Das Schaf auf der Psychiaterchouch landete auf einem Cover der Band 10cc.
Das Schaf auf der Psychiaterchouch landete auf einem Cover der Band 10cc.
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Eine Kuh, ein fliegendes Schwein über rauchenden Schloten, eine riesengroße Ohrmuschel, ein brennender Mann, der einen Deal mit Handschlag besiegelt, ein dreieckiges Prisma mit regenbogenfarbenem Strahl. Wer davon erstaunlich akkurate Bilder im Kopf hat, der hat sie wahrscheinlich schon einmal gesehen: die Albumcover der britischen Prog-Rock-Band Pink Floyd.

Verantwortlich für das Design zeichnen zwei ulkige Typen, Storm Thorgerson und Aubrey "Po" Powell. Storm und Po begegneten einander im frühen Erwachsenenalter in einer Kifferbude und verstanden sich auf Anhieb. LSD löste das Kiffen ab und schon bald kam es zur Gründung des Designstudios Hipgnosis. Hippe Weisheiten bannten sie von da an auf die Plattencover der befreundeten Band Pink Floyd, was sich als enorm fruchtbare Zusammenarbeit erwies.

Die Gründer von Hipgnosis: Aubrey
Die Gründer von Hipgnosis: Aubrey "Po" Powell und Storm Thorgerson.
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Bald schon klopfte Led Zeppelin, die damals größte Band der Welt, an und wünschte sich die Bebilderung für ihren "Aufstieg gen Himmel". Symbolisch aufgeladene Cover folgten, die den blondgelockten Sänger Robert Plant als Ikarus zeigten oder nackte, die Himmelsleiter erklimmende Kinder. Auch Paul McCartney rief mit Ideen an, die mal mehr, mal weniger gefielen. Austoben konnte sich Hipgnosis aber mit den Jungs von 10cc. Ein Schaf auf der Therapiecouch vor offener See kam beispielsweise dabei heraus.

Zeugen einer Ära

Um sich an Anton Corbijns Kino-Dokumentation Squaring the Circle: The Story of Hignosis erfreuen zu können, muss man 70er-Jahre-Rock mögen. Das Intro von Pink Floyds Shine on You Crazy Diamond stimmt in das Filmporträt ein, 10ccs Art for Arts Sake rundet es ab. Man darf also kein Punkfan sein und wie Johnny Rotten von den Sex Pistols mit "I Hate Pink Floyd"-T-Shirt herumrennen. Komischer Zufall, dass der Proberaum der Jungpunker gerade gegenüber dem Studio der Albumdesigner lag, die eben jenen Rock, den die Pistols und Co ablehnten, bildkulturell in stratosphärische Höhen katapultiert hatten. Auf hohen Flug folgt naturgemäß tiefer Fall: CDs, die veränderte Musikkultur der 1980er-Jahre und Zwist innerhalb der Gruppe führten zum Ende von Hipgnosis. 1983 designten sie ihr letztes Cover.

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Bei all der gezeigten Kreativität muss man gnädig gegenüber der recht einfallslosen Form der Doku sein. Archivaufnahmen wechseln sich brav mit akkurat ausgeleuchteten "talking heads" ab. Wenigstens bringen die ehemaligen Auftraggeber Starpotenzial und gute Geschichten mit: Jimmy Page, Paul McCartney, David Gilmour, Peter Gabriel et al. legen Zeugnis von der Arbeit mit dem kreativsten und skurrilsten Designstudio der Ära ab, und Ko-Gründer Po führt mit sympathischem Understatement durch die Geschichte.

Aus dem Rahmen fällt Noel Gallagher, der wohl für die kulturpessimistische Note engagiert wurde (obwohl er nicht dabei war). Leider erschöpft diese sich in abfälligen Kommentaren über die Spotify-Generation und reflektiert nicht die reale Bedrohung für kreatives Design durch KI-Tools. Aber das ist ja auch die völlig unglamouröse Geschichte einer schönen neuen Welt. (Valerie Dirk, 28.4.2024)