Keimende Kartoffeln auf einem dunklen Holzregal 
Als Faustregel gilt: Sind die Keime kürzer als einen Zentimeter, kann man die Knolle noch essen.
Getty Images/I_Valentin

Es passiert: Man vergisst, dass man noch ein paar Zwiebeln oder Erdäpfel im Gemüsefach hat. Grabt man sie dann irgendwann aus, sind sie ausgekeimt. Nichts ist es mit dem Abendessen. Denn so etwas kommt natürlich immer dann vor, wenn die Geschäfte schon geschlossen sind. Wobei: "Die kann man doch noch verarbeiten, oder?", denkt man sich dann womöglich.

Es kommt darauf an, um welche keimenden Lebensmittel es sich handelt. Bei manchen sind die Triebe unbedenklich. Keimende Zwiebel- oder Knoblauchknollen etwa sind aus gesundheitlicher Sicht in der Regel kein Problem, sagt die Diätologin und Ernährungswissenschafterin Fiona Steinberger. Meist leidet durch die Triebe nur die Konsistenz, Zwiebeln werden etwas weicher. Aber sie entwickeln keine giftigen Stoffe. Im Gegenteil, den grünen Austrieb kann man wie Schnittlauch verwenden.

Bei Knoblauch ist es ähnlich, nach längerem Lagern können die Knollen an der Spitze grün austreiben. Das ist grundsätzlich nicht weiter schlimm, nur wenn der Knoblauch modrig riecht oder eingetrocknet ist, sollte er nicht mehr verkocht werden.

Zwiebelknollen in einer Plastikbox, die nach oben hin grün austreiben 
Die grünen Triebe von Zwiebeln können beim Kochen wie Schnittlauch verwendet werden.
Getty Images/Tetiana Kolubai

Giftstoffe in Kartoffeln

Anders sieht es bei Kartoffeln aus. "Kleine Triebe sind da auch noch kein Problem, die kann man großzügig wegschneiden und die Kartoffel noch essen", sagt Steinberger. Als Faustregel gilt: Augen und Triebe bis zu einem Zentimeter können entfernt werden. Aber wenn sie größer werden, ist Vorsicht geboten. "Spätestens dann, wenn sich die Kartoffel auch schon grün färbt, ist sie nicht mehr genießbar", warnt die Ernährungswissenschafterin.

Die Knolle verliert dann nämlich nicht nur wertvolle Vitamine und Mineralien. "Im Gemüse steigt auch der Solaningehalt", erklärt Steinberger. Das ist einer der gesundheitsschädlichen Giftstoffe, die in Nachtschattengewächsen wie Kartoffeln enthalten sind. Die Pflanze schützt sich durch diese sogenannten Glykoalkaloide vor Schädlingen und Krankheitserregern.

Im Normalfall haben Erdäpfel einen Glykoalkaloidgehalt von 20 bis 100 Milligramm pro Kilogramm. Das ist gesundheitlich unbedenklich. Beim Keimen steigt die Konzentration auf mehr als das Doppelte. Im Schnitt sind 0,5 Milligramm Glykoalkaloide pro Tag und pro Kilogramm Körpergewicht die Obergrenze, die man nicht überschreiten sollte, um unerwünschte gesundheitliche Auswirkungen zu vermeiden. Das ist der Richtwert des deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung. Zu Vergiftungserscheinungen käme es ab einer Dosis von einem Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht.

Vergiftung sehr unwahrscheinlich

Nun kann man sich unter diesen Richtwerten wenig vorstellen. "Man müsste als Erwachsener aber schon sehr viel schlechte Kartoffeln essen, um diesen Wert zu erreichen. Mehrere Kilo, würde ich schätzen", sagt Steinberger. Kommt es doch zu einer leichten Vergiftung, führt diese zu Beschwerden im Verdauungstrakt: Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Bauchweh oder ein Brennen im Hals können Symptome sein.

Aber, beruhigt Steinberger, Solaninvergiftungen seien äußerst selten, es sind kaum Fälle bekannt. Das liegt wohl auch daran, dass das Gemüse mit hohem Solaningehalt ohnehin ungenießbar wird. Steinberger rät deshalb: "Finger weg, wenn die Kartoffel bitterer schmeckt als gewöhnlich." (poem, 20.5.2024)