Torte, Hochzeit, Konditor
Matthias Krenn arbeitet als Konditor in Waidhofen an der Ybbs in Niederösterreich. Im Sommer eröffnet er mit seinem Mann eine eigene Konditorei in seiner Heimat.
Antonia Mayer

Bunsenbrenner, Stanleymesser, Dressiersack: Diese Werkzeuge hat Matthias Krenn bei jedem Termin dabei. Damit temperiert er Schokolade oder schneidet Blumen kleiner. Die Enden des Spritzsacks dreht Krenn enger und drückt gekonnt die letzten Bögen aus Buttercreme auf die opulente Hochzeitstorte. Dann setzt er mit Glitzer auf den Fingern Kirsche um Kirsche auf die Häubchen. Das letzte Finish passiert immer vor Ort. Hier ins Schloss Rothschild, in seiner Heimat Waidhofen an der Ybbs, liefert Krenn häufig Hochzeitstorten an. Die Location mit seiner mittelalterlichen Fassade und den Sälen mit dunklem Holz und schummrigem Licht lockt immer wieder Brautpaare an.

Für den großen Tag liefert der Konditormeister die passenden Torten: prunkvoll und stylisch oder minimalistisch und clean. Krenn ist bekannt für seine geometrischen Tortenkreationen. Vor zwei Jahren brachte er gemeinsam mit Michael Leiter das Backbuch Dramatic Cake heraus. Kommenden Sommer wagt Krenn den Weg in die Selbstständigkeit und eröffnet eine eigene Patisserie. Für das RONDO buk Krenn eine Hochzeitstorte, wie sie derzeit im Trend liegt: schnörkelig, hoch und very instagrammable.

Torte, Hochzeit, Konditor
Für die Hochzeitstorten werden die Stockwerke einzeln bei der Location angeliefert. Erst dann setzt sie Krenn zusammen, dekoriert sie und sorgt für den letzten Feinschliff.
Antonia Mayer

STANDARD: Diese Torte, mit den ganzen Verzierungen, das ist die Trendtorte Nummer eins?

Krenn: Dieser Vintage-Look schwappt heuer massiv aus den USA und Großbritannien zu uns herüber. Viele Brautpaare wollen diese Lambeth-Cake genannte Torte. Die ist stark verziert, schnörkelig und mit viel Buttercreme gespritzt. Ein häufiger Wunsch ist auch die Höhe. Die Torten sollen hoch und fast ausschließlich weiß sein. Dann gibt es noch jene Paare, die Blumen, Blüten und viel Grün on top wollen.

STANDARD: Wie hoch ist hoch? Also was ist das Maximum?

Krenn: Ich schaffe auch zehn Stockwerke. Das ist nicht die Frage. Es ist oftmals das Problem, dass die Leute viele Stockwerke wollen, aber für diese Torten sind zu wenige Leute eingeladen. Wenn Paare eine fünfstöckige Torte andenken, frage ich, wie viele Gäste kommen, und dann sagen sie mir 40. Das geht sich nicht aus. Die ist für hundert Portionen gedacht. Das heißt aber nicht, dass man für eine kleine Hochzeit keine schöne Torte haben kann. Da muss man dann mit Attrappen arbeiten.

STANDARD: Diese Attrappen sieht man häufig auf Social Media: Die ganze Torte ist fake, und nur ein einzelnes Tortenstück ist für den Anschnitt echt. Ist das bei uns auch im Kommen?

Krenn: Ich hatte noch keine Anfragen in diese Richtung. Das ist dann doch etwas für jene, die eine opulente fünfstöckige Torte haben wollen, aber nur 20 Gäste geladen haben.

STANDARD: Für wie viele Leute können Sie eine Torte machen?

Krenn: Ich habe schon Torten für 500, 600 Personen gebacken. Das waren aber Torten für Hoteleröffnungen und andere Feierlichkeiten. Diese Torten gingen in die Breite. Eine hatte die Maße von zwei mal 1,20 Meter. Wir haben vorher den Lift ausgemessen, damit wir die Torte überhaupt transportieren konnten.

STANDARD: Neben den klassischen Torten: Welche skurrilen Wünsche haben Sie schon erfüllt?

Krenn: Ich habe schon Teddybären als Brautpaar modelliert. Oder einen Drachen gebacken.

STANDARD: Für eine Mittelalterhochzeit?

Krenn: Nein gar nicht. Es war eine recht klassische Hochzeit, aber der Bräutigam war Fan von irgendeiner Drachen­serie. Da musste ich für eine vierstöckige Torte einen Drachen aus Kuchen bauen und dann draufsetzen.

