Zahlreiche Menschen, mehrere georgische Flaggen.
Auch am Montag wurde in Georgien gegen ein umstrittenes geplantes Gesetz protestiert. Im Bild in Tbilisi.
AFP/GIORGI ARJEVANIDZE

Tiflis – Ungeachtet der anhaltenden Massenproteste in Georgien hält Regierungschef Irakli Kobachidse an einem geplanten Gesetz zur "ausländischen Einflussnahme" fest. Der Entwurf werde am Dienstag wie geplant in dritter Lesung vom Parlament verabschiedet, sagte Kobachidse am Montagabend in einer Fernsehansprache. Hunderte Demonstranten setzten ihren Protest in Tiflis fort.

"Morgen wird das Parlament Georgiens den Willen der Mehrheit der Bevölkerung umsetzen und das Gesetz in dritter Lesung verabschieden", sagte der Ministerpräsident. Würde darauf verzichtet, würde Georgien Souveränität verlieren und "leicht das Schicksal der Ukraine teilen".

Russland-Annäherung in der Kritik

Ministerpräsident Kobachidse, der sein Amt im Februar antrat, wird vorgeworfen, Georgien wieder stärker an Russland annähern zu wollen. Der Kreml zählt die ehemalige Sowjetrepublik Georgien wie die Ukraine zu seinem Einflussgebiet. 2008 marschierten russische Truppen in Georgien ein; Russland erkannte anschließend die abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien als unabhängige Kleinstaaten an.

"Wir haben vor, so lange wie nötig hier zu bleiben", sagte die 22-jährige Demonstrantin Mariam Kalandadse vor dem Parlament. Das geplante Gesetz würde einen EU-Beitritt ihres Landes verhindern, fügte sie hinzu. Die 26-jährige Ana Mirakowe sagte der AFP, sie sei besorgt, dass die Auseinandersetzung mit der Polizei "jeden Moment" eskalieren könnte. "Niemand hier glaubt, dass es sicher sein wird."

Tausende Menschen protestieren

Am Sonntagabend hatten sich erneut tausende Menschen vor dem Parlament versammelt, um gegen den Gesetzentwurf zu protestieren. Wenige Stunden zuvor hatte Innenminister Vachtang Gomelauri im Falle einer Blockade des Parlaments mit Festnahmen gedroht. Am Montag waren hunderte Bereitschaftspolizisten rund um das Parlamentsgebäude im Einsatz. Es kam zu vereinzelten Rangeleien mit Demonstranten.

Georgien: Zehntausende demonstrieren gegen Gesetz zu "ausländischer Einflussnahme"
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Die Europäische Union drängte Tiflis dazu, Berichte über Gewalt durch Sicherheitskräfte zu prüfen. "Wir verurteilen auf das Schärfste Einschüchterungen, Drohungen und tätliche Angriffe gegen Demonstranten, Aktivisten der Zivilgesellschaft, Politiker, Journalisten und Medienschaffende", erklärte der Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. "Wir fordern die Regierung Georgiens dringend auf, den Pfad der EU-Integration fortzusetzen", sagte US-Außenamtssprecher Vedant Patel vor Journalisten in Washington.

Angst vor "russischen Verhältnissen" in Georgien

Die seit Wochen anhaltenden Massenproteste richten sich gegen das geplante Gesetz zur "ausländischen Einflussnahme", das nach Ansicht von Kritikern "russische Verhältnisse" in Georgien schaffen würde.

Dem von der Regierung vorgeschlagenen Gesetz zufolge sollen sich Organisationen, die zu mindestens 20 Prozent aus dem Ausland finanziert werden, in Georgien behördlich registrieren lassen müssen. Auch unabhängige Medienorganisationen wären davon betroffen.

Kritiker sehen darin eindeutige Parallelen zum Gesetz gegen "ausländische Agenten" in Russland. Das erlaubt es den dortigen Behörden, massiv gegen kritische Medien und Organisationen vorzugehen. Auch die Vereinten Nationen, die USA und die EU haben die georgischen Gesetzespläne kritisiert.

Die frühere Sowjetrepublik Georgien strebt eigentlich den Beitritt zu EU und Nato an, seit Dezember ist das Land offiziell EU-Beitrittskandidat. (APA, 13.5.2024)