Der finnische Dirigent mit erstklassigem Chefsessel-Portfolio, Klaus Mäkelä, gab ein Wien-Gastspiel im Musikverein.
Der finnische Dirigent mit erstklassigem Chefsessel-Portfolio, Klaus Mäkelä, gab ein Wien-Gastspiel im Musikverein.
AP/Frank Franklin II

Während der Glanzzeiten Herbert von Karajans kursierte ein Witz, in dem der Dirigentengott in ein Taxi steigt. "Wohin soll’s gehen?", fragt der Fahrer. "Egal. Mich braucht man überall!", repliziert der Star. Heute könnte man denselben Scherz über Klaus Mäkelä reißen. Trotz eines Alters von lediglich 28 Jahren thront der Finne seit 2020 auf dem Chefsessel der Osloer Philharmoniker, führt seit 2021 das Orchestre de Paris und wird ab 2027 sowohl das Chicago Symphony Orchestra wie auch das ihm bereits wohlvertraute Amsterdamer Concertgebouw Orchestra leiten: eine imposante Postenfülle.

Beachtlich nun auch sein Wien-Gastspiel mit letztgenanntem Ensemble: Dessen Schönklang, legendär in seiner Prachtentfaltung, glänzte am Mittwoch mit dem Interieur des Großen Musikvereinssaals um die Wette und ließ Bruckners fünfte Symphonie wie ein Gemälde aus Klimts goldener Phase schillern. Ein Prunk, zu dem sich Akkuratesse und Schwung gesellten: An Längen litten diese 80 Minuten nicht.

Koloritmangel

Dafür aber an Kontrastmangel, denn der dauerhafte Goldklang vereitelte Farbenwechsel: Weder stellte sich im Trio-Abschnitt eine erdige Tönung ein, noch vermittelte sich in den Randsätzen eine herbe Drastik oder fahle Fragilität. Schade, denn gerade Mäkelä besitzt ein Händchen für koloristische Finessen, wie er zuletzt in einem hochgelobten Strawinski-Projekt mit seinem Pariser Klangkörper bewiesen hat. Aber wer weiß: Durchaus denkbar, dass sich auch seine Arbeitsgemeinschaft mit dem Amsterdamer Kollektiv auf ein ähnliches Niveau steigert. Bereits am Mittwochabend in Wien jedenfalls Jubel für Mäkelä und ein technisch makelloses Orchester. (Christoph Irrgeher, 9.5.2024)