Schandauer Straße
In der Schandauer Straße in Dresden ist Matthias Ecke niedergeschlagen worden.
AFP/JENS SCHLUETER

Olaf Scholz war die Bestürzung anzumerken, als er am Wochenende auf einem Demokratiekongress in Berlin auf den sächsischen EU-Abgeordneten Matthias Ecke zu sprechen kam. "Ich wünsche ihm selbst beste Genesung und dass er das verkraftet, was ja auch als Schrecken in sein Leben hineingekommen ist", sagte der deutsche Bundeskanzler.

Er warnte zudem: "Die Demokratie wird von so etwas bedroht, und deshalb ist achselzuckendes Hinnehmen niemals eine Option."

Ecke, der seit 2022 im EU-Parlament vertreten ist, war am Freitag gegen 22.30 Uhr im Dresdner Stadtteil Striesen angegriffen worden. Die Polizei Dresden teilte mit, dass eine vierköpfige Gruppe in der Schandauer Straße zunächst einen Wahlkampfhelfer der Grünen geschlagen habe, während dieser dabei war, Plakate anzubringen.

Video: Angriff auf SPD-Politiker Ecke: Tausende zeigen Solidarität.
AFP

Operation notwendig

"Minuten später" hätten die vier Unbekannten Ecke angegriffen, der ebenfalls in der Schandauer Straße Plakate aufhängte. Die Täter hätten auf ihn eingeschlagen, der 41-Jährige musste ins Krankenhaus. Dort sollte er am Sonntag operiert werden. Laut der Polizei habe ein Zeuge die Gruppe dem rechten Spektrum zugerechnet.

Am Sonntag um ein Uhr morgens meldete sich dann laut sächsischem Landeskriminalamt auf dem Polizeirevier Dresden-Süd ein 17-jähriger Deutscher und erklärte, dass er den SPD-Politiker niedergeschlagen habe. Der junge Mann ist polizeilich bisher noch nicht in Erscheinung getreten.

Keine Angaben zur Tat

Er kam laut Berichten von Medien in Begleitung seiner Mutter und machte keine weiteren Angaben zu der Tat. Inhaftiert wurde der 17-Jährige nicht, da er sich freiwillig gemeldet habe und über einen festen Wohnsitz verfüge.

Schockiert von dem Angriff zeigte sich vor allem die SPD. So erklärt SPD-Chef Lars Klingbeil in einem Interview mit tagesschau.de: "Es braucht eine klare, unmissverständliche Antwort des Rechtsstaates." Man müsse jetzt konsequent gegen die Feinde der Demokratie vorgehen, gegen "diejenigen, die Menschen davon abhalten wollen, friedlich Werbung für demokratische Parteien zu machen".

Klingbeil: "Da braucht es jetzt wirklich einen Ruck, der durch das Land geht. Und alle müssen laut werden, die wollen, dass unsere Demokratie verteidigt wird."

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert erklärte in einem Interview mit der Tageszeitung (taz), Ecke wolle seinen Wahlkampf für die EU-Wahl am 9. Juni nach seiner Genesung fortsetzen. Die Tat nannte Kühnert "eine wahnsinnige politische Grenzüberschreitung".

AfD drohte mit Jagd

Er erinnerte daran, dass die AfD zur "Verrohung der politischen Sitten" beigetragen habe. Und dass der Ex-AfD-Vorsitzende Alexander Gauland in der Nacht der Bundestagswahl 2017 erklärt hatte: "Wir werden sie jagen."

Kühnert in der taz: "Jetzt wird gejagt. Und mein Eindruck ist, niemand in der AfD spürt nicht eine klammheimliche Zufriedenheit darüber."

Auch Vertreterinnen und Vertreter anderer Parteien äußerten sich. AfD-Chef Tino Chrupalla, ebenfalls ein Sachse, schrieb auf X: "Physische Angriffe gegen Politiker aller Parteien verurteilen wir zutiefst. Wahlkämpfe müssen inhaltlich hart und konstruktiv, aber ohne Gewalt geführt werden."

Grünen-Politiker geschlagen

Am Donnerstagabend waren in Essen (Nordrhein-Westfalen) auch der grüne Bundestagsabgeordnete Kai Gehring und sein Parteikollege Rolf Fliß, der dritte Bürgermeister der Stadt Essen, angegriffen worden. Laut Gehring erfolgten nach einer Grünen-Veranstaltung "üble Beleidigungen" gegen beide Politiker, dann sei Fliß ein Schlag ins Gesicht versetzt worden.

Innenministerin Nancy Faeser (SPD) wird mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus den 16 deutschen Bundesländern am Dienstag eine Sonderkonferenz abhalten. "Der Rechtsstaat muss und wird hierauf mit einem harten Vorgehen und weiteren Schutzmaßnahmen für die demokratischen Kräfte in unserem Land reagieren", sagte sie.

Demonstrierende in Dresden
Am Sonntag wurde in Dresden demonstriert.
REUTERS/Matthias Rietschel

Für Sonntagabend hatten sowohl in Berlin als auch in Dresden zwei Bündnisse zum Protest gegen die Angriffe aufgerufen. In Dresden haben nach Polizeiangaben rund 3.000 Menschen für Demokratie und gegen Gewalt demonstriert, bei der Kundgebung vor dem Brandenburger Tor in Berlin versammelten sich laut einer Reporterin der Nachrichtenagentur AFP rund 2.000 Menschen. (Birgit Baumann aus Berlin, 5.5.2024)