Es seien jedes Mal traurige Telefonate, und in letzter Zeit gebe es sehr viele davon, erzählt der Wiener Immobilienmakler Michael Pfeifer. Zu ihm kommen Menschen, die sich den Traum von einer eigenen Immobilie erfüllen möchten. Zunächst seien sie alle euphorisch. "Nach dem Termin bei der Bank rufen sie uns dann aber an und müssen absagen, obwohl das alles normal verdienende Menschen sind", sagt Pfeifer.

Viele Makler würden gerne verkaufen, doch hohe Zinsen, strenge Kreditvergaberegeln und nicht zuletzt hohe Preise lassen derzeit viele Deals platzen.
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Die Konsequenz, so bestätigt der Makler: All jene, die kaufen möchten, aber nicht können, suchen sich eine neue, größere Wohnung auf dem Mietmarkt oder bleiben in ihrer alten.

Was das mit dem Mietwohnungsmarkt macht, ist klar: Er ist heillos überlaufen. Dazu kommen die vermehrte Zuwanderung der letzten Jahre sowie die stetige Zunahme der Single-Haushalte, die es auch in Österreich schon seit einiger Zeit gibt.

Verteuerungen von bis zu elf Prozent

Die hohe Nachfrage und die Inflation treiben die Preise nach oben. Wie sehr, hat das Portal Immoscout24 soeben ausgewertet: Zwischen dem ersten Quartal 2023 und dem ersten Quartal 2024 sind die Preise, zu denen Mietwohnungen angeboten werden, in Wien, Linz und Klagenfurt um elf Prozent gestiegen. In Bregenz und Innsbruck zogen die freien Mieten um zehn bzw. neun Prozent an, in Salzburg waren es fünf Prozent. Kaum bzw. nur unwesentlich haben sich die Preise hingegen in Graz, Eisenstadt und St. Pölten verändert.

Bei der Auswertung handelt es sich aber um sogenannte Angebotspreise, also jene Preise, zu denen die Wohnungen offeriert werden. Dabei gilt es zu beachten, dass es etwa im höherpreisigen Segment schon seit Jahren durchaus Verhandlungsspielraum für Mieterinnen und Mieter gibt, denn dort herrscht ein sogenannter Mietermarkt. Top ausgestattete Neubauwohnungen mit Gesamtmieten von 20 oder 25 Euro pro Quadratmeter, die länger am Markt sind, ziehen die Statistik mitunter künstlich nach oben.

Keine verlässlichen Daten

Ohnehin herrscht ein ziemlicher Wildwuchs an Daten über den österreichischen Mietwohnungsmarkt. Anders als bei den Preisen für Wohnungseigentum gibt es hier keine "amtlichen" Preisdaten, die man aus dem Grundbuch auslesen könnte. Deshalb sind Angebotspreise von Plattformen die einzigen Daten über aktuelle Neuvermietungen, die verfügbar sind.

Zwar veröffentlicht auch die Statistik Austria quartalsweise Zahlen vom Mietmarkt, dabei handelt es sich allerdings um eine Auswertung des Mikrozensus; enthalten sind darin also mehrheitlich die Mieten bestehender Mietverträge, die oft schon jahrzehntelang laufen. Auswertungen für erst sehr kurz laufende Mietverträge sind zwar auch möglich, aktuelle Abschlüsse daraus abzulesen ist aber schwierig.

Auch die Wirtschaftskammer lässt Mietpreise von Maklerinnen und Maklern erheben, diese werden aber nur einmal im Jahr im Rahmen des Immobilienpreisspiegels veröffentlicht. Da war zuletzt im April von einer stabilen Entwicklung die Rede – selbst unter Berücksichtigung der Inflation.

"Ausstattung reduzieren"

Laut Holger Bonin, Geschäftsführer des Instituts für Höhere Studien (IHS), sind alle Mieten seit 2020 aber insgesamt um 17 Prozent gestiegen. Er sprach sich im ORF-Radio für gezielte Unterstützungsleistungen für einkommensschwache Mieterinnen und Mieter, etwa über die Wohnbeihilfe, und gegen einen allgemeinen Mietendeckel aus, von dem auch Menschen profitieren würden, die es eigentlich gar nicht nötig hätten.

Außerdem plädiert Bonin dafür, vor allem die Bauleistung zu steigern. Gleichzeitig müssten Wohnstandards reduziert werden, um die Kosten zu drücken. Als Beispiele führte er die Ausstattung von Wohngebäuden an, etwa Außenanlagen oder die Anzahl der Pkw-Stellplätze.

"Befristungen überdenken"

Michael Klien, Wohnbauexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), spricht sich dafür aus, auch die Frage der Befristungen neu zu regeln. "Niemand ist glücklich über die Teilung des Wohnungsmarkts in einen bessergestellten und einen schlechtergestellten Markt", sagt er dem STANDARD. Das müsse man korrigieren, sagt der Experte und schlägt vor, dass Befristungen für Vermieter teurer werden oder zumindest etwas kosten sollten, so wie im Altbau. Im Richtwertsystem, das bei Altbauwohnungen gilt, gibt es einen Abschlag von 25 Prozent von der Hauptmiete bei einem befristeten Vertrag.

Diese Forderung kommt von Mieterschützern, der Arbeiterkammer und dem Gewerkschaftsbund, aber beispielsweise auch von der SPÖ bereits seit vielen Jahren. Letztere tritt nun auch bereits seit längerer Zeit für einen "Mietenstopp" ein, also einen Mietendeckel für sämtliche Segmente des Wohnungsmarktes von nur zwei Prozent bis 2026 – oder bis zum Beschluss eines neuen Mietrechts. Von Letzterem ist nichts zu sehen, obwohl sich die aktuelle Regierung eine großangelegte Wohnrechtsreform auferlegt hatte.

Laut IHS-Chef Bonin ist auch in den nächsten Monaten noch mit Preissteigerungen zu rechnen, da Indexanpassungen erst nachträglich stattfinden, selbst wenn die Inflation aktuell wieder zurückgeht. Zudem ist die Neubauleistung derzeit so gering wie nie, sodass von daher kaum mit einer Erleichterung auf dem Mietmarkt zu rechnen ist. "Billiger wird es nicht werden", so Bonins ernüchternde Conclusio. (Martin Putschögl, Bernadette Redl, 15.5.2024)