Einmal noch, dann gibt es die österreichische Staatsbürgerschaft! Jan Böhmermann und Olli Schulz sind schon zu Beginn ein bisserl wuggi. Und das noch ganz ohne Bier und Trüffelchips. Alkohol – "gebraut vom ORF-Chef Weißmann persönlich" – wird erst später zum Einsatz kommen und die Zungen weiter lockern. Und Alkohol tröstet vielleicht auch. Ihr Kabinenplatz für die zweite Song-Contest-Moderation für FM4 hier in Malmö sei viel schlechter als jener letztes Jahr in Liverpool, "oben bei den Schwalbennestern unter dem Dach", beschreibt Schulz die Lage. Aber "ganz in der Nähe der israelischen Delegation mit 80 Sicherheitsleuten". Hier sei alles "voller Bullen in krassen geilen Einteilern".

Moderierten den Song Contest für FM4: Olli Schulz und Jan Böhmermann.
Moderierten den Song Contest für FM4: Olli Schulz und Jan Böhmermann.
Screenshot: FM4

"Konfetti-Patriotismus"

Apropos Outfit: Schulz gibt sich diesmal seriös mit dunklem Sakko, "ich trage das alte Stefan-Raab-Hemd", kommentiert Böhmermann sein weißes Oberteil. Bis zu den jeweiligen Refrains wollen sie nicht reinquatschen, versprechen sie. Das wird nicht immer gelingen.

Böhmermann und Schulz sind nicht da, um die Kandidatinnen und Kandidaten zu veräppeln. Wer das erwartet hat, wird enttäuscht sein. Man merkt: Sie mögen dieses Spektakel, stehen auf diesen "Konfetti-Patriotismus". Vor allem Spanien hat es ihnen angetan, "ein Favorit, geil, der Groove geht ab". Ihre Prognose, dass der Nebulossa mit "Zorra" weit vorn landen wird, wird sich aber nicht bewahrheiten.

Sehr, sehr, sehr angetan ist Schulz auch von Irlands Hexe und ihrem Teufel. "Beste Performance bisher", kommentiert er. Auch Isaak aus Deutschland ("das ist ein Scheiß-Land") bekommt ein bisschen Lob, "gut abgeliefert, gut gesungen, guter Song". Wir lernen auch, dass Böhmermann auf Zöpfe steht, er ist ganz "verzaubert" von Tali aus Luxemburg.

Dem Sänger aus Estland wiederum können sie wenig abgewinnen, "sieht aus wie ein CDU-naher PR-Berater", der Künstler aus Lettland erinnert Schulz an seinen Masseur bei der Ayurveda-Kur. "Es waren fünf Griechen in meiner Klasse", erzählt er während des griechischen Songs. Nach dem "Gejohle" aus Norwegen ist Böhmermann froh, dass Norwegen nicht in der EU ist. Hier weiß er mehr als Lena Schilling noch vor wenigen Wochen. Und den Windows95man aus Finnland haben sie ganz genau abgeklopft, "das ist arm". Er tue so, als würde er nackt auf die Bühne gehen, und hat dann einen Socken drüber.

Spaß mit Bier,
Spaß mit Bier, "gebraut von ORF-Chef Weißmann".
Screenshot: FM4

Schweiz als "Österreich für Reiche"

Gelitten wird dann beim "Gejammer" aus Portugal. Auch der Rammstein-Verschnitt aus Kroatien kommt nicht gut weg. Abgefeiert hingegen wird der Beitrag aus Armenien, da gibt es auch wieder Frauenzöpfe. Und jener aus Frankreich ("mega"). Und dann kommt Nemo aus der Schweiz, dem "Österreich für Reiche". "Ein Wahnsinn" kriegt sich Schulz nicht mehr ein und prophezeit recht früh schon ganz richtig: "Nemo gewinnt." Die zwei freuen sich dann so richtig über seinen Sieg, "geil, so was von verdient", findet Schulz, er wäre frustriert gewesen, hätte Nemo nicht gewonnen.

Böhmermann und Schulz teilen auch gegen den NDR aus ("Wir müssen den NDR entmachten"), sie sind entsetzt über die zwölf Punkte aus Deutschland an Schweden ("Haben die Schnick, Schnack, Schnuck gemacht?"). Die beiden betonen immer wieder, "heute nicht zu politisch werden" zu wollen. Böhmermanns Aussage zu den Buh-Rufern gegen den israelischen Beitrag (die im Fernsehen mit einem Filter überdeckt werden) ist dann doch recht eindeutig: "Fickt euch, ganz ehrlich".

Den österreichischen Beitrag beschreiben sie als "Kirmes-Techno", bedauern den letzten Startplatz für Kaleen. "Was hat die Welt gegen Österreich?", fragt sich Böhmermann später nach dem Ergebnis, "wären wir groß genug, hätten wir den dritten Weltkrieg angezettelt". Er ist sicher: "Unter einem stramm rechten Kanzler wäre Österreich nicht so weit hinten." Und wie ist das jetzt mit der Staatsbürgerschaft? Böhmermann: "Ich weiß nicht, ob ich das will". (Astrid Ebenführer, 12.5.2024)