Christine Niedersüß
Christine Niedersüß leitet mit ihrem Bruder einen Familienbetrieb in Rohrbach.
Foto Kirschner

"Wenn man den Beruf des Sattlers ausübt, muss man nicht zwingend reiten", sagt Christine Niedersüß. "Man produziert ein Sportgerät". Wobei das Pferd natürlich schon eine sehr große Rolle spielt, nur eben bei der handwerklichen Herstellung an sich nicht.

Niedersüß leitet gemeinsam mit ihrem Bruder eine Sattlerei in achter Generation. Den Familienbetrieb gibt es seit mehr als 300 Jahren. Über die Zeit hat sich der Fokus des Unternehmens verändert, erzählt Christine Niedersüß – nicht mehr das Pferd als Arbeitstier steht bei ihnen heute im Mittelpunkt, sondern der Reitsport. Heraus kommen dabei um die 800 Sättel pro Jahr, plus Reitzubehör wie Zaumzeug, Zügel oder Bauchgurte. In einem Sattel stecken ungefähr 20 bis 24 Stunden reine Arbeitszeit, so Niedersüß.

Werkstatt Sattlerei
Ein Blick in die Werkstatt. Insgesamt arbeiten etwa 20 Menschen in dem Betrieb.
Niedersüß

Bei dem Videogespräch zwischen Rohrbach in Oberösterreich und Wien hält Christine Niedersüß einen Füllstock vor die Kamera und erklärt, wie man mit seiner Hilfe ein Sattelkissen füllt. Als weitere wichtige Werkzeuge für das Herstellen von Sätteln zählt sie Ahle, Pfriemen und Halbmondmesser auf.

Werkzeuge einer Sattlerin
Typische Werkzeuge eines Sattlers: Ahle, Pfriemen und Halbmondmesser.
Niedersüß

Bei der Sattelherstellung helfen auch einige Maschinen, etwa Näh-, Riemenschneid- oder Prägemaschine. Manche Arbeitsschritte wie bestimmte Nähte sind aber ausschließlich mit der Hand möglich, erklärt Niedersüß. Und so manches Handwerkswissen kann man sich auch für den Alltag abschauen – ob mit oder ohne Pferd. Die Sattlerin verrät drei Tipps:

1. Verschiebbarer Knoten für Armbänder

"Der Fischerknoten – wir nennen ihn umgangssprachlich Zugknopf – ist ein Knoten, den man verschieben kann. Der ist einfach sehr hilfreich, wenn man in eine Richtung zieht, bleibt er zu, wenn man ihn in die andere Richtung zieht, geht er aber wieder auf. Das heißt, ich habe einen Knoten, der wirklich fest ist, der was aushält, ich kann ihn aber gleichzeitig wieder lösen.

Video: Wie man einen Fischerknoten knüpft.
Niedersüß

Bei der Sattelherstellung braucht man ihn zum Beispiel, wenn das Kissen und der Sattelbaum zusammengenäht werden. Im Alltag kann man ihn zum Beispiel für Armbänder nutzen oder für Halsketten. Den Knoten macht man dann links und rechts vom Faden und kann ihn dann so anziehen, dass das Armband wirklich ganz anliegend ist, aber gleichzeitig auch wieder gelöst werden kann."

2. Leder richtig pflegen

"Leder zu pflegen ist sehr wichtig. Das gilt zum Beispiel für einen Lederschuh oder einen Gürtel. Wenn das Leder sehr hart ist oder lange in der Sonne war, kann man es durchaus mal waschen. Danach sollte man es mit einer Lederpflege eincremen oder einölen. Wichtig ist, darauf zu achten, welche Lederpflege man nimmt. Bienenwachs zum Beispiel verschließt die Poren des Leders. Wenn ich einen Schuh habe und ich gehe mit Bienenwachs drüber, ist es super, weil ich dann keine Feuchtigkeit reinbekomme. Wenn ich das beim Sattel mache, kann der aber sehr schwer atmen.

Bei Taschen muss man sehr aufpassen, ob das wirklich echtes Leder ist. Alte Ledertaschen kann man einfach mal mit einem feuchten Tuch abwischen – nicht zu nass, weil dann auch Wasserflecken drinnen bleiben. Das ist schon gefährlich, bei unbehandeltem Leder sieht man durchaus nachher dann die Wasserflecken."

3. Spiegel aus Pferdegeschirr

"Ein Kummet braucht man, damit das Pferd eine Kutsche ziehen kann beziehungsweise auch als Arbeitstier eingesetzt werden kann. Das ist ein ovales riesengroßes Teil, das das Pferd um den Hals herum trägt und an dem Leinen eingehängt sind. Es besteht aus verschiedenen Teilen, zum Beispiel dem Lederteil oder dem gefüllten Teil.

Pferd mit Kummet
Ein Kummet (Symbolbild) kann in einen Spiegel umfunktioniert werden.
imago images / Frank Sorge

Viele Bauernfamilien haben so ein Kummet zu Hause, gerade im ländlichen Bereich sieht man es auch durchaus immer wieder mal auf Flohmärkten. Wenn es nicht mehr gebraucht wird, wird bei manchen Bauernhöfen ein Spiegel draus gemacht. Grundsätzlich muss es dazu mal gereinigt und geschaut werden, dass keine Löcher drinnen sind. Dort, wo normalerweise die Aussparung für den Pferdekopf ist, kann man von hinten einen Spiegel befestigen." (Christina Rebhahn-Roither, 3.6.2024)