Wanda in Katerstimmung. Schicksalsschläge und ihr Umgang damit prägen das neue Album "Ende nie".
Maximilian König

Ohne mit dem Holzhammer zu schwingen, muss man sagen, die Covergestaltung des Wiener Wunders Wanda ist von Album zu Album schlechter geworden. Das Debüt der Band zeigte sie vor zehn Jahren noch über der Stadt, versammelt um einen alten, weißen Mercedes, auf dessen Seite "Amore" gepinselt war. So lautete die Mission, das Bild verströmte das dazu passende Lebensgefühl: Wir haben keine Chance, aber wir nutzen sie.

Das Bild wirkte wie die sympathische Schmalspurversion von Metal-Gruppen wie Mötley Crüe, die auf ihren Privatjet einen riesigen Phallus malen ließen, weil es so wirken sollte, als würde sie kommen, um eine Stadt zu fi... – vernaschen, wenn sie damit auftauchten. Nachzulesen ist das in ihrer Biografie The Dirt.

Wanda - Wachgeküsst (Official Video)
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Mötley Crüe mögen mit ihrem Machojumbo gelandet sein, Wanda hingegen hoben in ihrer Schrottkiste ab und wurden in kurzer Zeit Stars im deutschen Sprachraum, füllten die größten Säle. Korrelierend wurden ihre Cover hässlicher. Sie zeigten Wanda als abgerockte Schmalspurschiffer, den Tiefpunkt markierte ihr 2022er-Album: Dieses Cover wirkte, als hätte der Grafiker der Müllverbrennungsanlage Spittelau am Strand von Jesolo mit einem 1997 installierten Corel Draw gespielt.

Das des neuen Albums aber, das macht wieder Sinn. Waren Wanda beim Debüt freche Hundlinge, bereit, die nächsten zwei Nächte ohne Schlaf, aber mit viel Amore und ihren Haberern Schluck und Specht zu verbringen, zeigt das Cover von Ende nie die Band an ein Autowrack gelehnt, das nach einer Brezen auf der Seite liegt. Dampf entweicht dem Kühler, die Karre ist so ramponiert wie der Sänger, aber, immerhin, er hat beide Füße am Boden.

Quatsch und Auftrag

Die dabei mitschwingenden Assoziationen wie Tod, Überleben, Weitermachen sind die Themen der Songs. Denn nach einem Wort von Bob Dylan ist der Tod nicht das Ende. Das ist einerseits Quatsch, andererseits ein Auftrag an die Lebenden, zu tun, was zu tun ist. Nachdem im September 2022 der Keyboarder Christian Hummer gestorben war, verlor Sänger Marco Wanda 2023 seinen Vater. Das färbt und prägt die Stimmung auf Ende nie.

Wanda - Bei niemand anders
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War sie bisher für ihre Gassenhauer und einen unbekümmerten bis euphorischen Lebensstil bekannt, bremst sich die Band nun öfter ein, erscheinen die Texte angesichts der Schicksalsschläge bedeutungsschwerer als sonst. Ein Lied heißt gar Therapie; die Kunst hält ja gern und bereitwillig für die Überwindung von schlimmen Ereignissen her. Dennoch ist Ende nie mehr als bloß ein psychisches Ventil.

In einem der Interviews, die Marco Wanda im Vorfeld gegeben hat, sagte er, dass er viel düsteres Material hatte, aber dieses keine Belastung werden sollte: "Ich habe sehr darauf geachtet, dass ich den großen Themen, die mich beschäftigt haben, gerecht werde – wollte aber auf keinen Fall entmutigen oder nur eine Schockstarre porträtieren. Das war ein persönlicher Verarbeitungsprozess. Ich habe mich eher auf das zentrale Thema Liebe konzentriert. Ich wollte meine Liebe zum Ausdruck bringen."

Dünner Synthie

Ende nie spiegelt diesen Versuch. Die Band mag noch im Tunnel stecken, das Licht ist aber schon sichtbar. Songs wie Keine Angst, Woher soll ich wissen oder Immer OK bilden dieses Gefühl ab. Der da und dort auftauchende, zu dünnsuppig produzierte Synthie sabotiert mit seinem 1980er-Flair manchmal die Stimmung, am Ende obsiegt aber das Album als bisher homogenstes Werk im Katalog der Gruppe.

War ihr Debüt ein wilder Rausch, ist dieses nun ein Kater. Aber jeder weiß: Morgen ist ein neuer Tag. Ende nie tastet sich an diese Gewissheit heran, langsam, stellenweise von Trauer umweht, aber beständig vorwärts blickend, immer noch angetrieben von der eigentlichen Mission: Amore. (Karl Fluch, 7.6.2024)