die Partnersuche in den digitalen Raum verlagerte. Eine dauerhafte Veränderung wurde daraus aber offenbar nicht. Seit Ende 2021 sind die Aktienkurse des Branchenplatzhirsches Match Group (unter anderem Tinder, OkCupid, Hinge) und Bumble um über 80 Prozent abgesackt.

Die Betreiber plagen mehrere Probleme, eines davon aber besonders stark. Junge Frauen sind immer weniger an ihren Verkupplungsplattformen interessiert. Ein Umstand, der da Potenzial hat, zum Teufelskreis zu werden. Dementsprechend will man eine Reihe von Gegenmaßnahmen setzen.

Geschlechterunterschied bei Jüngeren besonders groß

Eine vom Marktforschungsunternehmen Mintel durchgeführte Umfrage in Großbritannien zeigt, dass zwar 47 Prozent aller Männer zwischen 18 und 34 Jahren im vergangenen Jahr eine Datingseite oder -app genutzt haben, allerdings nur 25 Prozent der Frauen. In anderen Altersgruppen gibt es zwar ebenfalls einen klaren Unterschied, der aber weniger groß ausfällt.

Junge Frauen gelten als die wichtigste Nutzergruppe für Datingapps, verwenden diese aber immer seltener.
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Die Entwicklung verschärft ein Problem der meisten Datingangebote. Sie weisen bei den Nutzerzahlen einen massiven Männerüberhang auf. Das führt auf der einen Seite zu Frust durch viele Ablehnungen und auf der anderen zu Überforderung. "Ein großer Geschlechterunterschied bedeutet, dass es schwieriger ist für Männer, Matches zu finden und führt in weiterer Folge dazu, dass Frauen mit Anfragen bombardiert werden, was die Erfahrung für alle schlechter macht", erklärt Rebecca McGrath von Mintel gegenüber der Financial Times. Hinzu gesellen sich unliebsame Erfahrungen, reichend vom ungebetenen Versand anzüglicher Bilder bis hin zu Drohungen und Stalking, die hauptsächlich Userinnen betreffen.

Dementsprechend bemüht zeigen sich die Datingplattformen nun, um Frauen der Generation Z wieder als Nutzerinnen zu rekrutieren. Nicht immer erweist man sich allerdings als besonders geschickt. "Du sollst nicht dem Onlinedating entsagen und eine Nonne werden" und "Ein Zölibat ist nicht die Antwort", hieß es etwa auf Sujets von Bumble. Diese wurden allerdings infolge einer Welle an Kritik wieder zurückgezogen. Dem Unternehmen wurde vorgeworfen, sich über jene Frauen lustig zu machen, die sexuell weniger aktiv seien.

Mehr Moderation und neue Features

Gegenüber den eigenen Investoren betonten sowohl die Match Group, als auch Bumble, dass man die eigenen Portale für Frauen attraktiver machen wolle. Man wolle die Moderation erweitern und auch andere Maßnahmen setzen, damit der Anteil weiblicher Nutzer wieder steigt. Die Erfahrung für Frauen zu verbessern gehöre zu den absolute Prioritäten, so Lidiane Jones, die seit Jänner CEO von Bumble ist. Auch am Abbau von Anfangshürden wird gearbeitet. Bei Bumble, wo Frauen nach einem Match den ersten Schritt machen müssen, wurde etwa der "Opening Move" eingeführt. Der erlaubt es, bereits im Vorhinein eine Anfangsfrage festzulegen. Bei Tinder wiederum testet man aktuell eine KI-Funktion, die aus dem Album eines Nutzers jene Fotos heraussuchen soll, welche am besten die eigene Persönlichkeit zeigen.

Laut Daten von Sensor Tower ist die Anzahl zahlender Nutzer bei Tinder mittlerweile unter zehn Millionen gefallen, der Rückgang hält insgesamt seit mittlerweile sechs Quartalen an. Die Anzahl aktiver User insgesamt ist bereits seit 2021 im Sinkflug. Anfang Mai hatte die Match Group bereits gewarnt, dass man angesichts sinkender Zahlungsbereitschaft der Nutzer unter den eigenen Umsatzerwartungen liegen werde. Bei Bumble blieb zuletzt zwar die zahlende Nutzerschaft stabil, aber auch hier offenbarte sich im ersten Quartal insgesamt ein Rückgang bei den aktiven Usern. (gpi, 28.5.2024)