Bleibt Rangnick Teamchef in Österreich, oder zieht es ihn doch nach München?
REUTERS/Leonhard Foeger

Wien/München – Bei der schier endlosen Trainersuche des FC Bayern deutet sich offenbar die nächste Wende an. Nach den Absagen von Xabi Alonso und Julian Nagelsmann sei jetzt ausgerechnet ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick der "Favorit" der Münchner bei der bislang ergebnislosen Fahndung nach einem Nachfolger für Thomas Tuchel, berichten der Münchner Merkur und die TZ.

Wie der Kurier berichtet, sei der 65-Jährige "DER Wunschkandidat", demnächst werde mit dem ÖFB über eine Ablöse für Rangnick verhandelt. Der Merkur titelt: "Professor in der Pole-Position". Wenn Rangnick nur wolle, werde er Tuchels Nachfolger. Rangnick müsse nur Ja sagen, dann werde er nach der EM im Sommer neuer Trainer beim deutschen Fußballrekordmeister. Der Deal soll noch in dieser Woche fix gemacht werden, heißt es weiter.

Rangnick besitzt beim ÖFB allerdings einen Vertrag bis zum Ende der WM-Qualifikation Ende 2025, der sich bei einer Teilnahme an der Endrunde in Nordamerika automatisch bis Sommer 2026 verlängern würde. Im Kontrakt gibt es keine Ausstiegsklausel, daher wäre eine Ablösesumme fällig, sollten sich die Bayern tatsächlich auf den 65-Jährgen festlegen und auch Rangnick selbst einem Engagement in München zustimmen.

Neben Rangnick soll auch Roberto De Zerbi von Premier-League-Klub Brighton & Hove Albion ein Anwärter sein. Allerdings soll der Italiener "aktuell aus dem Rennen" sein, wie die Bild schreibt. Das Management von Rangnick gab auf Nachfrage "keinen Kommentar" ab.

DER STANDARD hat beim ÖFB nachgefragt. Laut Sportdirektor Peter Schöttel gebe es noch keine Gespräche mit den Bayern: "Ralf Rangnick besitzt ein aufrechtes Vertragsverhältnis. Dem ÖFB liegen keine Anfragen vor. Der volle Fokus ist auf die Euro 2024 gerichtet."

Der Münchner Sportvorstand Max Eberl hatte am vergangenen Wochenende berichtet, der Verein befinde sich bei der Suche auf der "Zielgeraden". Zuvor hatten die Verantwortlichen immer wieder betont, sie würden den neuen Mann gern noch im April vorstellen.

Treffen mit Eberl und Freund

Rangnick selbst hatte sich noch Anfang des Monats ablehnend geäußert. Auf die Frage, ob er mit den Verantwortlichen des FC Bayern bereits gesprochen habe, sagte der langjährige Bundesligacoach bei einem Medientermin nach dem Workshop der EM-Trainer in Düsseldorf: "Nein. Warum sollte ich? Ich fühle mich hier wohl. Ich habe noch einen Vertrag bis 2026. Unser Ziel und Weg geht auch nach der Euro weiter." Angeblich gab es aber schon vor einigen Wochen ein Treffen zwischen ihm, Eberl und dem Münchner Sportdirektor Christoph Freund. Die Gespräche seien positiv verlaufen, zudem gelte der einflussreiche Aufsichtsrat Karl-Heinz Rummenigge als Befürworter Rangnicks, hieß es in der TZ.

Freund könnte wohl auch ein Grund für einen Wechsel Rangnicks nach München sein. Beide pflegen aus gemeinsamen und erfolgreichen Zeiten in Salzburg ein sehr gutes Verhältnis. Sie haben von 2012 bis 2015 bei Red Bull Salzburg gemeinsam gewirkt. Rangnick war damals Sportdirektor und Freund Sportkoordinator bei den Bullen.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung soll es in den vergangenen Tagen "einen weiteren Kontakt zwischen Bayern und Rangnick gegeben haben". Dabei, so heißt es, habe sich die Idee einer möglichen Zusammenarbeit durchaus verfestigt. Laut dem Sender Sky sei Rangnick nicht abgeneigt.

In Leipzig hatte Rangnick bereits mit dem aktuellen Bayern-Co-Trainer Zsolt Löw zusammengearbeitet – ebenso wie mit dem derzeitigen Rapid-Coach Robert Klauß, der zu den Spekulationen sagte: "Wenn es so sein sollte, freue ich mich für Ralf und Bayern. Ich glaube aber, dass er sich aktuell hier sehr wohl fühlt und beim ÖFB gut aufgehoben ist."

Viel Erfahrung mit deutschen Klubs

Für Rangnick als Bayerntrainer spricht auch, dass er über viel Erfahrung als Coach in der deutschen Bundesliga verfügt. So hat er den VfB Stuttgart, Schalke 04, TSG Hoffenheim und RB Leipzig trainiert, ehe er von 2021 bis 2022 bei Manchester United interimistisch einsprang.

Nach Informationen der TZ sollen sich die Bayern intensiv mit ihm beschäftigt haben. Dabei soll ihnen jedoch negativ aufgefallen sein, dass Rangnick in der Vergangenheit als Trainer stets sehr großen Einfluss auf Kaderbildung und Transfers ausüben wollte und diesbezüglich als Kontrollfreak gegolten haben soll. Allerdings soll es Indizien geben, dass er sich diesbezüglich geändert habe. Als Beispiel wird angeführt, dass er nicht mehr jedes Training höchstpersönlich leiten müsse.

Die erfolgsverwöhnten Bayern hatten in dieser Spielzeit erstmals seit 2012 den Meistertitel verpasst, im DFB-Pokal scheiterte man bereits in der zweiten Runde an Drittligist Saarbrücken. Im Champions-League-Semifinale geht es gegen Real Madrid, doch selbst im Falle eines Titelgewinns in der Königsklasse ist der Abgang von Tuchel im Sommer fix, wie der aktuelle Bayern-Trainer erst am Wochenende wieder bestätigte.

In den vergangenen Wochen wurden unter anderem Alonso, Nagelsmann und Unai Emery als mögliche Tuchel-Nachfolger kolportiert. Der Meistertrainer bleibt jedoch in Leverkusen, Nagelsmann verlängerte als Bundestrainer Deutschlands, und Emery verlängerte am Dienstag seinen Kontrakt bei Aston Villa bis 2027. (sid, APA, honz, 23.4.2024)