STANDARD: Da hat sich also der Bräutigam mit seinem Wunsch durchgesetzt.

Krenn: Das hat er. Ich hatte aber auch schon Hochzeiten, bei der sich der Bräutigam nicht mal eine Geschmacksrichtung eines Stockwerks aussuchen durfte.

STANDARD: Sie backen viele Torten für queere Hochzeiten. Gibt es einen Unterschied zwischen den Wünschen von heterosexuellen und homosexuellen Paaren?

Krenn: So sehr unterscheiden sie sich nicht. Aber ich hatte schon öfter opulente schwule Hochzeiten. Da geht es oft ums Übertreffen des Übertreffens. Mehr ist mehr, lautet da das Motto. Schwule Hochzeiten sind aber deswegen ganz cool, weil sie meistens modern sind. Wenn du sagst, das ist hip, das liegt im Trend, das ist der letzte Schrei, dann findest du das auf einer queeren Hochzeit.

Torte, Hochzeit, Konditor
Konditormeister Matthias Krenn und seine süßen Kunstwerke.
Antonia Mayer

STANDARD: Welche Torten machen Sie am liebsten?

Krenn: Ich arbeite gerne mit geometrischen Formen. Das ist mein Signature-Stil. Diese Hochzeitstorten sind sehr minimalistisch. Ich dekoriere sie dann nur mit einer Blüte oder Zuckerkugel. Da braucht es nicht viel, damit das cool ausschaut. Aber das mögen nicht alle.

STANDARD: Wer wünscht sich diese Torten?

Krenn: Pauschal kann man das nicht sagen, aber Architekten und Künstlerinnen fahren total auf meine geometrischen Torten ab. Hipster lieben meine schnörkeligen, verzierten Torten. Die sind mega trendig und schauen super auf Instagram aus.

STANDARD: Wie lange dauert die Herstellung einer Hochzeitstorte?

Krenn: Vom Anschlagen der Masse bis zur Auslieferung? Da brauche ich im Durchschnitt drei Tage. Ich arbeite aber jetzt nicht jeden Tag acht Stunden daran. An einem Tag mache ich die Masse, backe den Kuchen und lasse ihn auskühlen. Am nächsten Tag fülle ich die Torte mit Creme und am dritten Tag bin ich dann am Dekorieren und Transportieren.

STANDARD: Eine Hochzeitstorte kostet schon mal mehrere Hundert Euro. Merken Sie Veränderungen in Hinblick darauf, dass die Leute bei der Torte sparen wollen oder müssen?

Krenn: Das habe ich zum Glück noch nicht bemerkt. Eine Torte ist aber sicher nicht der finanzielle Treiber einer Hochzeit. Da gibt es andere Punkte, an denen man sparen könnte.

Torte, Hochzeit, Konditor
Ob geometrische Kunstwerke oder opulente Kuchenkreationen für Gays. Matthias Krenn hat vieles im Repertoire.
Antonia Mayer

STANDARD: Welche Geschmacksrichtungen sind denn bei Hochzeitstorten beliebt?

Krenn: Ich hoffe, ich falle jetzt nicht in Klischees (lacht). Männer wünschen sich bei mir oft "irgendwas mit Schoko" und Frauen dagegen etwas Fruchtiges mit Biskuit. Das trifft auf 95 Prozent der Paare zu.

STANDARD: Dabei heißt es, Frauen seien die großen Schokolade-Fans.

Krenn: Frauen sagen bei mir immer, sie wollen etwas Leichtes mit Himbeere, Erdbeere, Passionsfrucht, Zitrone, Holunder. Und die Männer sagen: "Sacher ist super."

STANDARD: Welche Torte würden Sie für Ihre Hochzeit backen?

Krenn: Bei meiner gab’s Apfelstrudel und Vanillesauce (lacht). Wenn ich nochmal heiraten würde, dann würde es einen riesigen Blätterteigboden mit Vanillecreme geben. Dann haufenweise Früchte drüber, dirty und wild, angerichtet auf einem Wagerl. Das fände ich cool.

STANDARD: Was muss die Hochzeitstorte eher sein: gut ausschauen oder gut schmecken?

Krenn: Beides. Die schönste Torte, die nicht gut schmeckt, bleibt in schlechter Erinnerung. Und die geschmacklich beste Torte, die ausschaut wie ein_Unfall, bleibt auch in schlechter Erinnerung. Also für mich ist beides extrem wichtig. Die Leute schauen ja nicht nur, die essen auch. (RONDO Exklusiv, Kevin Recher, 5.5.2024)